Die Ringe des Tantalus
Orbit belassen? An welcher Stelle sollte er landen? Sollte er möglichst nahe an einem der rätselhaften Ringe landen, oder sollte er lieber Vorsicht walten lassen und einen gehörigen Sicherheitsabstand einhalten? Wie lange sollte er für sich und die Mannschaft die Anpassungszeit an 0,78 g ansetzen?
Der Tantalus-Mond trieb unbeachtet am Observationsschirm vorbei. Mit einem Mal begann Conrads Kopf zu schmerzen. Er rief einen der Roboter herbei und befahl ihm, eine Viertelliterflasche Brandy aus dem Lager zu holen. Und kurz darauf meldete ihm Matthew, Lieutenant Smith sei erwacht und bei bester Gesundheit.
Conrads Kopfschmerzen verflogen. Er wußte nicht zu sagen, ob das am Brandy oder an Matthews Meldung lag.
»Wie lange wird es dauern, bis Kwango soweit ist?«
»Schätzungsweise einhundertfünfundsechzig Minuten, Commander.«
»Dann mach’s etwas schneller.«
»Anfrage, Sir. Liegt ein Notfall vor?«
»Nein, verdammt noch mal! Mach’s schneller, aber geh keinerlei Risiken ein. Ich brauche Kwango heil.« Dann fügte er bösartig hinzu: »Beim letzten Mal, als du ihn auf Zimmertemperatur aufwärmen wolltest, war er mausetot. Lieutenant Smith mußte an ihm eine Herztransplantation vornehmen.«
»Ich erinnere mich an den Vorfall, Sir«, erklärte Matthew. »Das Schiff befand sich gerade im Orbit um Kratos. Das Herzversagen bei Mr. Kwango erfolgte jedoch nicht aufgrund der Wiederbelebungsprozedur.«
»Das weiß ich«, sagte Conrad. »Allem Anschein nach hatte Kwango sich vor der Subthermalschock-Injektion gedrückt. Also bildeten sich in seinem Herzen beim Einfrieren Eiskristalle, die das Organ schließlich zum Platzen brachten. – Aber Kwango dürfte daraus seine Lektion gelernt haben. Nun mach aber schnell. Ausführung.«
3.
Conrad hielt im Aufenthaltsraum eine Besprechung ab. Indira und Kurt, die noch nicht lange wiederbelebt waren, zeigten einen gewaltigen Appetit. Conrad sah zu, wie sie große Steaks aus echtem Fleisch in Angriff nahmen. Selbst auf der Erde hätten solche Portionen ein Vermögen gekostet. Wenn man dazu noch die Kosten für einen Transport über 56 Lichtjahre hinzurechnete, dann war dieses Fleisch mehr wert als sein Gewicht in Platin. Conrad selbst hatte schon vor einiger Zeit seinen »Wiedererweckungs« -Hunger gestillt.
Er sagte sich, die beiden sollten diesen Luxus noch genießen. Bald würden sie nichts anderes als Konzentrate, synthetische oder Recycling-Nahrung zu sich nehmen müssen, oder das, was sich auf Tantalus als genießbar erweisen würde. Ihm fiel auf, daß Indira fast wieder genauso attraktiv aussah wie früher. Das weiße Haar bildete einen perfekten Rahmen für ihre zierlichen Züge und ihre leicht gebräunte, indische Haut. Conrad dachte kurz an die zehn Tage zurück, die sie zusammen in Schottland verbracht hatten. Wundervolle Tage, die er sich an einem festen Platz im Herzen aufgehoben hatte, von denen er immer wieder würde zehren können. Conrad verscheuchte die Erinnerung aus seinen Gedanken. Bis der Auftrag auf Tantalus erledigt war, wollte er sich solchen Erinnerungen nicht mehr hingeben. Bis dahin würde Indira für ihn Lieutenant Smith, Erster Offizier beim ENTBEHRLICHEN-Team Zwei sein müssen.
Kwango schien prächtig in Form zu sein. Diesmal war bei seiner Wiedererweckung kein Problem aufgetaucht. Kwango besaß eine hervorragende Körperverfassung. Zwar war seine Mutter Deutsche, aber die negroiden Gene hatten sich, wie so oft, als dominant erwiesen.
»Soso, Boß, wir haben also ein Problem«, sagte Kurt und lächelte breit. »Jemand will uns demnach die Feier verderben, und wir wissen nicht einmal, um wen es sich dabei handelt.«
»Wir können nicht sicher sein, ob sich wirklich ein Saboteur in der Kühlabteilung befindet«, erklärte Conrad. »Und wer weiß, alle vier Neuen können sich schließlich als hervorragende ENTS erweisen. Beim Trainingsprogramm haben sich alle in bestmöglicher Form gezeigt.«
»Das ist ja auch nicht verwunderlich«, bemerkte Kwango. »Wenn sie uns eine Laus in den Pelz setzen wollen, dann muß der oder die Betreffende sich natürlich in unseren Tests qualifizieren können … Nein, Commander. ExPEND hat die Nachricht nicht nur geschickt, um Sie nervös zu machen. Wir müssen davon ausgehen, daß einer oder mehrere an Bord gegen uns sind. Wenn wir das immer im Hinterkopf behalten, leben wir sicher ein bißchen länger.«
»Haben Sie sich noch einmal die Personalakten durchgesehen?« fragte Lieutenant
Weitere Kostenlose Bücher