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Die Ritter des Nordens

Die Ritter des Nordens

Titel: Die Ritter des Nordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Aitcheson
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sagte Erchembald zu mir. »Hier, haltet das.«
    Ich merkte, dass er mich meinte, als er mir eine kleine Phiole entgegenhielt, nicht größer als eine Handfläche, die mit einer klaren Flüssigkeit gefüllt war.
    Stirnrunzelnd nahm ich sie. »Was ist das?«
    »Eine Tinktur aus Nachtschatten und Mohn«, erwiderte er, während er eine Knochennadel von dem Ablagebrett an der Wand nahm und einen Faden einfädelte. »Mischt einen Teil davon mit drei Teilen Wein. Dort auf dem Tisch findet Ihr einen Krug Wein und eine Schale.« Er sah Turold an. »Und Ihr bringt mir aus der Kiste dort drüben die Zange und das Holzstück.«
    Ich tat, wie er gesagt hatte, zog den Stöpsel aus der Phiole und goss so viel von der klaren Flüssigkeit in die Schale, bis sie nach meiner Einschätzung zu einem Viertel gefüllt war. Dann gab ich den Wein zu dem Gebräu. Obwohl der Krug am Ende fast leer war, reichte die Menge gerade so aus.
    »Und jetzt?«, fragte ich.
    »Jetzt müsst Ihr die Mischung umrühren«, antwortete Erchembald. »Und dann muss er davon trinken. Wenn wir Glück haben, lindert das seine Schmerzen. Und Ihr« – sagte er, nun wieder an Turold gewandt, und reichte ihm ein anderes Tuch –, »Ihr stellt Euch direkt neben mich. Und wenn ich es sage, drückt Ihr das Tuch auf die Wunde, damit die Blutung aufhört.«
    Ich nahm einen Spatel aus der Kiste, die neben dem Priester am Boden stand, und rührte die Mischung so lange um, bis sie eine einheitliche Färbung angenommen hatte. Dann brachte ich sie zum Bett, ließ mich neben Ædda auf die Knie nieder, schob vorsichtig eine Hand unter seinen Kopf und setzte ihm die Schale an den Mund. Anfangs wollte er nicht trinken. Ich wollte meine Bemühungen schon fast einstellen, als mein Blick auf Robert fiel, der draußen an der Tür stand. Ich bat ihn hereinzukommen und den Engländer festzuhalten. Währenddessen hielt ich selbst Ædda die Nase zu. Der Stallmeister versuchte zuerst, sich wegzudrehen, doch dann öffnete er den Mund und schnappte gierig nach Luft, und ich konnte ihm etwas von der Flüssigkeit einflößen. Obwohl er sofort zu spucken anfing, gelang es mir, ihm mit der freien Hand so lange den Mund zuzuhalten, bis er das Gebräu schluckte. Keuchend und sabbernd murmelte er etwas, das wie eine Verwünschung klang. Dann sank sein Kopf auf die Matratze zurück.
    »Bringt noch mehr Wein«, sagte Erchembald, ohne jemand Bestimmten anzuschauen oder beim Namen zu nennen, während er sich die Ärmel hochkrempelte. »Je stärker, desto besser. Der Mann wird ihn noch dringend brauchen.«
    »Darum kümmere ich mich«, sagte Robert.
    »Und sorgt bitte dafür, dass die Leute dort verschwinden«, rief ihm der Priester nach. »Ich brauche Licht, sonst kann ich nicht sehen, was ich tue.«
    Als ich zur Tür blickte, sah ich, dass Serlo und Pons neugierig hereinschauten. Hinter den beiden hatten sich etliche Gaffer aus dem Dorf versammelt, die sich ebenfalls den Hals verrenkten. Da sie fast die ganze Tür versperrten, drang kaum noch Licht von draußen in den Raum.
    Erchembald begutachtete den Pfeil. »Wenigstens keine Widerhaken. Mit etwas Glück macht das die Sache leichter.« Er sah mich an. »Jetzt müsst Ihr ihn festhalten. Sonst dauert es noch länger. Schiebt ihm das Holzstück dort zwischen die Zähne, damit er daraufbeißen kann.«
    Er zeigte auf das kleine Stück Holz, das Turold ihm gebracht hatte und das hinter mir am Boden lag. Die Spuren, die die Zähne anderer Patienten darin hinterlassen hatten, waren deutlich zu erkennen.
    »Hier«, sagte ich zu dem Engländer, als ich ihm das Holzstück zwischen die Zähne schob.
    Ich hörte, wie Robert die Neugierigen draußen vor der Tür verscheuchte. Plötzlich wurde es in dem Raum strahlend hell.
    Ich drückte Æddas Schultern mit meinem ganzen Gewicht auf die Matratze. Sein Blick traf mich, doch von der stählernen Entschlossenheit, die den Mann sonst auszeichnete, war jetzt nichts mehr zu sehen. Aus dem einen Auge, das ihm geblieben war, ergoss sich ein Strom von Tränen, die an seiner zerschundenen Wange hinunterliefen, obwohl er sich sichtlich darum bemühte, nicht zu weinen. Ich konnte seine Angst fast körperlich spüren.
    Dann macht sich der Priester an die Arbeit. Zuerst schob er zwei langstielige Löffel in die Wunde, mit denen er die Pfeilspitze umschloss und dann ganz vorsichtig herauszog. Ædda grunzte und verbiss sich geradezu in das Holzstück. Doch das Schlimmste sollte noch kommen.
    »Das Tuch«, sagte Erchembald, als die

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