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Die Ritter des Nordens

Die Ritter des Nordens

Titel: Die Ritter des Nordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Aitcheson
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selbst und in dem Lager vor der Mauer wahrscheinlich sieben- bis achthundert Bewaffnete aufhielten.
    »Ab jetzt sagst du uns gefälligst alles, was du weißt«, wies ich den Späher zurecht und fasste ihn vorne am Rock. »Kapiert?«
    Er nickte, doch ich spürte genau, dass ich ihn mit meinen Drohungen nicht erreichte. Er zitterte nicht mehr und schien keine Angst mehr zu haben. Schließlich wusste er so gut wie wir, dass er für uns lebendig viel nützlicher war als tot.
    Wir ritten um die Stadt herum und näherten uns ihr dann von Süden her. Die Pferde ließen wir in einer baufälligen Scheune zurück, die sich als Versteck geradezu anbot. Zumindest konnte ich mir nicht vorstellen, dass sich jemand für den Schuppen interessierte; außerdem war er weder von der Stadt noch vom Fluss aus zu sehen. Ædda bot an, bei den Tieren auf uns zu warten, was wohl die beste Lösung war, da er offenbar die Angst nicht länger ertrug. Er hatte mir in den vergangenen Wochen loyal gedient und mehr als alle anderen für mich getan. Im Grunde genommen musste ich ihm sogar dankbar dafür sein, dass er mich überhaupt begleitet hatte. Mehr konnte ich von ihm nicht verlangen.
    »Wenn wir bei Tagesanbruch nicht zurück sind, musst du hier verschwinden«, sagte ich. »Dann brauchst du auf uns keine Rücksicht mehr zu nehmen. Reite einfach so schnell wie möglich nach Eoferwic zurück.«
    Er nickte ernst. Ich wusste noch nicht, wie wir in die Stadt hineinkommen, geschweige denn, wie wir wieder aus ihr herauskommen sollten. Aber mit etwas Glück würden wir schon eine Lösung finden. Das war unsere einzige Hoffnung.
    Und so machten wir uns – Runstan nicht mitgerechnet – zu neunt auf den Weg durch die tückischen Sümpfe. Wir kamen nur langsam voran: sprangen über Gräben und kleine Bäche, wateten durch Seitenarme des Flusses, schlichen tief gebückt durch das Schilf und mussten einige Male um Wasserlöcher herumgehen, die noch vom letzten Regen zurückgeblieben waren. Um in der Dunkelheit nicht aufzufallen, hatten wir uns in dunkle Umhänge gehüllt. Da gewiss nicht nur die Stadtmauer mit Wachmännern besetzt war, sondern auch der Glockenturm des Klosters, von dem aus man weit ins Land hinausblicken konnte, mussten wir sehr vorsichtig sein. Bis auf ein gelegentliches Glucksen im Wasser und die Schreie der Wasservögel auf dem Fluss war ringsum alles still. Schon das kleinste Geräusch würde die Posten auf uns aufmerksam machen. Natürlich wusste ich, dass wir uns auf Runstan nicht wirklich verlassen konnten. Die Frage war nicht, ob, sondern nur, wann er einen Fluchtversuch unternehmen würde. Im Augenblick bestand noch keine Gefahr, dachte ich, solange wir noch leicht den Rückzug antreten konnten. Wahrscheinlich würde er warten, bis wir die Mauer erreichten.
    Ich ging nur ein paar Schritte hinter ihm und hatte die Hand die ganze Zeit am Heft meines Schwertes. Sollte er auf die Idee kommen, Lärm zu machen, konnte ich ihm auf der Stelle die Klinge in den Rücken stoßen. Doch bislang hatte er weder Anstalten gemacht uns zu verraten noch wegzulaufen. Ich hatte auch nicht den Eindruck, dass er uns in die Irre führte. Außerdem war er die ganze Zeit auf einen gewissen Abstand zu den Befestigungen bedacht, die im Nebel genauso vage zu erkennen waren wie die Umrisse der fünf feindlichen Schiffe. Erst jetzt begriff ich, dass es sich dabei um Lastschiffe handelte, die sowohl hochseetauglich als auch für das Befahren von Flüssen geeignet waren: breit und mit hohen Dollborden. Dann entdeckte ich noch zwei weitere Schiffe, die ungefähr eine Viertelmeile weiter flussabwärts vor Anker lagen und die mir bis dahin gar nicht aufgefallen waren. Sie waren größer und schlanker als die Lastkähne, ungefähr fünfundzwanzig bis dreißig Ruderreihen lang, und lagen hoch auf dem Wasser: Kriegsschiffe.
    Ich gab meinen Leuten hinter mir durch ein Handzeichen zu verstehen, dass sie stehen bleiben sollten. Dann zeigte ich auf die Schiffe und fragte Rustan leise: »Wem gehören die?«
    »Das erste ist die Ægirulfr – die gehört König Sven. Das andere gehört König Eadgar und heißt Northgar .«
    Northgar . Speer des Nordens. Zweifellos hatte Eadgar den Namen gewählt, um sich bei den großen Familien von Northumbria einzuschmeicheln, auf deren Unterstützung er so dringend angewiesen war.
    Ich hoffte, dass sich der Plan, den ich gerade ausgetüftelt hatte, ausführen ließ, ohne dass die Besatzungen der beiden Schiffe etwas davon mitbekamen. In

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