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Die Ringe der Macht

Die Ringe der Macht

Titel: Die Ringe der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst von Allwörden , Helmut W. Pesch
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Felswand herangetreten, zu einer Art Nische, die auf den ersten Blick natürlich wirkte, aber bei näherem Hinsehen zu regelmäßig war, um von Wind oder Wetter geformt worden zu sein. »Kommt her!«, befahl er.
    Sie traten näher, und plötzlich sahen sie alle, was bislang keiner von ihnen wahrgenommen hatte. War es ein Trick der Natur, die den Fels hier so gefärbt hatte, dass er von unten wie aus einem Guss wirkte, war es magisches Blendwerk oder die alte Kunst der Zwerge, Meister des Steins, die gewachsene Vorsprünge und Felsen mit kundiger Hand so geformt hatten, dass kein Blick von unten verriet, was sich dem Auge hier bot?
    Es war eine Treppe.
    Sie führte die Stufe hinauf, mal mit breiteren, mal mit schmaleren Stufen, von Absätzen unterbrochen, doch immer stetig aufwärts, die ganze, dreihundert Ffuß hohe Felswand entlang. Eine festgefügte Stiege, an der jeder Architekt seine Freude gehabt hätte.
    Nur an ein Geländer hatte offensichtlich keiner gedacht.
    »Da sollen wir rauf?« Kim schluckte. Die Antwort konnte er sich selber geben. Dort hinaufzusteigen war die eine Möglichkeit. Die andere waren die Schattenhunde.
    Er setzte seinen Fuß auf die erste Treppenstufe, zog mechanisch das andere Bein nach und begann, einen Schritt nach dem anderen, den langen Aufstieg.
    Auf dem ersten Absatz angekommen, hörte er von unten Lärm.
    Er wandte sich um. Die Welt schien um ihn zu kippen, doch er hielt den Blick fest nach unten auf die Treppe gerichtet. Gregorin war hinter ihm, gefolgt von Gilfalas, Marina und Burin. Fabian stand noch am Fuß der Treppe. Und auf den ersten Treppenstufen entspann sich ein seltsamer, ungleicher Kampf.
    Es war Gwrgi, der schrie.
    Er quäkte nicht mehr; sein Schrei hatte etwas Urtümliches, Elementares, der Angstschrei einer gequälten Kreatur, der man mehr abverlangte, als ihr von ihrem Schöpfer an Fähigkeiten ins Leben mitgegeben worden war. Ein Schrei der Ohnmacht im Angesicht des Unmöglichen.
    »Gwrgi … ich … ich kann da nich’ rauf!«
    Er schlug um sich, mit Armen und Beinen. Fabian versuchte ihn zu packen, doch der Sumpfling entwand sich seinem Griff.
    »Wenn er nicht mitkommt, muss er da bleiben«, knurrte Gregorin.
    »Nein«, sagte Burin. Es war das erste Mal, ging es Kim durch den Sinn, dass er dem Alten widersprach. »Er ist unser Gefährte. Ich hole ihn.«
    Er ging die wenigen Stufen, die ihn von dem Sumpfling trennten, mit festem Schritt wieder hinunter.
    »Komm, Gwrgi«, sagte er. »Du kannst es.«
    Der Sumpfling blickte auf. Verzweiflung lag in seinem Blick. Dann sah er die ihm entgegengestreckte Hand Burins, und langsam, zögerlich, legte er seine eigene Hand in die des Zwergen.
    »Weiter!«, drängte Gregorin.
    Kim wandte sich um. Er hatte Tränen in den Augen und wusste nicht, warum. Langsam, stetig, mit einer Kraft, von der er selbst nicht geglaubt hatte, dass sie in ihm steckte, begann er den langen Anstieg die Treppe  hinauf.
    Wind zerrte an ihm. Nach den ersten hundert Stufen oder so – er hatte längst aufgehört zu zählen – spürte er seine Beine nicht mehr, und die Muskeln in seinen Oberschenkeln begannen zu schmerzen, erst mit leisen Stichen bei jedem Schritt, dann mit einem dumpfen Brennen, das stärker und stärker wurde, bis er hätte schreien können. Auch seine Waden schmerzten, und seine Füße waren taub. Doch jedes Mal wenn er glaubte, die Beine müssten ihm den Dienst versagen, wenn er strauchelte oder schwankte, war da eine feste, helfende Hand in seinem Rücken oder an seiner Seite. Hier auf dem Fels war es gut, jemanden wie Meister Gregorin bei sich zu wissen, und Kim schöpfte wieder neuen Mut, den nächsten Schritt zu tun und den nächsten …
    Er bewegte die Beine immer noch, als er bereits den Rand der Stufe erreicht hatte.
    In den alten Reiseberichten, die er in den Archiven des Ffolksmuseums eingesehen hatte, war stets davon die Rede gewesen, wie wunderbar der Anblick von der Stufe hinab ins Elderland sei, zu den satten Weiden und grünen Auen, den tiefdunklen Wäldern und klaren Wasserläufen; die sich in der Bläue der Ferne verloren. Doch der Dunst war so dicht, dass man kaum etwas erkennen konnte. Und das war auch gut so, denn allein der Gedanke an das, was dort unten lauern konnte, ließ einen schaudern.
    Nur nicht daran denken , sagte eine Stimme in seinem Unterbewusstsein. Das ruft sie herbei.
    Jetzt hatte auch Gwrgi die Stufe erreicht und ließ sich erschöpft ins Gras fallen. Fabians Kopf tauchte als letzter über dem

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