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Die Ritter des Nordens

Die Ritter des Nordens

Titel: Die Ritter des Nordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Aitcheson
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ich es einfach nicht fertig, sie durch ein neues Messer zu ersetzen; und so hatte ich die Waffe in all den Jahren einfach behalten.
    Als ich die Schneide nun ein letztes Mal gegen das Licht hielt, um sie zu überprüfen, flogen die Türen der Halle auf, und Robert kam herein. Er brachte einen Schwall kühler Luft mit sich.
    Ich stand auf, schob das Messer in das Futteral und legte es auf den Boden. »Habt Ihr jemanden gesehen?«
    Er schüttelte den Kopf, während er den Helmriemen löste. »Wir haben ungefähr dort, wo der Angriff gegen Eure Männer stattgefunden haben muss, Pferdespuren gefunden. Wir sind ihnen zunächst durch die Hügel und dann noch eine Zeitlang durch den Wald gefolgt. Dann haben wir sie verloren. Dann sind wir umgekehrt, weil es zu gefährlich gewesen wäre, wenn wir uns noch länger dort aufgehalten hätten, zumal es schon dunkel wurde.«
    »Wie viele Spuren habt Ihr dort gesehen?«
    »Nach unserer Einschätzung nur zwei oder drei Reiter. Möglich, dass noch ein paar Männer zu Fuß dabei waren, aber wir sind nicht sicher.«
    Ædda hätte uns das alles sofort sagen können, dachte ich. Außerdem hätte er die Spur sicher nicht verloren. Welch eine Ironie des Schicksals. Und wenn nun der kleine Trupp nur die Vorhut eines größeren Kampfverbands war?
    »Wie geht es dem Engländer?«
    »Er ist am Leben«, sagte ich. »Er hat zwar noch große Schmerzen, aber die Blutung hat aufhört.«
    Robert schwieg einen Augenblick und sagte dann: »Ich habe gehört, dass die Waliser Euch nicht zum ersten Mal angegriffen haben.«
    »So ist es.«
    »Euer Gefolgsmann Serlo hat mir erzählt, wie Ihr die Räuber letzten Monat verfolgt habt. Seid Ihr denn gar nicht auf die Idee gekommen, dass Ihr den Feind nur provoziert, wenn Ihr die Männer alle umbringen lasst?«
    »Ich habe nicht alle getötet«, widersprach ich. »Ich habe doch einen am Leben gelassen.«
    »Damit er erzählen kann, was passiert ist. Ja, ich weiß.«
    »Was hätte ich denn tun sollen?«, fuhr ich ihn an. »Die Kerle haben schließlich mehrere meiner Leute umgebracht, ihr Vieh abgeschlachtet und ihre Hütten niedergebrannt. Sie hatten den Tod nun wirklich verdient.«
    »Was ich sagen will: Wenn Ihr die Männer am Leben gelassen hättet, wären die Waliser heute vielleicht nicht gekommen, um Rache zu üben, und der Engländer würde jetzt womöglich nicht um sein Leben ringen.«
    »Die Waliser ziehen ständig raubend und mordend durch das Land«, widersprach ich ihm. »Sie waren heute nicht hier, um Rache zu üben. Und außerdem: Wenn ich sie damals am Leben gelassen hätte, wären hier noch mehr von ihnen aufgetaucht. Das sind Barbaren, sie haben keinen Ehrbegriff wie wir.«
    »Nicht alle Probleme lassen sich mit dem Schwert lösen«, sagte Robert, der mir offenbar nicht mehr zuhörte. »Manchmal ist es besser, die Klinge stecken zu lassen und gar nichts zu tun. Ihr wärt gut beraten, Euch das zu Herzen zu nehmen.«
    »Ich brauche von Euch keine Belehrungen. Wir sind hier auf meinem Besitz. Hier bin ich der Herr.«
    Ich war so aufgebracht, dass mein Herz heftig zu pochen anfing. Ich sah ihn wütend an. Auch wenn er mein Lehnsherr war, gab ihm das noch nicht das Recht, hier aus heiterem Himmel aufzutauchen, etwas zu essen und zu trinken und ein Bett zu verlangen und mir dann auch noch zu sagen, wie ich mich auf meinem eigenen Land verhalten sollte.
    »Ihr vergesst Euch, Tancred«, sagte Robert mit einem warnenden Unterton. Ich kannte ihn als ausgeglichenen und geduldigen Mann, der so gut wie nie die Selbstbeherrschung verlor. Aber auch seine Geduld hatte eine Grenze, und die war jetzt offenbar erreicht.
    Mein Lehnsherr war nicht gerade eine stattliche Erscheinung. Dafür gebot er über ein Selbstbewusstsein, das manche schon als Arroganz empfanden. Außerdem war er mindestens genauso eigensinnig wie ich. Obwohl er mich streng ansah, dachte ich gar nicht daran, klein beizugeben.
    »Was führt Euch eigentlich nach Earnford, Mylord?«, fragte ich.
    Von Suthfolc nach Earnford waren es mindestens zweihundert Meilen, und ich konnte mir nicht vorstellen, dass er sich wegen einer Nebensächlichkeit auf den weiten Weg gemacht hatte. Bislang hatte er den Anlass seines Besuches noch nicht genannt, was mich allmählich beunruhigte, weil es nichts Gutes hoffen ließ.
    Er starrte mich noch einen Moment lang an, wandte sich dann aber ab.
    »Also immer noch der alte Sturkopf«, sagte er mit einem Seufzer, der ebenso gereizt wie amüsiert klang. »Nun gut. Ich

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