Die Ringe des Tantalus
Luftkissenfahrzeug führen. Nicht auszudenken, welche Schäden das schwere Tier dem Wagen zufügen konnte.
So wartete Indira, bis das Tier sie fast erreicht hatte, und sprang dann drei Meter hoch in die Luft und über das Tier hinweg. Der Bulle reagierte darauf nicht und kam erst dreißig Meter weiter zum Stehen. Inzwischen war Indira sanft gelandet und verbarg sich im hohen Gras. Das Tier drehte sich im Kreis, konnte den vermeintlichen Feind aber nicht mehr ausmachen. Es stampfte mit einem Huf auf, schnaubte wütend und trottete dann enttäuscht zur Herde zurück.
Wesentlich vorsichtiger kehrte Indira zum Luftkissenwagen zurück. Sie war sechs Minuten über der vereinbarten Zeit. Aber von Lisa war nichts zu sehen.
Indira wartete noch zwei Minuten. Nichts. Sie stieg in den Wagen, nahm eins der Lasergewehre aus der magnetischen Halterung und marschierte dann auf den großen Baum zu.
Indira entdeckte Lisa. Das Mädchen war fest an den Stamm des Weidenbaums gepreßt. Die Arme waren auseinandergezogen, ebenso die Beine, und wurden von den Ranken festgehalten. Die Ranken hatten auch Lisas Hose aufgerissen und sich in ihren Unterleib versenkt. Und eine rotgefärbte Ranke hatte sich um Lisas Hals geschlungen.
Uhlmann hatte die Augen geschlossen, und ihr Unterkiefer hing schlaff herab. Die unbedeckten Brüste zuckten und zitterten. Blut tropfte von ihrem Hals und rann langsam über ihre linke Brust.
Aus einem ersten Impuls heraus bewegte sich Indira auf den Baum zu, um Lisa zu helfen. Doch schon nach wenigen Metern schoß eine Ranke mit der Wucht einer Peitsche auf sie zu und wickelte sich fest um eines ihrer Beine. Indira trennte ihn mit einem Laserschuß ab.
Dann begab sich Indira ein Stück zurück. Sie befand sich außerhalb des Gefahrenbereichs und begann damit, systematisch die Ranken um Lisa mit Schüssen zu durchtrennen. Als ersten traf sie den um Uhlmanns Hals. Blut tropfte aus dem verkohlten Ende. Lisas Kopf fiel vornüber auf ihre Brust.
Eine nach der anderen wurden die Ranken abgetrennt. Schließlich fiel Lisa wie eine leblose Puppe auf den Boden. Indira widerstand der Versuchung, sofort auf sie zuzurennen und ihr zu helfen. Der große Baum verfügte noch über zu viele Ranken. Im Augenblick hingen sie träge im Wind, doch wenn Indira sich ihnen näherte, würden sie sofort mit unglaublicher Geschwindigkeit zuschlagen. Sie stellte das Gewehr auf Maximalenergie ein und brannte alle Ranken ab.
Das grüne Pflanzengewebe zischte. Furchtbar riechender, schwarzer Qualm stieg zum Himmel. Dann schien es Indira sicher genug, zu der bewußtlosen Lisa zu eilen.
Blut rann immer noch aus der Wunde am Hals. Lisas ganzer Körper war bleich und wirkte eingefallen. Wut stieg in Indira hoch, und sie hätte am liebsten auch noch den Stamm mit ihrem Gewehr verbrannt. Rechtzeitig besann sie sich eines Besseren. Kwango würde den Baum sicher untersuchen wollen, und außerdem mußte sie sich zuerst um die Verletzte kümmern. Im Luftkissenwagen befanden sich Blutplasma und ein Erste-Hilfe-Paket. Und so, wie Lisa Uhlmann aussah, hatte sie schrecklich viel Blut verloren.
Irgendwie gelang es Indira, die bewußtlose Frau auf den Schultern zurückzutragen. Ihre Kunstbeine schafften das mühelos. Lisas Kopf und ihre Arme hingen schlaff nach unten. Und immer mehr Blut tropfte aus ihrer Halswunde.
Indira begann zu rennen. Ihre Beine bewegten sich mit wunderbarer Präzision und Kraft. Aber Indira hatte mit der Schwierigkeit zu kämpfen, ihr Gleichgewicht zu halten. Trotzdem rannte sie schneller als ein Athlet beim Wettkampf.
Endlich erreichte sie den Luftkissenwagen, legte Lisa auf die Rückbank und machte sich sofort an die Arbeit. Indira reinigte die Halswunde, besprühte sie mit einem blutstillenden Mittel und bedeckte sie dann mit einer Schicht Synthohaut. Danach hörte sie Lisas Herz und Lunge ab. Sie klangen matt, setzten immer wieder aus. Indira spritzte ihr Adrenalin und zog ihr dann die zerfetzten Kleider ganz vom Leib. Lisa hatte Striemen an den Hüften, den Beinen und den Schultern, wahrscheinlich die Folgen der Ranken, die sie an den Stamm gepreßt hatten, und Schrammen an den Brüsten, dem Unterleib und der Vagina.
Indira hörte ihr noch einmal das Herz ab. Es schlug kräftiger, aber noch immer nicht gleichmäßig.
Lieutenant Smith setzte sich auf den Fahrersitz und griff nach dem Funkgerät.
» Mayday! Mayday! Luftkissenwagen an Santa Maria. Können Sie mich verstehen?«
»Ich kann Sie verstehen.« Das war Matthew.
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