Die Ringe des Tantalus
Alle drei »Politischen« sind im höchsten Maße als Sabotagerisiko anzusehen. Commander Conrad kennt ihre Dossiers.
2.
Die Botschaft war über Halbraumfunk gekommen, bevor Commander Conrad aus dem Scheintod erwachte. Matthew hatte sie daher entgegengenommen. Matthew war einer von den sechs selbstprogrammierenden Robotern Typ SP-9 an Bord der Santa Maria. Nur war Matthew gleichzeitig etwas Besonderes, was schon aus seiner Bezeichnung SP-9/1 hervorging. Er verfügte über Kommandoschaltkreise, mit denen er den fünf anderen Robotern Instruktionen erteilen und Befehle geben konnte. Zur Bequemlichkeit der menschlichen Besatzung hatten auch die anderen fünf SP-9 Namen erhalten: Mark, Luke, John, Peter und Paul. Die Namen waren ihnen auf Brust- und Rückenplatte aufgemalt. Bis auf John und Paul hatten alle schon mit Commander James Conrad bei der Kolonisierungsvorarbeit auf Kratos mitgewirkt. Die damaligen John und Paul waren auf Kratos zerstört worden. Die beiden neuen waren mit den Originalen identisch. Man hatte ihnen sogar die gleichen Gedächtnisspeicher eingebaut.
Angesichts der immensen Energiemengen, die bei Halbraumübertragungen benötigt wurden, hielt sich die Nachricht von Terra recht kurz. Ebenso durfte auch die Antwort vom Schiff nicht lang ausfallen.
Die Nachricht lautete: Möglicherweise Saboteure im Team. Alle Vorsichtsmaßnahmen ergreifen. Lebenswichtig, daß Tantalus-Projekt erfolgreich verläuft. Ende. Empfangsbestätigung erwünscht. Direktor – ExPEND.
Die Antwort lautete: Nachricht erhalten. SP-9/1, i.V. Commander Conrad.
Conrad, der eben erst aus dem ST gekommen war und sich noch recht wackelig fühlte, las die Nachricht bei einer Tasse Kaffee auf dem Navigationsdeck der Santa Maria. Das Schiff befand sich nun in einem stabilen Orbit um Tantalus.
Ein Saboteur … Nun, ausgeschlossen war so etwas nie. Sicher nicht wahrscheinlich, sagte er sich, aber möglich. Er war nach dem Kratos-Unternehmen lange genug auf Terra gewesen, um einen Einblick in die irdische Politik zu erhalten.
Conrad hatte mitbekommen, wie bestimmte Politiker in gewissen Staaten sehr lautstark ihren Widerwillen gegen das ExPEND-Programm zum Ausdruck gebracht hatten. Er konnte ihnen nicht unbedingt einen Vorwurf daraus machen, denn sie standen in ihrer Heimat vor schier unlösbaren Problemen: stetig steigende Überbevölkerung, Seuchen und Krankheiten, Eiweißknappheit, Versteppung und Versandung einst fruchtbarer Anbaugebiete, Knappheit an Erdöl, Hungersnöte, ansteigende Kriminalität, Revolutionen, Bürgerkriege, Proteste, gewalttätige Auseinandersetzungen und was sonst noch an Schrecken auf einem überbevölkerten Planeten denkbar waren. Andererseits waren ihre Probleme, von einem größeren Maßstab aus gesehen, lokaler Art. Und diese Politiker zeigten sich als zu engstirnig, um das größte Problem von allen zu erkennen: das Problem des Überlebens der Gesamtmenschheit auf lange Sicht.
Wer wollte ihnen einen direkten Vorwurf machen, wenn sie lautstark über die ungeheure Verschwendung von Geldern, Technologie und Energie lamentierten, die scheinbar sinnlos bei der Erforschung des extrasolaren Raumes verpulvert wurden? Der Erfolg des Kratos-Unternehmens hatte zumindest sichergestellt, daß das Schicksal der Menschheit nicht auf das Sonnensystem allein beschränkt sein mußte. Aber welche Beruhigung konnten solche langfristigen Erkenntnisse den Politikern geben, die in ihrer Heimat unter ständig sich verschlechternden Zuständen um Wählerstimmen zu buhlen hatten?
Conrad warf einen Blick durch die Observationsscheibe. Die Santa Maria trieb gerade über die Tagseite von Tantalus. Der Planet sah wunderschön aus, fast so wie die Erde aus dem All. Die Ozeane waren grün und blau, und sie schillerten. Die drei Hauptkontinente des Planeten wiesen eine üppige Vegetation auf. Nur die rätselhaften Ringe, die die Sonden entdeckt hatten, waren zu klein, als daß sie mit bloßem Auge zu sehen waren.
Conrads Instinkt sagte ihm, daß es bei der Landung der Santa Maria auf diesem trügerisch ruhigen Planeten noch genug Probleme geben würde, ohne daß er sich da auch noch Sorgen um einen möglichen Saboteur machen mußte. Oder mehrere Saboteure …
Conrad fuhr bei dem Gedanken zusammen. Was, wenn sich wirklich herausstellte, daß es mehrere Saboteure auf seinem Schiff gab?
Aber warum zum Teufel sollten die wildesten Politiker der Dritten Welt unbedingt eine Mission zunichte machen wollen, die doch letztendlich
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