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Die Ringe der Macht

Die Ringe der Macht

Titel: Die Ringe der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst von Allwörden , Helmut W. Pesch
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Regen setzte den Gesprächen alsbald ein Ende. Sie marschierten weiter über die Felder. Marina achtete stets darauf, in Deckung zu bleiben; also nahmen sie nicht immer den kürzesten, sondern jeweils den sichersten Weg, den sie kannte.
    »Ich freue mich auf den Morgen«, ließ Fabian sich vernehmen. »Ein warmes und vor allem trockenes Plätzchen in einer Hütte wird uns guttun.«
    »Ich fürchte«, begann Marina, und das Bedauern in ihrer Stimme ließ nicht nur Kim das Schlimmste ahnen, »wir werden bestenfalls unter den Zweigen eines dichten, kleinen Tannenwaldes rasten können, sofern wir uns beeilen. Wenn wir nicht schnell genug sind, werden wir Schutz in einer Hecke suchen müssen.«
    »Ein dorniger Platz, das lehrt den hohen Herrn Demut«, knurrte der Zwerg, dessen Humor durch keine noch so schlechte Nachricht zu bändigen war.
    »Dornen würde ich noch hinnehmen, aber da wird es wohl nass sein …« Fabians Stimme war voller Missmut.
    »Das ist einer der Nachteile, wenn man ohne großen Hofstaat, der dem Wanderer ein Zelt in der Wildnis errichtet, zu einer Landpartie aufbricht. Immerhin müssen wir nicht unter deinen Kochkünsten leiden, solange uns Marina führt. Und wenn wir erst im Imperium sind, dürfte dein Einfluss hinreichend genug sein, uns einen größeren Reisekomfort bis zum Palast deines Vaters zu sichern.«
    »Bubu, ich liebe dich«, meinte Fabian. »Du führst mich immer wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. Aber ich glaube nicht, dass wir Aureolis überhaupt zu Gesicht bekommen werden. Ich werde von Caras Andreae, der ersten Garnisonsstadt, Boten aussenden und in den Nordprovinzen selbst die nötigen Schritte einleiten, um den Dunkelelben entgegenzutreten …«
    »Athai!« , zischte Gilfalas. »Still!«
    Die anderen erstarrten. Burin drängte Kim und Marina mit einer Geste seiner mächtigen Arme hinter sich, wie um sie zu schützen. Die Gefährten duckten sich in den Schatten der Sträucher. Fabian hatte sein Schwert schon halb aus der Scheide gezogen, doch Gilfalas’ erhobene Hand ließ ihn innehalten.
    »Horcht!«
    Kim spitzte die Ohren. Jetzt hörte er es auch. Es war ein Heulen, das der Wind herbeitrug, sehr leise nur und aus weiter Ferne, dass man schon ein überscharfes Gehör haben musste, um es überhaupt wahrzunehmen. Doch in dem Heulen lag eine animalische Wut – und eine abgrundtiefe Verzweiflung.
    Das Heulen schwoll an und wieder ab, trieb im Wind wie der Schrei verlorener Seelen. Und es kam näher.
    Kim spürte, wie sich die Härchen in seinem Nacken und auf seinen Armen aufrichteten. Er warf einen Blick zu Marina hinüber und sah, dass auch sie zitterte. Welche Geschöpfe mochten einen derart unirdischen Laut ausstoßen wie Verdammte aus den dunkelsten Abgründen jenseits des Weltenrandes? Er versuchte, sich ein Bild von ihnen zu machen, aber seine Vorstellungskraft reichte dazu nicht aus. Bilder stiegen in ihm auf, Phantome der Furcht und des Schreckens, und eine eisige Hand legte sich um sein Herz …
    Das Heulen verstummte. Niemand regte sich. Ringsum herrschte Stille.
    Dann, eine Zeitlang später, kam es wieder, doch leiser nun und aus einer anderen Richtung, ehe es allmählich verebbte.
    »Was war das?« Es war Fabian, der die Frage stellte.
    In Gilfalas’ bleichem Gesicht zuckte es.
    »Die Schattenhunde«, sagte er. »Ich glaube, sie haben unsere Spur verloren.«
    »Bei den tiefsten Enden der Untererde«, fluchte der Zwerg, den diesmal seine übliche Leichtfertigkeit im Stich ließ. »Was sind das für Wesen?«
    »Reden wir nicht von ihnen. Allein an sie zu denken ruft sie herbei. Wollen wir beten, dass wir ihnen nie begegnen.«
    In gedrückter Stimmung, jeder mit seinen eigenen beklemmenden Ängsten beschäftigt, marschierten sie weiter durch den Regen. Sie mussten über Gräben und Bäche springen, sich durch dornige Hecken schlagen und über unebene, glitschige Wege schlittern. Die Nacht war so finster wie die vorhergehende, aber die Morgendämmerung gab ihnen nicht die gleiche Aufmunterung wie am Tag zuvor; denn wie Kim befürchtet hatte, als er die Wolken sah, hatte es sich eingeregnet, und das schlechte Wetter würde noch tagelang anhalten.
    Es war windstill; trotzdem war die Luft schneidend kalt. So kalt wie schon lange nicht mehr.
    »Dort vorn ist es«, ließ Marina sich vernehmen, und aus dem Zwielicht der regenverhangenen Dämmerung tauchte wie ein Ungetüm der Tannenwald vor ihnen auf. »Freders Parsch heißt dieser Wald, nach dem Gutsherrn, der ihn einst

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