Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Rollbahn

Die Rollbahn

Titel: Die Rollbahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
Winter von Transuppen lebt.
    Die anderen kletterten in den Wagen. Faber hockte sich hinter Strakuweit. Leskau baute sein Maschinengewehr auf der oberen vorderen Kante auf … außerdem hatten sie noch die russischen Maschinenpistolen mit den riesigen Patronentrommeln und einige große Kästen voll Munition. Sogar einen der unvermeidlichen russischen Granatwerfer fanden sie im Wagen mit sieben Kisten Granaten.
    Strakuweit ließ den Wagen an. Er brüllte auf und zitterte in allen Fugen. Faber stieß Strakuweit die Faust in den Rücken. Erschreckt waren sie alle zusammengefahren. Grinsend wandte sich Strakuweit um.
    »Da ist Mumm drin, was?«
    »Kannst du nicht leiser fahren?« schrie Faber durch den Motorenlärm. Strakuweit hob die Schultern.
    »Die Amis haben keine leiseren Motoren gebaut. Außerdem fährt Iwan Stinkowitsch durch den Wald! Juchhu!« Er stellte die Scheinwerfer an, fuhr eine Runde um das niedergebrannte Feuer und die dunklen Körper der Russen und wandte sich dann von der Rollbahn weg durch eine Waldschneise nach Westen. Mit vollem Licht, singend fuhr Strakuweit durch die russischen Truppen und die Partisanen, die links und rechts der Rollbahn wie hungrige Wölfe die Wälder durchkämmten nach deutschen versprengten Landsern, die sie ohne Mitleid an die Bäume hängten, zu Tode folterten oder mit dem Gewehrkolben zusammenschlugen. Faber und Leskau klammerten sich an der Wagenwand fest.
    »Idiot!« schrie Leskau und behämmerte Strakuweits Rücken mit den Fäusten. »Mach die Scheinwerfer aus!«
    »Der Russe fährt nicht dunkel durch die Nacht. Wir haben den Krieg gewonnen, Brüderchen. Warum dunkel sein, Gospodin? Immer Licht, immer mit Licht … Mütterchen Rußland freut sich mit uns! Job twojemadj!«
    Faber tippte an seine Stirn. Er zuckte mit den Schultern und ließ Strakuweit gewähren. In etwa hatte er recht … ein Wagen ohne Scheinwerfer, der durch die Wälder jagt, ist den Partisanen verdächtig. Aber ein grell erleuchteter Wagen kann nur ein eigener sein! Und außerdem saßen ja vorn am Steuer zwei Russen, zwei Helden Stalins und der Nation.
    Sie fuhren frech und donnernd durch den Wald, vorbei an einem Lager, das plötzlich vor ihnen auftauchte. Es geschah so plötzlich, daß Strakuweit nicht mehr ausweichen oder sogar wenden konnte. Die anderen duckten sich hinter die Wagenwand und zogen die Köpfe ein … frech grinsend und sogar mit einer Hand winkend fuhr Strakuweit die Straße weiter hinunter, an den drei Lagerfeuern vorbei, um die dunkle, bärtige, verwegene Gestalten hockten, abgerissen, mit umgehängten Maschinenpistolen. Sie winkten Strakuweit zurück, sie riefen laut Urrrää und schwenkten einige Flaschen Wodka. Siegestaumel hatte sie erfaßt, Blutrausch, Freude des Wahnsinns … wir haben die Deutschen weggejagt! Wir haben Mütterchen Rußland von den westlichen Wanzen gesäubert, wir haben Ungeziefer vertilgt. Nun marschieren wir nach Westen … nach Orscha, nach Minsk, und weiter, immer weiter … nach Byalistok, nach Warschau, wo jeder Germanskij ein Sofa haben soll und einen Teppich, wo man in Porzellan scheißt und es mit einem Wasserstrahl wegspült, wo die Weiber so zart sind wie auf den Ikonenbildern die Heiligen und vor Angst vergehen. O Madonna von Kasan … dahin wollen wir! Das wird ein Leben! Mütterchen Rußland vom Eismeer bis zur Nordsee, von der Ostsee bis zum Schwarzen Meer … Europa ist Rußland … sagte es nicht der große Lenin?
    Und sie winkten Strakuweit zu, der auf das Gaspedal trat und weiterraste in die Wälder nach Westen.
    Bleich drehte sich Strakuweit um, als die Feuer hinter ihnen verschwunden waren.
    »Partisanen!« sagte er aufatmend. »Seht ihr nun, was so eine Dreckuniform wert ist? Wie sagte Vogel: ›Ihr grüßt – wenn ihr grüßt – nicht den Mann, sondern die Uniform des Führers!‹«
    »Fahr weiter, Idiot!« schrie der Gefreite Krahn. Er zitterte noch immer von dem Anblick der wilden Partisanengruppe und war bestrebt, einen möglichst großen Zwischenraum zwischen sich und den Russen zu gewinnen.
    Der schwere Wagen sprang wieder an und ratterte mit seinen Stahlraupen die enge Waldstraße hinab. Rechts neben ihnen zog sich die Rollbahn nach Orscha hin. In der Ferne dröhnte die Artillerie, blitzte es und war der Himmel von grellem Zucken übersät. Der Kampf um Orscha … der einmalige, verzweifelte Kampf einer Division um eine schmutzige russische Stadt, weil ein Mann befahl: Es muß gehalten werden! Ein Wahnsinniger, der befahl, weil

Weitere Kostenlose Bücher