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Die Ritter des Nordens

Die Ritter des Nordens

Titel: Die Ritter des Nordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Aitcheson
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Nihtfeax. Bevor ich aufstieg, löste ich die Lederriemen, mit denen mein zertrümmerter Schild noch an meinem Arm befestigt war, und warf, was davon übrig war, beiseite. Denn eines wusste ich: Ein gebrochener Schild war ungefähr genauso viel wert wie gar keiner – oder sogar noch weniger, weil er nur im Weg war, statt Schutz zu bieten.
    »Sceld«, sagte ich zu den Knappen. » Bringath me sceld.«
    Cnebba rannte sofort los, während Snocca mir eine mit Wasser gefüllte Holzflasche reichte. Ich nahm sie und leerte sie eilends, dabei lief mir die Flüssigkeit am Kinn entlang und tropfte mir vorne auf das Kettenhemd. Als die Flasche leer war, warf ich sie weg.
    Ringsum versammelten sich nun die Ritter unter den Bannern ihrer Lords; ihre Pferde schnaubten bereits ungeduldig. Unter den Männern waren alle Altersgruppen vertreten: Einige waren noch so jung, dass sie wohl erst kurz zuvor ihren Schwur geleistet hatten; ihre Augen blitzten nur so vor Angriffslust. Andere, die deutlich älter waren als ich, hatten ein Ohr verloren, oder ihnen fehlten mehrere Finger, oder sie waren im Gesicht von den Narben längst vergangener Schlachten gezeichnet.
    »Und was habt Ihr jetzt wieder vor?«, brummte eine mir inzwischen nur allzu vertraute Stimme. Ich drehte mich um: natürlich Berengar. Sein Gesicht war gerötet, und er hatte eine frische, leuchtend rote Schnittwunde davongetragen, das Blut rann ihm über die Wange. Wenigstens zeigte diese Verwundung, dass er sich nützlich gemacht und sich nicht etwa hinter den Speeren seiner Vorderleute versteckt hatte.
    »Wir greifen an.« Ich gab den überlebenden Männern, die schon beim ersten Angriff dabei gewesen waren, mit der Hand ein Zeichen und rief mit heiserer Stimme: »Conroi, zu mir!«
    Die normannischen Reiter des Earl Hugues hatten die Waliser mittlerweile weit die Hänge hinaufgetrieben, wo es diesen jedoch gelang, sich wieder zu sammeln und ihre Reihen zu schließen. Die Wirkung eines Angriffs hängt vor allem davon ab, dass er möglichst schnell vorgetragen wird. Stößt er jedoch auf eine kompakt aufgestellte und entschlossene feindliche Formation, kann seine Durchschlagskraft rasch verpuffen. So auch an diesem Tag. Denn tatsächlich schafften es die Waliser, sich nach dem ersten Schock neu zu formieren und wieder einen Schildwall zu bilden, den die Ritter des Earl Hugues nicht anzugreifen wagten, weil sie Angst hatten, umzingelt zu werden. Die Normannen ließen sich daher wieder zurückfallen und kehrten ins Tal zurück, wo der Wolf mittlerweile sein übriges Heer hatte aufmarschieren lassen: fünfhundert Ritter, zu denen ich mit unseren vielleicht noch knapp dreihundert Reitern zu stoßen gedachte. Also insgesamt höchstens achthundert, und das gegen einen Feind, dessen Kräfte gewiss doppelt so stark waren. Irgendwo unter all den Männern musste sich Lord Robert aufhalten. Ich fragte mich, wo die Fußtruppen des Wolfs wohl stecken mochten, als ich im Norden mehrere Kolonnen mit Schilden und Speeren bewaffneter Fußknechte sah. Sie waren allerdings noch über eine Meile von uns entfernt. Auch die Waliser hatten sie inzwischen gewiss bemerkt und begriffen, dass sie mit ihren überlegenen Kräften sofort losschlagen mussten, wenn sie uns noch vor dem Eintreffen der Verstärkung besiegen wollten. Und tatsächlich boten sie jetzt ihre gesamte Streitmacht auf und nahmen die Verfolgung der normannischen Ritter auf, die ihren Angriff oben am Hang abgebrochen hatten.
    »Verteidigt das Banner des Wolfs!«, brüllte ich. »Los, los, los!«
    Mittlerweile hatten sich die Überreste unseres kleinen Korps neu formiert, und ich wies mit der Hand auf den linken Flügel des Wolfs, der recht schwach besetzt war und dringend Verstärkung benötigte. Meine Leute ritten im vollen Galopp in die gewiesene Richtung.
    Ich wollte Nihtfeax gerade die Sporen geben und ihnen folgen, als ich aus den Augenwinkeln Maredudd und Ithel sah, die mit ihrem schon arg geschrumpften Hausgefolge in meine Richtung geritten kamen. Beide sahen ziemlich mitgenommen aus. Ihr Gesicht und ihr Haar waren völlig verschmutzt und mit dem Blut ihrer Feinde bespritzt, vielleicht aber auch mit ihrem eigenen; trotzdem kündeten ihre Augen von einer Entschlossenheit, wie ich sie zuvor noch nie an ihnen gesehen hatte.
    »Wir müssen eng beisammenbleiben«, sagte ich zu den beiden. Rechts und links galoppierten Männer an uns vorbei, und ich musste die Stimme heben, um mir inmitten des Lärms und des Hufgetrappels Gehör zu

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