Die Ritter des Nordens
Dann beteten wir gemeinsam, dass Gott uns und die Malets schützen möge, bevor er mir die Beichte abnahm und mir die Absolution von meinen Sünden erteilte.
»Ich wünsche Euch viel Glück«, sagte er. »Gott sei mit Euch.«
Dann ließ ich ihn zurück und ging zu den anderen. Wir stiegen auf die Pferde und ritten davon, bis die Lagerfeuer aus der Ferne nur noch wie kleine rötliche Punkte erschienen und vor uns das dunkle Land lag.
So zogen wir nach Beferlic – einem ungewissen Schicksal entgegen.
Runstand führte uns – immer am Fluss entlang – von Eoferwic aus nach Süden. Es dauerte nicht lange, bis wir eine Stelle erreichten, wo die Use nicht sehr tief und die Strömung nicht so stark war. Mit ein wenig gutem Zureden konnten wir die Pferde dazu bewegen, den Fluss zu durchqueren. Dann ritten wir die ganze Nacht in, wie es schien, östlicher Richtung weiter, bis über den bewaldeten Hügeln der Morgen graute.
Den folgenden Tag verbrachten wir im Schutz eines im Herbstlaub stehenden Waldes; dabei hatten immer einige von uns Wachdienst, während die Übrigen sich ausruhten. Mit Einbruch der Dunkelheit am Abend ritten wir weiter. Es dauerte jedoch nicht mehr lange, bis wir aus dem Hügelland in eine Ebene kamen, die allmählich in die feuchten Niederungen der Halbinsel Heldernesse überging. Der Mond stand am Himmel, und es war deutlich kälter als in den Nächten zuvor. Schon bald legte sich dichter Nebel über die Wiesen, was uns sehr gelegen kam, da wir unter diesen Umständen nicht so leicht zu entdecken waren. Bald tauchte Beferlic vor uns aus dem Nebel auf: eine Ansammlung dichtgedrängter Häuser, Werkstätten, Gasthäuser und Hallen. Das Städtchen lag auf einem Geländerücken, der sich wie ein Finger in die Niederungen vorschob. In der Mitte des Ortes ragte ein Glockenturm empor, um den sich die Wohn- und Wirtschaftsgebäude des Klosters gruppierten. In einem der Gebäude mussten sich Robert und seine Verwandten aufhalten – aber auch Eadgar.
Durch die Niederungen östlich der Stadt schlängelte sich der Hul. Schon bald erreichten wir eine Stelle, wo die Dänen fünf kleine Schiffe ans Ufer gezogen hatten. Auf den drei nicht von Sümpfen begrenzten Seiten wurde der Ort von einem stabilen Palisadenzaun geschützt. Davor hatte man einen tiefen Graben ausgehoben, der noch zusätzlich mit spitzen Pfählen bestückt war. Außerhalb dieser Befestigungen waren zwischen den Straßen, die zu den Stadttoren führten, viele kleine Feuer zu erkennen, die Aufschluss darüber gaben, wo der Feind sein Lager aufgeschlagen hatte. Es gibt Befehlshaber, die den Feind über ihre Truppenstärke zu täuschen versuchen, indem sie abends in den Randzonen ihres Lagers mehr Feuer anzünden lassen, als eigentlich erforderlich wären. Doch ganz abgesehen davon, ob der Feind auch hier zu dieser List gegriffen hatte, war die Garnison nach meinem Eindruck nicht annähernd so groß, wie Runstan sie beschrieben hatte. Entweder war der Feind schon abgezogen, was angesichts der aufwendigen Befestigungen eher unwahrscheinlich war, oder aber der Späher hatte uns belogen. Und sollte das tatsächlich der Fall sein, was mochte er uns dann sonst noch alles aufgebunden haben?
»Ich bin trotzdem froh darüber, dass die Garnison so klein ist«, sagte Eudo. »Dann müssen wir uns wenigstens nicht so viel herumprügeln, um zu Robert zu gelangen.«
»Ich persönlich würde allerdings gerne genauer wissen, worauf ich mich da einlasse, bevor es zu spät ist«, nörgelte Wace. Nun, da er mit eigenen Augen sah, worauf wir uns eingelassen hatten, kehrten seine alten Zweifel offenbar zurück.
Vielleicht war die Schwäche des Feindes aber auch nur vorgetäuscht, um König Guillaume zu einem Angriff auf die Stadt zu verlocken. Deshalb war nicht auszuschließen, dass sich in Wahrheit hinter den Mauern ganze Hundertschaften von Männern versteckt hielten, die wir nicht sehen konnten.
Da ich Wace’ Bedenken teilte, wandte ich mich an den Engländer. »Du hast doch behauptet, dass sich rund tausend Mann in Beferlic aufhalten. Wo sind die alle?«
»Viele Dänen schlafen lieber auf ihren Schiffen als im Lager«, sagte Runstan. »Sie haben ungefähr ein Viertel ihrer Truppen eine gute Meile flussaufwärts in den Sümpfen stationiert, um gewappnet zu sein, falls der Feind von Norden her über die Hügel vorstoßen sollte.«
Oder um einem ahnungslosen Feind den Rückweg abzuschneiden und ihn vor Beferlic aufzureiben. Das hieß, dass sich in der Stadt
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