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Die Ringe der Macht

Die Ringe der Macht

Titel: Die Ringe der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst von Allwörden , Helmut W. Pesch
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Geh nun und schlafe, bis die Zeit kommt, in der sich deine Bestimmung erfüllt.«
    Dann war nichts als Dunkelheit und Traum und Schweigen.
    Gilfalas wagte es, die Augen zu öffnen. Durchscheinend wie Glas, umhüllt von einer Aura aus Licht, schwebte eine Gestalt über ihm. Einem jungen Mann war sie gleich, doch uralt in einem, ewig neu aus dem Geiste des Herrn, erfüllt von der Schönheit der Herrin. Weisheit lag auf seiner Stirn und Kraft in seiner Hand. Sein Haar war wie flammendes Gold, und sein Gesicht war weiß wie Schnee. Seine Züge waren die eines Elben, doch reiner, schöner und edler als die des gewöhnlichen Volkes. Und obgleich Gilfalas ihn noch nie von Angesicht zu Angesicht geschaut hatte, wusste er, wer ihm hier in diesem Sendbild gegenüberstand: Arandur Elohim, der Hohe Fürst der Überwelt, Meister der Magie, der Herr der Ringe.
    Den verkrümmten Kreaturen entfuhr ein Schrei wie aus einem Mund, als goldenes Licht um den Hohen Elbenfürsten entstand und sich ausbreitete.
    Wie auf ein geheimes Wort hin brachen die Gestalten alle zum gleichen Zeitpunkt mitten in der Bewegung zusammen und fielen zu Boden. Als sie dort lagen, umflutete das Licht ihre Leiber, hob sie hoch in die Lüfte und trug sie hinfort. Nicht mit Gewalt wurden sie hinweggerissen; nein, sie schwebten sanft davon, wie Sporen im Wind.
    »Ringträger«, sprach die klare Stimme des Elbenfürsten. Gilfalas hob den Kopf und sah in die Augen des Sendbildes, und was er dort sah, ließ ihn erschauern, aber nicht aus Angst, sondern aus einer Ehrfurcht heraus, wie er sie nie zuvor empfunden hatte. »Komm zu mir, nach Selenthoril, der Stadt der kreisenden Sterne. Dort sollst du mit mir zu Rate sitzen, und wir werden über alles reden, was dich bewegt.«
    »Ich weiß nicht, wie ich dorthin gelange«, stammelte Gilfalas.
    »Man wird dich führen. Sammle Kraft und warte, bis deine Begleiter da sind«, sagte der Hohe Fürst.
    Und das Sendbild verblasste wie eine Spiegelung, die in der Luft vergeht, und war verschwunden, erloschen wie eine Kerze.
    Dunkelheit hüllte ihn ein. Erschöpft, überwältigt von dem, was er gesehen hatte, sank Gilfalas auf die Knie und hob die Augen zu den Elbensternen, die in klarer Pracht am Himmel standen, so wie er sie in den Träumen seines Volkes gesehen hatte, und dankte in einem Gebet dem göttlichen Paar für seine Güte.
    Dann wartete er auf die, die ihn nach Selenthoril führen sollten, wo er dem Hohen Fürsten von der Bedrohung der Mittelreiche berichten konnte.
    Nicht lange danach erschienen vier der Elben, deren Feier durch die Kreaturen ein jähes Ende gesetzt worden war. Unter ihnen war auch Arlurin, der Lautenspieler, mit dem Gilfalas zuvor geredet hatte.
    »Der Fürst hat uns angewiesen, Euch zu ihm zu führen.«
    Gilfalas nickte und versuchte in den Augen des anderen einen Vorwurf zu finden, dass er diese Wesen des Schreckens, die nicht aus der Überwelt entstammen konnten, hierhergeführt und Leid und Tod über die Elben gebracht hatte. Aber wenn Arlurin einen Groll gegen ihn hegte, dann ließ er dies nicht erkennen. Auch in den Blicken seiner Begleiter war weder Trauer über den Verlust zu entdecken noch Zorn, noch Schmerz. Es war etwas anderes: eine unbefangene Neugierde, als sei dies nur ein neuer, überraschender Zug in einem Spiel, das sie alle spielten. Der Elbe aus den Mittelreichen wusste nicht, was er davon zu halten hatte.
    »Seid Ihr wieder bei Kräften?«, erkundigte sich Arlurin bei ihm. »Wir können auch noch etwas warten. Zeit spielt keine Rolle.«
    »Ich muss weiter. Die Dunkelelben bedrohen die Mittelreiche, und ich muss mich eilen, dem Ruf des Hohen Fürsten zu folgen. Also, lasst uns gehen!«
    »Wir Ihr wollt«, entgegnete ein anderer, dessen Namen Gilfalas noch nicht kannte.
    Gilfalas stellte sich vor, und so erfuhr er auch die Namen der drei: Liandir, Delaurin und Nandaros.
    »Uns werden alsbald Pferde gebracht werden«, sagte Letzterer. »Das wird unsere Reise beschleunigen.«
    Sie traten in den Wald ein, dessen mächtige Stämme wie lebende Säulen in den Himmel ragten. Seine hohen Kronen hoben sich als filigrane Schattenrisse von der mondhellen Nacht ab, und die nachtsichtigen Augen des Elben konnten jede Einzelheit erkennen. Einige Bäume mochten sich, nach dem Maßstab des Ffolks gerechnet, weit über hundertfünfzig Ffuß, vielleicht sogar fast zweihundert Ffuß über den Boden erheben. Ihre Stämme durchmaßen an die zwanzig, dreißig Ffuß. Dieser Anblick schlug Gilfalas in

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