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Die Ringe der Macht

Die Ringe der Macht

Titel: Die Ringe der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst von Allwörden , Helmut W. Pesch
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sich selbst gewandt.
    »Der wird abgestürzt sein«, meinte Burin lakonisch. »Viel werden wir nicht für ihn tun können. Die Nacht war eisig …«
    »Wo kommt der da her?«, fragte Gwrgi, und Kim wunderte sich, dass der Sumpfling auf einmal in der Lage zu sein schien, einen grammatikalisch korrekten Satz zu bilden – oder zumindest nachzuplappern.
    »Woher soll ich das wissen?«, entgegnete der Zwerg ungehalten. »Lasst uns gehen. Uns erwartet eine dringende Aufgabe.«
    »So herzlos kannst du nicht sein!«, entfuhr es Marina.
    »Was denn?«, fragte Burin erstaunt. »Der Kerl da oben ist vermutlich tot, und außerdem liegt er unter einer Schneewächte, die durch die Temperaturschwankungen der letzten Tage sicher so brüchig geworden ist, dass sie beim nächsten Sonnenstrahl mit dem halben Geröllfeld zu Tal rauscht. Sei vernünftig; wir können uns das nicht leisten. Erstens haben wir keine Zeit, und zweitens ist das Risiko zu groß. Mal abgesehen davon, dass wir auf nacktem Fels kein Grab schaufeln können.«
    »Er lag gestern Abend noch nicht da, sonst hätte Gilfalas ihn gesehen«, konterte Marina.
    »Ich bin da nicht sicher …«, warf der Elbe ein.
    »Ach was, wir müssen nach ihm sehen. Ein schöner Freund seid Ihr, Herr Zwerg!« Marina wurde energisch. »Ich kann nur hoffen, dass Kim oder ein anderer Euch in der Not nicht braucht, wenn Ihr immer nur Ausreden sucht, um nicht helfen zu müssen.«
    »Wir sollten helfen«, meinte Fabian.
    »Von mir aus«, brummte der Zwerg und bedachte Marina mit einem langen Blick, den Kim nicht zu deuten vermochte. Sicher, der Zwerg war zornig, aber dem jungen Ffolksmann schien, dass noch etwas anderes in diesem Blick mitschwang.
    War es Bewunderung? Immerhin traute sich kaum einer, mit dem Zwerg auf diese Art und Weise zu sprechen, und Kim erinnerte sich an einen frechen Höfling in einer Schenke in Magna Aureolis, dem Burin kommentarlos die Faust in den Wanst gerammt hatte, nur weil der Zwerg ›Kleiner‹ genannt worden war und der Höfling dreckig dabei gelacht hatte. Zur Strafe hatte der Geck sein Abendessen im Hof den Hunden geopfert.
    »Aber wie kommen wir da hin?«, sagte Burin mehr zu sich selbst als zu den anderen. »Die Moräne könnte ins Rutschen kommen, und wer weiß, ob das Schneefeld nicht genauso nachgiebig ist … Auf keinen Fall von oben; denn dann würde man holterdipolter mit der Wächte ins Tal rauschen.«
    »Nun, da wir wissen, wie es nicht geht, wäre es nett, wenn du uns sagst, wie es zu schaffen ist«, forderte Marina.
    »Ich denke nach«, sagte Burin nur. Er ging eine Weile auf und ab, sah immer wieder zu der Gestalt hoch, begutachtete ihre Ausrüstung, blickte zum Himmel auf, um den Stand der Sonne zu prüfen. Alle warteten gespannt.
    »Wir werden es so machen«, sagte er schließlich und fuhr fort, bevor Marina ihn unterbrechen konnte: »Ich werde mir ein Seil um den Bauch binden und die Schneeschuhe mitnehmen. Dann gehe ich über das Geröllfeld, weiter über den Firn und versuche, den Verunglückten zu bergen. Ihr haltet das Seil, und falls mir was zustößt, zieht ihr mich zurück. Wenn er noch lebt, müsst ihr aufsteigen. Ich komme dann über das Fernerfeld zurück.«
    »Ein guter Plan«, lobte Marina. »Du kannst hilfsbereit sein, wenn man dich dazu auffordert. Ich glaube«, fügte sie hinzu, zu den anderen gewandt, »er ist doch ein guter Kerl.« Dann lächelte sie den Zwerg an, der einen Moment völlig sprachlos war.
    »Eine bemerkenswerte kleine Frau«, sagte er nur.
    »Ich hole Schuhe und langes Seil«, sagte Gwrgi.
    »Aber beeil dich! Je höher die Sonne steht, desto größer die Gefahr, dass die Lawine abgeht.«
    Als Gwrgi zurückgekehrt war, machten sie sich an den schwierigen Aufstieg. Dort, wo der Felsboden unter dem Geröll hervortrat, war das Gestein durch den ständigen Wechsel von Sonne und Frost bröselig und weich wie Blei, doch mit scharfen Kanten und gesprenkelt mit Glimmer, der in die Augen stach. Und zwischen den Felsen suchten sich die Wasser des Gletschers, die hier aufgrund der Steillage keinen See bilden konnten, in gluckernden Rinnsalen ihren Weg.
    Die Sonne stieg langsam über den Bergen empor und gewann trotz des Wolkenschleiers an Strahlkraft und Wärme. Kim standen Schweißperlen auf der Stirn. Er blickte zu den Schneemassen empor, die über ihnen aufragten. Die kleine, reglose Gestalt, die sie auf dem Schneefeld ausgemacht hatten, war aus diesem Blickwinkel nicht zu erkennen, aber die Wächte darüber türmte sich

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