Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Rollbahn

Die Rollbahn

Titel: Die Rollbahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
die gehetzten Hasen zum Troß durchschlugen … jeder einzeln, jeder um sein Leben rennend, springend, kriechend … hatten sie in Dubrassna nichts mehr vorgefunden als die unbeerdigten Toten, den soeben sich selbst erschossenen Simpelmeier und drei Pferde, die mit aufgerissenen Leibern noch lebend auf der Seite lagen und mit den Hufen die Erde um sich aufwirbelten.
    Faber hatte damals Kunze gesucht. Während die russische Infanterie langsam, tastend, mißtrauisch, ob sie nicht doch irgendwo auf Widerstand stießen, im Schatten ihrer T 34 über die deutschen Linien hinaus ins Hinterland fluteten, hatten Faber und Strakuweit noch einmal die Bestände des Trosses durchwühlt und festgestellt, daß Kunze die letzten brauchbaren Büchsen mitgenommen haben mußte. Leskau hatte unterdessen die Pferde erschossen.
    »So ein Schwein, dieser Kunze«, hatte Strakuweit zu Faber gesagt. »Ist abgehauen mit seiner Hure. Ich gönne ihm, daß er Partisanen in die Hände fällt, die ihn einzeln abhacken.«
    Sie waren dann weitergezogen, in die Wälder hinein, zur Rollbahn zu, um irgendwo wieder auf eine deutsche Linie zu treffen. »Wir haben doch einige Reservestellungen!« hatte Faber gesagt und auf seiner Karte einen Weg eingezeichnet. »Irgendwo westlich muß doch die neue Linie sein … es ist doch unmöglich, daß hier ein Loch ist bis tief ins Hinterland hinein.«
    Es ist nicht unmöglich … es war eine Tatsache, die weder Faber begriff noch Major Willi Schneider, noch der General in Molodetschno, noch das Führerhauptquartier, das seinem wahnsinnigen Chef melden mußte: Mein Führer … die russische Offensive hat begonnen. Im Mittelabschnitt und nicht – wie Sie vermuteten – in der Südukraine. Die deutsche Front ist aufgerissen, die Heeresgruppe Mitte hat keine seitlichen Verbindungen mehr und besteht aus kleinen Gruppen, die sich – versprengt – heldenmütig zurückkämpfen. Und der ›Führer‹ tobte und schrie die Generäle an, sie seien unfähig und nicht wert, Geschichte zu machen!
    Durch die riesige Frontlücke an der Rollbahn schob sich die Stahlfaust der Sowjets und riß die deutsche Heeresgruppe auseinander.
    Nun hockten die zwölf Mann der 5. Kompanie neben der Rollbahn in einem Wald und teilten die letzten Lebensmittel. Drei Kilometer nördlich von ihnen wanderten Major Schneider, Leutnant Vogel, Stabsarzt Dr. Wensky und drei Überlebende durch die Wälder, während Kunze, Tamara und die beiden Gefreiten mit ihrem Verpflegungssack südlich Fabers auf dem Weg zum Dnjepr waren, wo sie neue Stellungen vermuteten.
    »Wieviel Munition haben wir noch?« fragte Faber, nachdem er die Verpflegung ausgegeben hatte.
    »Beschissen wenig.« Strakuweit warf sein zerkautes Holzstückchen weg. »Aber für uns alle reicht's noch.«
    »Reden Sie nicht solch einen Mist«, fuhr Faber den Obergefreiten an. »Wir werden irgendwo die nächste Truppe erreichen und geordnet zurückgehen.« Er schob die drei Munikästen heran, die neben ihm standen, und winkte zwei Landsern zu. »Ist das MG in Ordnung?«
    »Wie beim Appell vor Kunze, Herr Oberleutnant.«
    Strakuweit wölbte die Brust vor. »Wir haben sogar noch einen Ersatzlauf! Da staunt man, was? Ein gefährlicher Haufen, die 5. Kompanie! Zwölf Mann, ein MG 42 mit Ersatzlauf, drei Munikästen … Kerls, wenn wir damit nicht den Krieg gewinnen, sind wir nicht wert, Nachkommen Friedrichs des Großen zu sein.«
    Faber überhörte die Rede Strakuweits. Er wandte sich zu Leskau. »Handgranaten?«
    »Neunundzwanzig.«
    »Genug, eine Armee aufzuhalten«, sagte Strakuweit laut. Faber fuhr herum.
    »Halt deine dreckige Schnauze, Strakuweit! Ein Krüppel ohne Beine kann nicht schneller laufen, auch wenn du ihn dauernd in den Arsch trittst! Aber wir müssen es fertigkriegen … wir müssen durch die Russen und die Partisanen hindurch zu den eigenen neuen Linien! Oder willst du in Sibirien landen?«
    »Da landen wir eines Tages sowieso.«
    Faber erhob sich. Er stellte sich vor Strakuweit auf, der seinen Kopf einzog und auf den Boden blickte.
    »Hau ab!« sagte Oberleutnant Faber hart.
    Strakuweit schwieg und blieb sitzen. Er schielte zu Leskau hinüber und sah, daß dieser wegblickte. Scheiße, dachte er. Jetzt ist der Strakuweit wieder schuld. Immer der Strakuweit. Wenn wir den Krieg verlieren … wer ist schuld? Natürlich der Strakuweit!
    »Du sollst abhauen!« sagte Faber laut.
    »Wohin?«
    »Nach Sibirien!«
    Strakuweit erhob sich. Leskau sprang auf, um einzugreifen, falls etwas

Weitere Kostenlose Bücher