Die Ringe der Macht
Überraschung am Durchbruch des Haags. Die Pioniere warfen mit Lanzen gespickte Zäune in die Schneisen. Kim sah die Pikenträger wie gebannt ihre Spieße umklammern und die ersten Feinde erwarten.
»Jetzt kommt’s drauf an.« Fabians Stimme war kalt wie Eis. Er hatte sein Schwert gezogen und war bereit, einzugreifen. Auch Kim hatte Knipper in der Hand, und er sprach ein letztes Gebet zum großen Vater und zur heiligen Mutter, sie zu behüten.
Unterdessen sirrten die Pfeile weiter, und viele fanden ihr Ziel in den dicht gedrängten Reihen der Bolgs, die völlig überrascht waren.
Den Dunkelelben musste es ähnlich ergehen, denn auf der anderen Flussseite wurden hektische Kommandos gebrüllt, und zum zweiten Mal an diesem Morgen kam der Lindwurm des feindlichen Heeres ins Stocken.
Die Ritter, die unter dem Geschosshagel vorstürmten, hatten die Schneise erreicht. Kim musste mit ansehen, wie die Schlachtrösser in vollem Galopp in Fabians Fallen rasten und die Tiere von den armdicken, gespitzten Ästen aufgespießt wurden. Die Reiter stürzten über die Köpfe ihrer Pferde, und wenn sie sich dabei nicht das Genick brachen, waren die Männer mit den Spießen zur Stelle und rammten ihre Waffen in die Leiber der Ritter.
Kim erschrak bei den hässlichen Geräuschen, die der Tod machte, wenn ein Spieß durch Rüstung, Fleisch und Knochen drang. Er sah einen Dunkelelben, dem ein Schwall Blut aus dem Mund schoss und so den Todesschrei erstickte.
Die Gesichter der Männer der Ffolkswehr waren von Schrecken erfüllt, aber sie verrichteten ihre blutige Arbeit unerbittlich und ohne Zaudern.
Etwa ein Dutzend der Ritter hatte die Pferde rechtzeitig zum Stehen bringen können, sah sich aber nun dem Feuer der Armbrüste und einiger Kurzbogen ausgesetzt. Ihnen war die Möglichkeit verwehrt, zurückzureiten. Das Wasser würde ihre Geschwindigkeit so sehr drosseln, dass ihre Rücken mit Pfeilen gespickt worden wären, noch bevor sie den Elder erreicht hätten. So blieb ihnen nur ein Letztes: der Sturm auf die Schneise gegen den unsichtbaren Gegner im Dickicht.
Die Ritter saßen ab und stürmten halb gebückt zu Fuß auf die Schneise zu, ihre Schwerter gezogen. Kim konnte von seinem Posten aus sehen, wie leichtfüßig die Dunkelelben trotz ihrer schweren Rüstungen waren. Sie mussten erst am Boden liegen, damit das Gewicht ihrer Panzer sie kampfunfähig machte.
»Vorwärts!«, brüllte Fabian, und die Männer mit den Spießen warfen sich den Rittern entgegen. Kim erinnerte sich an Fabians Worte: »Piken sind das Einzige, was gegen Reiterei hilft.« Aber es war keine Kavallerie, der die Pikeniere nun entgegenstanden, es waren ausgebildete, erfahrene Krieger zu Fuß. Die ersten Verteidiger fielen unter den Hieben der Schattenritter, welche die Spieße mit ihren Klingen zur Seite schlugen und dann ihre Dolche in die Leiber der Ffolksmänner rammten. Unter ihnen war auch Mart Kreuchauff, aber Kim hatte keine Zeit, sich darüber Gedanken zu machen. Es ging alles viel zu schnell.
Fabian hob sein Schwert und gab damit das Signal für die Reserve, einzugreifen. Eine Hundertschaft löste sich aus der Deckung. Fabian selbst war auch nicht mehr zu halten. Nun, da die Taktik versagte, musste er als Anführer selbst ein Beispiel geben. Die Ritter durften nicht durchbrechen; selbst wenn es nur ein Dutzend war. Die Kräfte der Ffolkswehr mussten so lange wie möglich konzentriert an der Schneise verbleiben.
Viele Hasen sind des Hundes Tod, hieß es scherzhaft im Ffolksmund, und jetzt konnte Kim erleben, dass jedes Sprichwort seinen wahren Kern hatte.
Auf jeden Ritter kamen mehr als zehn Ffolkswehrsoldaten, die mit ihren Piken auf die Dunkelelben eindrangen. Ihre Spieße waren wie Nadelstiche. Sie wurden blitzschnell nach vorn gestoßen, und schon zogen sie die Ffolksmänner wieder zurück.
Kim konnte es nicht mehr länger aushalten. Er warf noch einen letzten Blick über den Fluss und sah, dass das Chaos drüben perfekt und der Vormarsch des Heeres fürs Erste zum Stillstand gekommen war. Dann suchte er nach Fabian.
Der Prinz kämpfte in der ersten Reihe, schien überall und nirgends zugleich zu sein. Die Wucht seines eigenen Angriffs trug ihn durch die Reihen der Feinde, dass er ins Freie taumelte.
›Ich habe doch gesagt, wir sehen uns wieder‹, sprach eine gefühllose, kalte Stimme, leise, aber doch deutlich genug, dass sie über den Lärm der Schlacht hinweg zu hören war. ›Jetzt zeig ob du kämpfen kannst!‹
Vor Fabian auf dem
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