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Die Ringe der Macht

Die Ringe der Macht

Titel: Die Ringe der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst von Allwörden , Helmut W. Pesch
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Passhöhe gedrückt worden. Das schwache Licht der Sterne schien auf die ungleichen Freunde hinab, welche die klare frische Luft mit dem Aroma des Krauts würzten.
    »Nun frag schon«, sagte Burin unvermittelt. »Aber hoffe nicht, dass ich dir jede Frage beantworten werde, und erwarte auch nicht, dass dir jede Antwort gefallen wird. Und glaub ja nicht, dass ich erschöpfend Auskunft gebe, denn dann säßen wir noch zur nächsten Herbstsonnenwende hier.«
    Kim sah den Freund erstaunt an und war nicht in der Lage, etwas zu sagen. Den ganzen Weg vom Speisesaal bis vor die Tür hatte Kim sich wohlgesetzte Worte überlegt, wie er seinem Freund klarmachen konnte, dass er ihn mit Fragen löchern wollte. Jetzt fehlten ihm die Worte.
    »Meinst du, ich hätte nicht gesehen, dass dir die Neugier zu schaffen macht; sie würde dich auffressen wie ein Geschwür, und so will ich keinen Freund verlieren.«
    »Was ist mit diesem Ort, Zarakthrôr?«, brach es aus Kim heraus. »Ich glaube, du weißt mehr darüber, als du sagst.«
    »Ich bin nie dort gewesen, wenn du das meinst, obwohl ich manches darüber gelesen habe. Für viele von uns ist die Gewölbte Halle nur eine Legende; aber ich habe nie daran gezweifelt, dass es Zarakthrôr tatsächlich gibt«, begann Burin; dann nahmen seine Augen einen seltsamen Glanz an, und mit seiner tiefen, sonoren Stimme zitierte er:
    »… durch Hallen, die kein Mensch ermisst,
Auf Wegen, die kein Zwerg vergisst,
Mit Blumen, die kein Elbe schuf:
Dort hallt und schallt des Meisters Ruf.
›Lass ab, Fregorin‹, rief er, ›Zwerg,
Nur Meisters Hand schafft Meisters Werk.‹ …«
    »Was soll das heißen: ›Blumen, die kein Elbe schuf‹?«, fragte Kim, als Burin nicht mehr weitersprach.
    »So ein Satz hat viele Auslegungen. Die Zwergensprache ist nicht so einfach zu verstehen, wie viele glauben – erst recht, wenn sich Poeten und nicht Berichterstatter ihrer bedienen«, sagte Burin.
    »Und wie geht die Ballade weiter?«
    »Es ist eine lange Geschichte, und auch die Zwerge meines Hauses kennen nur Teile davon. Es scheint, dass sich Fregorin irgendeines Frevels schuldig machte und sich darum nicht mehr traute, dem Meister der Zwerge unter die Augen zu treten. Ich kann darüber nichts sagen«, meinte er, aber er wandte den Blick ab, und Kim war sich nicht sicher, wie er diesen Satz zu deuten hatte:
    Wusste sein Freund es wirklich nicht, oder wollte – oder durfte – er nur nicht darüber reden? »Aber ich kann dir sagen, wie das Gedicht endet:
    Wo sich erhebt der Brüder Thron,
Da wartet Herr Fregorin schon
Seit langer Zeit in Schatten tief,
der Meister, den der Meister rief.
    Bisher dachte ich, dass niemand mehr weiß, wo Zarakthrôr eigentlich liegt. Aber offenbar habe ich mich geirrt.«
    »Vielleicht wüsste Herr Gregorin etwas damit anzufangen«, sagte Kim und sah seinem Freund fest in die Augen. »Warum hast du ihm nicht diesen Teil der Geschichte erzählt? Wer ist dieser Gregorin?«
    »Wer er ist oder was er ist, das kann nur er selber dir sagen. Aber wenn das wahr ist, was ich vermute, dann kommt er vom Ende der Zeit, und er trägt den Stolz und die Schande des Zwergengeschlechts.« Burin erwiderte Kims Blick, und der Ffolksmann erkannte, dass das alles war, was der Zwerg ihm mitzuteilen bereit war. Es war zwar nicht viel, aber immerhin doch ein Anfang.
    »Es ist kalt hier draußen«, meinte Burin unvermittelt. »Lass uns wieder hineingehen.«
    Sie hockten nur noch kurz beieinander und zogen sich dann auf die Betten zurück.
    Kim plagten wieder die Träume, sodass er unruhiger schlief als in der Nacht zuvor.
    »Wann gibt es denn endlich Frühstück?«, waren die Worte, die Kim weckten. Und irgendwie war Kim verärgert, dass das inzwischen gewohnte morgendliche Ritual so gestört wurde. Gregorin hatte sich als erster erhoben und stand bereits angekleidet mitten im Schlafsaal, eine Fackel in der Hand.
    »Nur keine Aufregung, mein Herr«, sagte Marina, als sie den Schlafsaal betrat. »Frühstück ist fertig. Ein bisschen Hartwurst, Hirsebrei und Tee werden reichen müssen. Brot ist alle.«
    »Mir recht«, knurrte Gregorin. »Aber diese Langschläfer wollen wohl ewig liegen bleiben. Wenn ich euch alle führen soll, müsst ihr euch daran gewöhnen, zeitig aufzustehen.«
    Alle erhoben sich. Die allgemeine Stimmung war gedämpft. Schon zweimal war ihr Versuch, über die Grenze ins Imperium vorzudringen, gescheitert; nun folgten sie einem unbekannten Führer auf Pfaden, die keiner von ihnen zuvor

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