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Die Rollbahn

Die Rollbahn

Titel: Die Rollbahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Hier ist doch etwas faul.
    »Soll ich Herrn General einen Melder mitgeben, der den Weg genau kennt?«
    »Nein, danke. Wir finden den Weg allein. Rufen Sie Leutnant Vorberg an. Wie sieht es vorne aus?«
    »Mulmig, Herr General. Uns liegen die Elitetruppen von Rokossowski gegenüber.«
    »Na und?« Der General klopfte dem Hauptfeldwebel auf die Schulter. »Was macht das schon? Ihr seid meine Elitetruppe. Das gleicht das doch aus, was?«
    Der Hauptfeldwebel sah dem General nach, wie er, von Strakuweit gefolgt, dem Wald zuging, hinter dem vier Kilometer weiter die notdürftige Bunkerstellung der 6. Kompanie lag. Ein kleiner, armseliger Puffer für die gewaltige russische Lokomotive.
    Ist doch ein Pfundskerl, der Alte, dachte der Spieß der 6. Kompanie. Elitetruppe … das hat uns noch keiner gesagt. Er rannte in die Schreibstube und rief Leutnant Vorberg im Graben an. Seine Stimme war stolz und überschlug sich fast.
    Am Waldrand erwarteten Leutnant Vorberg und sein Kompanietruppführer den General und Strakuweit. Sie grüßten stramm, als die beiden aus dem Wald traten … der General vorweg, mit gesenktem Kopf, Strakuweit keuchend unter der Last der Handgranatenkiste, die er auf Befehl des Generals aus dem Wagen mitschleppen mußte.
    »Leutnant Vorberg, 6. Kompanie …«
    Der General winkte ab, als die Meldung herunterrasselte. Er klopfte Leutnant Vorberg auf die Schulter. Eine schmale Jungenschulter unter einem noch jugendlicheren Gesicht. Lieber Kerl, dachte der General. Abitur, Grundausbildung, Kriegsschule, Patent … und jetzt am Njemen, um zu sterben wie ein Held. Der kurze Weg der deutschen Jugend … in jeder Generation einmal. Es ist zum Kotzen mit den Deutschen …
    »Ich möchte mir die Sowjets einmal von Nahem ansehen«, sagte er mit merkwürdig fester Stimme.
    »Das ist gefährlich, Herr General.« Leutnant Vorberg sah hinüber zu dem Streifen Kusselgelände, wo sich – noch den Blicken verborgen – die Front hinzog. »Der Iwan ist wunderbar auf uns eingeschossen.«
    »Wenn Sie da liegen, Leutnant Vorberg, kann auch Ihr alter General einmal dort liegen. Wir haben alle das gleiche Risiko im Krieg zu tragen.«
    »Jawoll, Herr General.«
    »Gehen wir also.«
    »Ab 200 Meter müssen wir robben.«
    »Dann robben wir eben. Es wird noch gehen. Ich habe meine gründliche Grundausbildung im märkischen Sand noch nicht vergessen. Trotz der goldenen Tressen.«
    Beim Kompanietroß traf in diesem Augenblick wie ein wilder Affe Oberst von Bennewitz auf seiner BMW ein.
    »Wo ist der General?« brüllte er den Hauptfeldwebel an, der wieder hervorstürzte.
    »Zur HKL, Herr Oberst.«
    »Was? Und das lassen Sie zu? Warum rufen Sie nicht sofort an?«
    »Wo denn?« stotterte der Hauptfeldwebel.
    »Bei Tante Anna, Sie Trottel!«
    Er warf sein Motorrad dem Hauptfeldwebel vor die Füße und rannte dem Wäldchen zu.
    »Was ist denn da los?« fragte der Oberschütze Patzke. Er knöpfte sich die Hosenträger fest und sah dem rasenden Oberst nach.
    »Schnauze!« brüllte der Hauptfeldwebel. »Noch ein Wort, Patzke, und ich begehe einen Lustmord!«
    In der Bunkerstellung lehnte der General an der Grabenwand und blickte hinüber zu den sowjetischen Linien. Die Bataillone Rokossowskis hatten sich eingegraben … hier stagnierte die Front einige Tage, während sie seitlich weiter vordrang. Es war ein Keil, den das 2. Bataillon im russischen Vormarsch bildete, ein Keil, der bald eingedrückt werden würde.
    »Das also ist das Niemandsland«, sagte der General sarkastisch. »Und dort drüben liegt der Feind. Es ist alles so, wie man sich als kleiner Moritz einen Krieg denkt. Die Front schweigt. Man könnte ein lyrisches Gedicht von Lord Byron lesen. Oder eins von Ossietzky. Aber das wäre verboten …« Er wandte sich um. »Strakuweit, geben Sie mir sechs Handgranaten.«
    »Was, Herr General?«
    »Handgranaten!«
    Strakuweit kannte diesen Ton. Er bückte sich, öffnete den Verschluß der Kiste und reichte dem General sechs Stielhandgranaten hinauf. Langsam steckte sie der General hinter sein Koppel. Verwundert sah ihm Leutnant Vorberg zu. Will der einen Stoßtrupp machen? Am hellen Tag?
    Aus dem Wald rannte Oberst von Bennewitz. Er ließ sich zur Erde fallen, als drüben bei den Sowjets ein MG aufhämmerte und das Kusselgelände abstrich. Auf dem Bauch kroch er weiter, schweißüberströmt, keuchend, mit rasendem Herzschlag.
    Der General! Der General! Der General!
    Strakuweit schob die Handgranatenkiste weg. Leutnant Vorberg wollte etwas

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