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Die Ringe der Macht

Die Ringe der Macht

Titel: Die Ringe der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst von Allwörden , Helmut W. Pesch
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Gesimsen. Die Vorhalle des Portals war mit einem tief abgetrepptem Gewände versehen, um das Tor vor einem nie fallenden Regen zu schützen. Das Portal selbst hob sich als heller Fleck deutlich vom dunklen Material der Umgebung ab. Aus dem hellen Gestein war die Fratze eines Drachen herausgemeißelt und durch die kristalline Struktur des Untergrunds zum Leben erweckt worden.
    »Das ist ja alles aus dem Fels gehauen«, ließ sich Burin voller Bewunderung vernehmen.
    »Woran siehst du das?«, fragte Fabian.
    »Das sieht man doch«, mischte sich Gregorin ein und verfiel wie alle anderen in die vertraute Anrede. »Schau dir die Mauer an, und du wirst keine Ritze und keinen Mörtel finden. Die Säulen, das Portal, jedes Zimmer, ja, ich glaube, selbst die Halle ist in jahrzehntelanger Arbeit aus dem Stein gemeißelt worden.«
    »Was für eine Arbeit!«, sagte Marina, ohne freilich ein Echo bei den Zwergen zu finden, die von dem Anblick völlig gebannt waren. Es schien, als wüssten sie jeden Hammerschlag zu würdigen. »Wollt ihr euch das nicht näher ansehen?«
    »Leider haben wir keine Zeit«, meinte Burin, ohne den Blick von dem Wunderwerk zu lassen.
    »Und es wäre auch nicht möglich«, fügte Gregorin hinzu. »Denn nach meinem Plan führt kein Weg dorthin.«
    Kim schwindelte plötzlich. Welch eine Mühe hatte man aufgewandt, wie viele Jahre unendlich harter Arbeit für etwas, das kaum ein Auge gesehen hatte und das keinem erkennbaren Zweck diente außer dem, einfach da zu sein? Hinter dem Volk der Zwerge und seiner Kunst steckte mehr, als man sich außerhalb des Berges träumen ließ, wo man sie nur als Schöpfer von Waffen und Werkzeugen kannte: eine unendliche, geduldige Liebe zu den materiellen Dingen der Welt und das Verlangen, diesen die endgültige Gestalt zu geben, die ihnen innewohnte.
    »Verschwendung. Warum Palast meißeln, wenn keiner hier lebt?«, kommentierte Gwrgi die Sache auf seine Art und Weise.
    Burin und Gregorin sahen sich kurz an, aber keiner von ihnen sagte ein Wort. Kim hatte den Eindruck, dass sie sogar ein wenig schuldbewusst dreinblickten. Und wenn er an das dumpfe Geräusch der Trommeln dachte, das sie in dem Felsendom gehört hatten, war die Zwergenfeste möglicherweise keineswegs so leer, wie es in diesem Teil der Stadt den Anschein hatte. Gab es hier noch andere Wege, die nicht in den Plänen der Zwerge verzeichnet waren? Und wer lebte dort? Waren es Zwerge, oder lauerten in der Dunkelheit andere Wesen?
    Kim schauderte es bei dem Gedanken, und er verdrängte ihn, so schnell er konnte. Dennoch blieb die Frage, welche Geheimnisse Zarakthrôr bergen mochte, dass die Zwerge nicht willens waren, darüber zu reden.
    Sie marschierten in ein gewaltiges Zwergenmaul hinein, wobei der Bart als Inkrustation in vielfarbigem Marmor in den Fels eingelegt war, und kamen am anderen Ende des Durchgangs in einem Drachenmaul wieder heraus.
    Kaum eine fingernagelgroße Stelle schien den Hämmern der Zwerge entgangen zu sein.
    Der runde Eingang erinnerte Kim an die Kapelle, die sie auf dem Weg zum Steig gesehen hatten; und in der Tat, es schien sich auch hier um eine Art Heiligtum zu handeln. Sie passierten ein Mosaik, das aus lauter Edelsteinen bestand. Rubine, Saphire und andere Juwelen waren zu einer Szene zusammengestellt, die Kim seltsam anrührte. Sie zeigte den Altmeister und die Weisfrau der Zwerge, das göttliche Paar, thronend in der Untererde. Jedes Detail war herausgearbeitet, und durch das seltsame, kalte Licht, das aus den Felsen drang, wurde die Wirkung des Bildes noch verstärkt. Als Kim daran vorbeiging, schien sich das Bild zu verändern, und plötzlich sah er nicht mehr die beiden Großen Alten, voller Weisheit und Würde, sondern den Allvater und die Urmutter, das Heilige Paar der Mittelreiche, in einer üppigen Landschaft, schwer von Früchten. Und während er noch staunte, wandelte sich im Zurückblicken erneut die Szene, und er erkannte den Herrn des Morgens und seine jungfräuliche Braut, in jugendlicher Schönheit, umgeben von blühenden Bäumen. Kim hatte nicht geahnt, dass solche Dinge möglich waren.
    Burin war staunend vor dem Bild stehen geblieben, während Gregorin nur einen verstohlenen Seitenblick daraufwarf. Kim glaubte fast ein wenig Zorn in diesem Blick zu erkennen. Er wusste nicht, wieso es ihm gerade jetzt in den Sinn kam, aber er musste wieder an die seltsamen Bemerkungen Burins denken, der Gregorin als Träger der Schande des Zwergengeschlechts bezeichnet hatte – was

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