Die Ritter des Nordens
gegen Earl Hugues und Bischof Odo behaupten können. Und mich hat er nach Norden geschickt. Dass ich Euch und Eure Männer hier antreffen würde, hätte ich allerdings nicht gedacht.«
Und wenn ihn der Stein nur etwas später erwischt hätte, wäre es auch nicht so gekommen. »Dann könnt Ihr Gott danken, dass Ihr unseren Anblick nicht mehr lange zu ertragen braucht«, sagte ich.
Er legte die Stirn in Falten und musterte Eudo, Wace und die übrigen Männer, die bereits abmarschfertig waren. »Wohin reitet Ihr? Wollt Ihr etwa wieder mal mit Eurem Lehnsherrn desertieren? Ihr habt wohl Angst zu kämpfen, was?«
Ich überging – diesmal – Berengars höhnische Bemerkung und sagte: »Unser Lehnsherr, sein Vater und seine Schwester werden in Beferlic festgehalten, und zwar als Geiseln des Ætheling und des dänischen Königs. Ich habe die Absicht, sie lebend da rauszuholen.«
Im ersten Augenblick schien er meine Bemerkung für einen Scherz zu halten, denn er lachte laut auf. Dann sah er, dass weder ich selbst noch einer der anderen Männer eine Miene verzog. »Das kann doch nicht Euer Ernst sein.«
Ich hatte nichts zu verlieren, also beschloss ich, ihn um Hilfe zu bitten. Im schlimmsten Fall musste ich mich auf eine seiner höhnischen Bemerkungen gefasst machen, aber daran hatte ich mich ohnehin schon gewöhnt.
»Dazu brauche ich die besten Männer, die ich finden kann«, sagte ich. »Ich habe gesehen, wie Ihr damals in Mechain gekämpft und König Rhiwallons Banner erobert habt.«
Das entsprach zwar nicht ganz der Wahrheit, da ich ihn damals in der Schlacht völlig aus den Augen verloren und folglich auch nicht mitbekommen hatte, wie er den Fahnenträger des Feindes getötet hatte. Trotzdem hoffte ich, dass er auf meine Schmeichelei hereinfallen würde.
Tatsächlich brauchte ich die Frage gar nicht auszusprechen, da er längst wusste, worauf ich hinauswollte.
»Glaubt Ihr etwa im Ernst, dass ich Euch unterstütze, nach allem, was Ihr mir angetan habt, nach all den Beleidigungen?«
Er spie vor mir aus und trat ein paar Schritte zurück. Offenbar war mein Optimismus voreilig gewesen.
»Und Ihr wolltet mich sogar schon einmal umbringen«, erinnerte ich ihn, da ich nicht bereit war, die Verantwortung für unser Zerwürfnis ganz alleine zu übernehmen. »Das werde ich zwar nie vergessen, aber ich bin gerne bereit, Euch zu verzeihen und unsere Fehde beizulegen, wenn Ihr dazu ebenfalls bereit seid.«
Wenngleich es mir nicht leichtfiel, streckte ich ihm zur Versöhnung die Hand entgegen, die er allerdings nur misstrauisch beäugte.
»Ihr wollt mich doch auf den Arm nehmen«, sagte er. »Ich weiß zwar nicht, was Ihr genau vorhabt, aber ich falle nicht auf Euch herein.«
Dann stolzierte er davon und rieb sich immer noch die schmerzende Schulter. Im Grunde genommen hatte er sich genauso verhalten, wie es von ihm zu erwarten gewesen war. Trotzdem hatte ich gehofft, dass sich unsere Unstimmigkeiten irgendwie aus der Welt schaffen ließen, selbst wenn er sich nicht dazu durchringen konnte, uns mit dem Schwert beizustehen.
»Ein alter Freund?«, fragte Erchembald, der die Begegnung interessiert beobachtet hatte.
»Kann man so nicht sagen.«
Ich war nicht in der Stimmung, über meine Querelen mit Berengar zu sprechen, und gottlob ließ es der Priester bei dieser Frage bewenden. »Zehn Mann gegen tausend«, sagte er. »Ihr wisst, dass Ihr dazu nicht verpflichtet seid, Tancred. Niemand könnte Euch einen Vorwurf machen, wenn Ihr es Euch noch einmal anders überlegt.«
Der Priester und ich waren im Laufe des zurückliegenden Jahres gute Freunde geworden, und es war offensichtlich, dass der Mann mich nicht ziehen lassen wollte.
»Ich habe Robert vor Gott Treue und Gefolgschaft gelobt«, sagte ich. »Wenn ich diesen Eid breche, falle ich der Verdammnis anheim. Das wisst Ihr doch genau.«
Erchembald seufzte. »Gott weiß, dass Euer Plan sehr gefährlich ist. Er wird Euch gewiss nicht strafen, wenn Ihr es doch nicht tut. Gott ist gnädig, er gewährt Euch Vergebung.«
»Aber ich würde es mir selbst nie vergeben, wenn ich Robert, Beatrice und ihren Vater einfach ihrem Schicksal überlassen würde.«
Aus dem Blick, mit dem er mich ansah, sprach tiefe Traurigkeit; er neigte den Kopf, um seine Gefühle zu verbergen. »Dann tut, was Ihr tun müsst.«
»Gott wird uns beschützen«, sagte ich und hoffte, dass sich diese Annahme bestätigen würde. »Wir sehen uns bald wieder.«
Erchembald nickte und drückte mir die Hand.
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