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Die Ritter des Nordens

Die Ritter des Nordens

Titel: Die Ritter des Nordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Aitcheson
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überschlugen sich. Ich schöpfte plötzlich wieder Hoffnung. Dann erst merkte ich, dass Wace mich ansprach, weil er wissen wollte, was der Engländer gesagt hatte. Ich brauchte einen Augenblick, um meine Stimme wiederzufinden, dann übersetzte ich es ihm.
    »Wir müssen ihn mitnehmen«, sagte er und wies mit dem Kopf auf Runstan. »Wir müssen ihn dem König und seinen Beratern übergeben.«
    »Warum?«, fragte ich und musterte den Engländer, der mich mit weit aufgerissenen Augen ansah und offenbar nichts verstand. Vielleicht vermutete er schon, dass wir gerade über sein weiteres Los sprachen, denn er schien nicht gerade auf den Kopf gefallen zu sein.
    »Damit sie ihn befragen können«, erwiderte Wace und sah mich an, als hätte ich den Verstand verloren. »Damit wir uns schon mal um das Lösegeld für Lord Robert kümmern können.«
    »Aber das würde doch nichts ändern. Begreifst du das denn nicht? Der König ist doch nicht einmal bereit, den Dänen auch nur einen Penny dafür zu geben, dass sie hier verschwinden. Du weißt doch, dass er jeden Handel ablehnt. Und nicht nur jeden Handel, sondern auch alle Verhandlungen.« Ich war jetzt richtig wütend und ereiferte mich immer mehr. »Der König hat doch nichts anderes im Kopf, als seine Feinde samt und sonders in Grund und Boden zu stampfen und so viel Blut wie möglich zu vergießen. Wenn er nicht einmal bereit ist, überhaupt mit dem Feind zu verhandeln, wird er sich gewiss nicht dazu herablassen, für das Leben eines Gilbert de Gand und seiner Frau Gemahlin oder für Lord Robert und seine Angehörigen ein Lösegeld zu zahlen.«
    Wace sagte nichts. Er wusste genau, dass ich recht hatte. Roberts unfähiger Vater Guillaume hatte die Erwartungen des Königs im Laufe von nur zwei Jahren zweimal schwer enttäuscht. Möglich, dass er Eoferwic gut verwaltet hatte, doch als Vicomte war er auch dafür zuständig gewesen, die Stadt und die gleichnamige Grafschaft zu verteidigen. Indem diese nicht nur einmal, sondern sogar zweimal dem Feind in die Hände gefallen war, war Guillaumes Unfähigkeit hinreichend bewiesen. Also würde der König auch kein Lösegeld für ihn zahlen, und mit hoher Wahrscheinlichkeit ebenso wenig für Robert und Beatrice. Schließlich wusste jeder, dass der Name Malet in den Augen des Königs mit einem irreparablen Makel behaftet war. Ich konnte mir sogar vorstellen, dass er die Situation ausnutzen würde, um sich auf einen Schlag der ganzen Familie zu entledigen. Denn warum sollten die Dänen die Geiseln weiterhin verschonen, wenn sie nichts mehr wert waren?
    Das durfte nicht passieren. Ich durfte nicht riskieren, dass das Leben meines Lehnsherrn und seiner Familie von einer Laune des Königs abhing. Schließlich verdankte ich den Malets nicht nur meinen Status und meinen gesamten Besitz, sondern in gewisser Weise auch mein Leben. Außerdem hatte ich vor vielen Monden nicht nur Robert, sondern auch seiner Schwester einen heiligen Eid geschworen.
    Beatrice. Trotz aller Meinungsverschiedenheiten, die es zwischen uns gab, hatte ich sie früher einmal geliebt oder mir das jedenfalls eingebildet. Oswynn und Leofrun hatte ich bereits verloren, umso weniger wollte ich jetzt auch noch Beatrice verlieren.
    »Und was schlägst du vor?«, fragte Wace resigniert.
    Ich erläuterte ihm den Plan, den ich soeben geschmiedet hatte.
    »Das ist doch Wahnsinn«, sagte Eudo, als wir wieder im Lager eintrafen und Wace ihm erzählte, was ich vorhatte. »Hast du etwa völlig den Verstand verloren?«
    »Nein. Ich habe eine Entscheidung getroffen«, erwiderte ich. »Und ich werde es durchführen – ob mit oder ohne eure Hilfe.«
    Eudo gab einen Laut von sich, der gleichzeitig nach einem Lachen und einem Schnauben klang. »Und mit welcher Armee möchtest du deinen Plan umsetzen?«
    »Mit allen, die bereit sind, mich zu unterstützen.«
    Dass das keine angemessene Antwort war, wussten wir beide. Aber ich hatte auf dem Rückweg ins Lager genug Zeit gehabt, mir die Sache zu überlegen, und ich wusste, dass es keine Alternative gab. Ob durch Geld oder gute Worte, irgendwie würde ich so viele Männer wie nötig für das Projekt gewinnen. Ich musste.
    »Das ist der größte Blödsinn, den ich je aus deinem Mund gehört habe«, sagte Wace und kratzte sich an seiner Narbe unter dem linken Auge, wie er es oft tat, wenn er frustriert war. Er war schon immer der Vernünftigste und Nüchternste von uns dreien gewesen, und ich ging davon aus, dass ich ihn ohnehin nicht für meinen

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