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Die Ringe der Macht

Die Ringe der Macht

Titel: Die Ringe der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst von Allwörden , Helmut W. Pesch
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warf ihm einen forschenden Blick zu, sagte aber nur: »Hier geht’s lang.«
    Sie bahnten sich ihren Weg durch ein Gewirr von Schilf und Weidengestrüpp, das mit nassen, biegsamen Ruten nach ihnen peitschte. Jeder Schritt erzeugte ein leichtes Quatschen auf dem von schwellendem Moos bedeckten Boden.
    Plötzlich stolperte Kim in einen halb gefüllten Graben, und er wäre gestürzt, wenn ihn nicht Fabian mit einem raschen Griff aufgefangen hätte. Jetzt wusste er, wo sie sich befanden: in jenem Rückstaugebiet südlich des Ander, das Bürgermeister Holsten Broich nach jener verheerenden Flut vor einem Dutzend Jahren, bei der Kims Eltern und viele andere umgekommen waren, hatte anlegen lassen. Dieses Auenland auf der südlichen Flussseite konnte während der Frühjahrshochwasser jedes Jahr geflutet werden, damit andere Landstriche am Fluss trocken blieben. Ein Gewirr von Kanälen durchzog dann eine Wasser- und Waldlandschaft, die ihren ganz eigenen Reiz hatte und derentwegen die Bürger von Aldswick im ganzen Land beneidet wurden.
    Marina schien nicht nach dem Weg suchen zu müssen; sie kannte sich hier offensichtlich aus. Die anderen folgten ihr, völlig ihrer kundigen Führung vertrauend.
    Der Marsch verlief schweigend, was besonders Kim aufs Gemüt drückte. Auf ihm lastete noch immer die Furcht, die ihn im Bootshaus überkommen hatte. Ein Abenteuer, schoss es ihm durch den Kopf, war etwas Unbehagliches. Kein fröhlich singendes Hinausziehen ins Unbekannte wie in seinen Träumen, sondern ein heimliches, die Entdeckung fürchtendes Schleichen. Gefahr und Tod waren des Abenteurers Begleiter. Oh, was würde Kim jetzt darum geben, am Kamin zu sitzen, einen Humpen Schwarzbier zur Rechten, in der Linken ein wohlgestopftes Pfeifchen und auf den Knien ein gutes Buch, das von den Heldentaten großer Krieger berichtete. Ob die auch so etwas wie Angst gekannt hatten?
    Kims Aufmerksamkeit wurde wieder auf seine Umgebung gelenkt, denn der Boden stieg hier ein Stück an, zu einer Art natürlichen Terrasse, welche den Übergang von der Flussniederung zu den dahinter liegenden fruchtbaren Ackerböden bildete. Die Pappeln und Weiden wurden spärlicher und machten den offenen, meist bereits abgeernteten Feldern und Gärten der Bauern Platz, die nur von Bewässerungsgräben und Hecken gesäumt wurden. Diese würden für die nächste Zeit die einzige Deckung bilden, die den Gefährten auf ihrer Wanderung bleiben sollte.
    Burin, der Zwerg, umklammerte seine Axt. Auch Fabian und Gilfalas wurden von einer gewissen Unruhe erfasst, wohingegen Marina nichts anzumerken war. Sie ging weiter voran.
    Auf ihrem Weg über die Felder machten sie einen weiten Bogen um die Gehöfte, wollten sie doch keine Aufmerksamkeit erregen, welche die Bolgs und deren Herren nützen konnten, um ihre Spur aufzunehmen. Gleichzeitig hofften sie damit das Leben der Bauern und ihrer Familien zu schützen; denn je weniger diese von allem ahnten, umso besser.
    Kim begann sich inzwischen auch Sorgen um Magister Adrion zu machen. Was, wenn die Eindringlinge Gilfalas’ Fährte bis zum Museum und dem Haus des Kustos gefolgt waren? Wenn schon ein so mutiger und edler Krieger, wie Gilfalas es war, vor den Geschöpfen der Dunkelheit die Flucht ergriffen hatte, was hatte einer aus dem Ffolk diesen Wesen dann entgegenzusetzen, zumal er nur ein Gelehrter und kein geübter Kämpfer war?
    Während das fahle Licht der falschen Dämmerung, die dem eigentlichen Morgen vorausgeht, einen ungewissen Schimmer über den Osthimmel warf, kamen die Gefährten ziemlich dicht an einem Gehöft vorbei, das Marina »Wilkens Hoff« nannte, und ein Hund schlug an. So schnell es ihnen möglich war, ließen sie den Hof hinter sich. In der Ferne verklangen die Flüche, mit denen der vor der Zeit geweckte Bauer seinen Hofhund bedachte. Hoffentlich, dachte Kim, hatte der Lärm keine anderen Lauscher aufmerken lassen.
    Es könnte Bauer Wilken in eine größere Gefahr bringen, als er ahnte.
    Und plötzlich wurde Kim siedend heiß klar, was er bislang nicht zu Ende zu denken gewagt hatte: Wenn die Dunkelelben verzweifelt genug waren, den entflohenen Elben mit aller Macht zu suchen, dann würden Höfe, Dörfer und vielleicht ganze Städte wie Aldswick und Winder brennen, ganz gleich, ob die Leute etwas wussten oder nicht.
    Wind kam von Westen auf und trieb die Wolken vor sich her, ohne sie jedoch vollends aufzureißen. Auch war die Helligkeit trügerisch. Der Blick reichte längst nicht so weit, wie es dem

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