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Die Ritter des Nordens

Die Ritter des Nordens

Titel: Die Ritter des Nordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Aitcheson
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ungefähr, wie viele es waren?«
    »Nein, wir haben nichts gesehen, Herr«, sagte Turold. »Das ging alles so schnell. Wir haben uns nicht damit aufgehalten, sie zu zählen, sondern wollten so schnell wie möglich weg von dort.«
    Ædda hustete wieder. Der Rock klebte ihm am Leib. Ich versuchte, den Stoff etwas von der Wunde wegzuziehen, damit ich die Einschussstelle besser sehen konnte. Doch er bäumte sich auf und verzog das Gesicht zu einer schmerzverzerrten Grimasse. Turold und Pons hatten den Pfeil in der Wunde stecken lassen, um keinen weiteren Schaden anzurichten. Ich umfasste den Schaft mit einer Hand und brach ihn dann mit der anderen ab, sodass jetzt nur noch die Eisenspitze in Æddas Körper steckte.
    Ich drehte mich zu Pons um. »Bring mir Wasser.«
    In dem Kloster, in dem ich fast meine ganze Jugend zugebracht hatte, hatte ich von einem heilkundigen Mönch ein wenig gelernt, wie man Wunden versorgt. So wusste ich etwa, dass Reinlichkeit sehr wichtig war, um eine Eiterung zu verhindern. Allein für dieses Wissen war ich dankbar, denn es hatte mir selbst und anderen schon so manches Mal das Leben gerettet.
    »Halt ihn fest«, sagte ich zu Turold.
    Dann schnitt ich mit meinem Messer den Rock des Engländers auf, um mir einen besseren Eindruck von der Wunde zu verschaffen. Die Pfeilspitze steckte direkt unterhalb der Rippen seitlich in seinem Oberkörper. Glücklicherweise schien sie nicht allzu tief in Æddas Körper eingedrungen zu sein. Ich hatte schon Schlimmeres gesehen. Ich hatte allerdings auch schon erlebt, dass Kameraden an Wunden gestorben waren, die noch viel harmloser ausgesehen hatten.
    Pons kam mit einem Eimer Wasser und einem Lappen zurück. Ich befeuchtete das Tuch und versuchte das geronnene Blut und den Schmutz vom Wundrand zu reiben. Ædda bäumte sich ein paarmal heftig auf, doch Turold drückte ihn so lange an den Schultern zu Boden. Während ich die Wunde so gut wie möglich reinigte, lief unaufhörlich weiteres Blut heraus. Es war dunkel, dick und warm und klebte mir an den Fingern.
    »Wie geht es ihm?«, fragte eine Stimme hinter mir. Als ich mich umdrehte, sah ich Father Erchembald, der sich gerade zwischen den Umstehenden hindurchdrängte.
    »Nicht gut«, sagte ich und stand auf, um ihm Platz zu machen.
    Er ließ sich auf die Knie nieder, nahm mir das Tuch aus der Hand, wrang es aus und presste es dem Engländer seitlich gegen den Körper, um die Blutung zu stillen. Anschließend wickelte er es ihm wie einen Verband um den Bauch.
    »Und was machen wir jetzt?«, fragte ich.
    Der Priester stand auf. »Zuerst müssen wir ihn in mein Haus schaffen«, entgegnete er. »Hier kann ich nichts für ihn tun.«
    Das ließ ich mir nicht zweimal sagen. »Komm«, sagte ich zu Turold. »Hilf mir tragen.«
    Zwar war Ædda alles andere als ein kleiner Mann, trotzdem war er schwerer, als ich gedacht hatte. Als wir ihn hochhoben, spürte ich sein Gewicht sofort in den Schultern und im Rücken. Doch zu zweit schafften wir es, ihn hochzuheben. Obwohl er halb bei Bewusstsein war, hätte er selbst mit unserer Unterstützung nicht gehen können. Also trugen wir ihn taumelnd über den Hof und dann durch das Tor. Robert und meine Gefolgsleute sorgten dafür, dass die neugierigen Dorfleute Platz machten. Einige von Roberts Leuten hatten den Lärm offenbar gehört und waren von der Pferdekoppel hinter dem Haus nach vorne gekommen. Sie wollten wissen, was passiert war. Doch das musste ihnen jemand anderer erzählen, denn ich wollte nur eins: Ædda so schnell wie möglich zum Haus des Priesters bringen.
    Wir mussten den Engländer zwar nur knapp hundert Schritte weit über den Feldweg tragen, doch mir kam der Weg viel weiter vor. Als wir Erchembalds Haus erreichten, erwartete er uns schon. Vor ihm auf dem Boden stand ein Schemel, daneben ein offener Kasten, in dem er die Utensilien verwahrte, die er als Heilkundiger brauchte, um seine zahlreichen Heilmittel abzuwiegen, zu zerstoßen und zu mischen: Zinnlöffel, Stößel aus Knochen und Metallspatel. Er dirigierte uns zu einer Strohmatratze auf einem Bettgestell, das auf der gegenüberliegenden Seite des Raumes an der Wand stand.
    »Legt ihn da drüben auf das Bett«, sagte er.
    Ich biss die Zähne zusammen. Turold und ich schafften es irgendwie, den schlaffen Körper des Stallmeisters quer durch den Raum zum Bett zu tragen und auf die Matratze zu legen. Ædda stöhnte, und diesmal klang es noch schwächer als zuvor.
    »Zuerst muss ich die Pfeilspitze entfernen«,

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