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Die Rollbahn

Die Rollbahn

Titel: Die Rollbahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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starrte Vogel mit zitternden Augen an. »Wer hat die Bombe gelegt?«
    »Ein gewisser Oberst von Stauffenberg.«
    »Und er ist mit in die Luft gegangen?«
    »Nein. Er hat seine Aktentasche an den Tisch gelehnt und hatte den Raum verlassen, als die Bombe explodierte.«
    »Er hat nicht gewartet? Er hat nicht dabeigestanden und hat den Feuerschlag so dirigiert, daß er treffen mußte?«
    »Nein …«
    Major Schneider legte beide Hände über die Augen. Er wandte sich ab. Es war, als weinte er.
    »Gibt es denn keine Helden mehr?« stöhnte er. »Gibt es denn keine Männer mehr, die ihr Volk mehr lieben als sich selbst? Warum wollen Dilettanten Helden sein, wenn ihnen das Herz fehlt, sich selbst zu opfern?« Er fuhr herum und sah Vogel in die starren Augen. »Wissen Sie, was ich getan hätte? Vogel … ich hätte die Aktentasche mit der Bombe an meine Brust gedrückt, ich hätte mich neben Hitler gestellt und ihn umarmt in dem Augenblick, wo sie krepierte. Arm in Arm mit ihm wären wir dahingegangen … Aber es gibt in Deutschland eben keine Kamikaze, die sich opfern wollen …«
    Leutnant Vogel stützte die Hände auf den Brettertisch. Sein schmaler Kopf zuckte vor.
    »Was Sie reden, ist Hochverrat, Herr Major!«
    »Ich sage nur die Wahrheit!«
    »Wer den Führer tötet, tötet das deutsche Volk.«
    »Wer diesen Satz prägte, hatte ein syphilitisches Gehirn!«
    Das Telefon gellte durch den Unterstand. Schneider nahm den Hörer ab. Er lächelte grimmig, als er die Stimme am anderen Ende vernahm.
    »Ja, hier Major Schneider. Gute Nacht, Herr General. Im doppelten Sinne. Ja – ich habe es soeben erfahren. Mein tüchtiger Adjutant und HJ-Führer brachte mir den Sieg der Vorsehung frei Haus. Hitler lebt … ist das nicht herrlich? Wir werden uns diese Nacht sinnlos besaufen müssen. Immerhin ist es eine Lehre, Herr General: Der Lauf der Geschichte läßt sich nicht beeinflussen. Die Historiker mögen anderer Ansicht sein … ich habe immer das Gefühl gehabt, daß die Geschichte nicht von den sichtbaren Männern geschrieben wird, sondern von einem Unsichtbaren, Größeren als wir! Und Er läßt sich nicht beeinflussen von einer Bombe oder einer aufschreienden Nation … Er hat ein Ziel vor Augen, und dem steuern wir entgegen. Nennen Sie mich jetzt einen pseudoreligiösen Phantasten … ich ertrage es. Das Überleben Hitlers gibt mir recht … unsere Nation hat noch viel zu erwarten. Und so soll es denn eben sein …«
    Er legte auf. Leutnant Vogel stand noch immer zitternd am Tisch. Vor dem Unterstand knatterte ein Motorrad … wenig später rannte Oberleutnant Faber in den Bunker und warf seine schweißnasse Feldmütze auf den Tisch.
    »Stimmt das, was man draußen erzählt, Herr Major?« rief er. Als er zur Seite auf Leutnant Vogel blickte, wußte er, daß es kein Gerücht, sondern Wahrheit war.
    »Er lebt«, sagte Vogel laut. »Unser Führer lebt!«
    »Und Himmler ist Befehlshaber des Ersatzheeres!«
    »Nein!« schrie Major Schneider. Seine Augen wurden weit.
    »Auch das wird erzählt. In der Nachrichtenstaffel will man das im Rundfunk gehört haben. Himmler hat alle Macht im Inneren Deutschlands in der Hand.«
    »Dann gnade uns Gott.«
    »Uns?« sagte Leutnant Vogel anzüglich.
    Major Schneider nahm seine Mütze vom Haken und schnallte sein Koppel mit der Pistole um. »Kommen Sie, Faber. Wir fahren hinüber zur Division. Vogel, Sie führen solange das Bataillon.«
    »Kommen Sie wieder?« fragte Vogel frech. Faber biß sich auf die Lippen. Es zuckte in seinen Fäusten. Schneider legte ihm begütigend die Hand auf den Oberarm.
    »Lassen Sie ihn, Faber. Er ist ein Herdentier … wenn sein Leitbulle stinkt, stinkt er mit!«
    Haßerfüllt sah Vogel auf den sich schließenden Vorhang aus zwei Tarnzeltbahnen. Draußen sprang das Motorrad wieder an.
    Zur Division, dachte Vogel. Ich werde die Gestapo in Brest anrufen.
    Er tat es und sprach zehn Minuten lang über Major Schneider.
    In dem kleinen Landgut am Njemen brannte die Nacht über das Licht nur hinter den vor den Fenstern gehängten Säcken des Generalzimmers. Auch Oberst von Bennewitz und Hauptmann Hellberg sowie der ganze Stab saßen in ihren Zimmern vor den Rundfunkgeräten und hörten die in immer kürzeren Abständen kommenden Meldungen aus dem Führerhauptquartier und Berlin mit.
    Verhaftung aller an dem Anschlag verdächtigen Offiziere. Standrechtliche Erschießung von Stauffenbergs und General Olbrichts im Hof des Allgemeinen Heeresamtes in der Bendler-Straße von

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