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Die Rollbahn

Die Rollbahn

Titel: Die Rollbahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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müde …
    Auf einer Lichtung hielt Leutnant Vogel an. Er ließ die sieben Russen dreimal um sich herummarschieren. Auch die drei deutschen Bewacher marschierten mit … es war ein Vorbeimarsch, den Vogel genoß wie damals die Gesangsübungen des Hauptfeldwebels Kunze. Einen Augenblick war er wieder versucht, das junge Mädchen auszugliedern und zu reservieren, aber dann siegten der nationale Geist und seine Empörung über den Sabotageakt.
    »Halt!« kommandierte er. »Mit dem Gesicht zu den Bäumen … hopphopp!«
    Die Russen drehten Vogel den Rücken zu. Langsam schob Vogel die Klappe der Pistolentasche auf und holte die 08 aus dem Futteral. Er wog sie in der Hand, ehe er sie durchlud, den Sicherungsflügel mit dem Daumen zurückschob und sich langsam den sieben Wartenden näherte.
    Der Obergefreite schnaubte durch die Nase. Er will es allein tun, durchjagte es ihn. Mein Gott, hat dieser Mensch keine Regungen? Siebenmal mit eigener Hand einen Genickschuß … ich würde bis zu meinem Lebensende nicht mehr schlafen können. Das ist ja Mord, regelrechter Mord … Und zwei Frauen sind auch dabei …
    Leutnant Vogel blieb hinter dem noch immer wimmernden Alten stehen. Er hob die linke Hand, drückte den Kopf des Alten nach vorn und legte den Zeigefinger auf die Stelle des Nackens, wo er den Lauf seiner Pistole ansetzen wollte. Er nahm Maß … er erschoß mit wissenschaftlicher Gründlichkeit … er trieb ein Anatomiestudium: Wo ist der beste Ansatzpunkt für einen sicheren Tod?
    Durch den Körper des Alten rann ein Zittern. Er löste die Hände von dem getretenen Unterleib und faltete sie über der Brust.
    Mit leisem Murmeln begann er zu beten.
    Fünf Meter weiter, im dichten Unterholz des Waldes, lagen hinter ihren Maschinenpistolen Pjotr Sabkorin und Wassilij Dschugarow Barkow. Sie sahen sich an und nickten sich zu.
    Nicht den Offizier, hieß dies.
    Njet, Brüderchen, den heben wir uns auf.
    Dann drückten sie ab, gerade als Vogel die Pistole hob, um sie an die im Nacken gekennzeichnete Stelle zu setzen.
    Der Obergefreite und die beiden Landser fielen um wie drei Puppen. Sie schrien nicht einmal … die Schüsse jagten durch ihre Köpfe und Brustkörbe … sie merkten nicht einmal, daß sie starben. Es wurde dunkel vor ihnen.
    Leutnant Vogel warf sich zu Boden. Er riß das junge Mädchen mit sich herunter und drückte sie vor sich her als Kugelfang auf den Boden. Das Mädchen hieb mit Armen und Beinen um sich, es wollte Vogel treten, da schlug er ihr mit dem Griff seiner Pistole gegen die Schläfe. Sie streckte sich und lag wie ein hoher Wall vor ihm.
    Sabkorin erhob sich etwas vom Boden. »Sswinjja!« sagte er laut (Schwein). Er schoß noch einmal in Richtung Vogels, der sich eng an den Körper des Mädchens drückte.
    »Idi soda!« schrie Sabkorin.
    Vogel schwieg. Er schob die Pistole über die Brust des Mädchens hinweg und visierte den Strauch an, aus dem die Schüsse gekommen waren. Dann drückte er ab … zwei-, dreimal und duckte sich sofort wieder hinter den schlaffen Körper.
    Sabkorin hob die Schultern. Die Schüsse peitschten an ihm vorbei in die Bäume.
    »Schieß, Wassilij«, sagte er.
    Wieder hämmerte die Maschinenpistole. In ihrem Schutz kroch Sabkorin an Vogel heran, der nicht wagte, über den ihn deckenden Körper hinwegzusehen. Erst als Sabkorin nahe genug herangekrochen war, stellte Wassilij Dschugarow Barkow das Feuer ein.
    In diesem Augenblick zuckte der Kopf Vogels hoch. Er sah in die Augen Sabkorins und schrie vor Angst und Grauen auf. Dann fiel der schwere Körper des Russen über ihn her … er wehrte sich noch, er schrie, er biß sogar … verzweifelt rollte er sich hin und her … dann war auch Dschugarow da und trat ihn ins Gesicht.
    Erst vier Tage später, als die deutschen Truppen auch diesen Landstrich räumen mußten, weil sie der Zange sowjetischer Armee-Partisanen nicht mehr standhalten konnten, wurde Leutnant Vogel jenseits des Waldes am kleinen Flüßchen Pjeljew gefunden.
    Er hing zwischen zwei Bäumen, mit einem Drahtseil gefesselt. Sein nackter Körper war entstellt und verstümmelt. In jeder Stunde dieser vier Tage hatte man ihm einen Teil seines Körpers abgeschnitten, abgehackt und abgerissen … jeden einzelnen Finger, jede einzelne Zehe, jedes Ohr, die Zunge, die Genitalien, die Nase … Er war stückweise gestorben …
    Major Schneider ließ den Körper abnehmen und unter den Bäumen, an denen er gehangen hatte, begraben.
    »Das habe ich ihm nicht gegönnt«, sagte er

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