Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Rollbahn

Die Rollbahn

Titel: Die Rollbahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
werde ihm schreiben, Inge.«
    »Du wirst immer schreiben, ja, Fritz? Jede freie Minute, hörst du … jede freie Stunde mußt du an mich denken … an uns denken … an das Morgen, an das Schöne, an unser Glück. Es wird einmal wahr sein …«
    Sie klammerte sich wieder an Leskau fest und küßte ihn mit einer Hingabe, die ihn zutiefst erschütterte. Wild, plötzlich von der Tatsache überwältigt, daß es ein Abschied war, der endgültig sein konnte, auch wenn man nicht daran denken wollte und sich zwang, das Schreckliche in sich zu bekämpfen, hing sie an seinem Hals und weinte. Lautlos rannen ihr die Tränen über das blasse Gesicht und liefen über seine Lippen.
    Wie salzig sie sind, dachte er ergriffen. So salzig. Er saugte sie mit seinen Lippen auf und war unendlich glücklich, einen Teil von ihr in sich zu haben, wenn es auch nur Tränen waren.
    »Einsteigen! Türen schließen! Urlaubsscheine zur Kontrolle bereithalten!«
    Ein Oberfeldwebel rannte den Zug entlang. Er schlug die Türen zu und schob den Riegelgriff hoch.
    »Scheiße!« sagte ein Landser am Fenster hinter Leskau. »Das viertemal! Ob die Kettenhunde jemanden suchen?«
    Leskau stieg die Stufen zur Abteiltür hinauf. Inge Hellwag reichte ihm den Holzkoffer hoch. Er schob ihn auf den Flur des Wagens und wandte sich wieder um. Im Abteil sangen sie wieder. »Auf der Heide blüht ein kleines Blümelein, und das heißt Eeeerika …«
    Inge streichelte Leskau noch einmal über das bleiche, eingefallene Gesicht, dieses harte, ernste männliche Gesicht, dem man an der Front die 24-jährige Jugend stahl.
    »Mach's gut, Fritz –«
    Sie nickte ihm tapfer unter Tränen lächelnd zu. Leskaus Atem wurde schwer, er umklammerte die kleinen Hände Inges und küßte sie noch einmal auf die blassen, zitternden Lippen.
    »Leb wohl, Inge.«
    »Nicht leb wohl! Auf Wiedersehen –«
    »Einsteigen!«
    Obergefreiter Theo Strakuweit warf seinen Tornister in das Abteil durchs Fenster, wo er von den anderen Landsern aufgefangen wurde. Dann folgte der pralle Brotbeutel mit den Blutwürsten und den Flaschen Bärenfang. »Achtung!« rief Strakuweit, als er den Beutel hinaufwarf. »Scharfe Munition für die Latrine!« Dann umfaßte er noch einmal sein Lottchen und sah sie mit seinen schwarzen Augen treuherzig an.
    »Bleibste mir auch treu, kleines Biest?« fragte er liebevoll. Er tätschelte die prallen Hüften Lottchens und überblickte noch einmal die strammen Rundungen der Brust, die sich unter dem dünnen Sommerkleidchen deutlich abzeichneten.
    Felderhof, dachte er genießerisch. Das Gut des Freiherrn v. Feldern. Wogende Ähren, ein schattiger Birkenwald mit vielen bunten Lupinen, ein Habicht, der über den Feldern kreist, und eine Sonne, die das Blut kocht.
    Sie lagen in den Lupinen unter den weißstämmigen, in der Sonne leuchtenden Birken und waren glücklich und müde. Er rauchte aus seiner Pfeife und betrachtete die Schenkel Lottchens, auf deren weißes Fleisch die Blätter der Birken bizarre Schatten warfen. »Wir werden uns vom gnädigen Herrn nach dem Krieg einen Hof pachten«, sagte er. »Dann sollen die anderen mal sehen, was der Strakuweit kann. Sonnenblumen werde ich pflanzen wie die Iwans … mein ganzes Land voll Sonnenblumen, und Öl daraus machen!« Und Lottchen hatte dazu genickt und war stolz auf ihren Theo gewesen.
    Der Oberfeldwebel der Feldgendarmerie kam zurück und bellte Strakuweit an. Er betrachtete noch immer Lottchens Rundungen und war nicht fähig, mit einem Sprung in den Wagen die Erinnerungen an die glücklichen Stunden wegzustoßen.
    »Einsteigen! Ihretwegen vertagen wir'n Krieg nicht!«
    »Das wäre zu gütig, Herr Oberfeld.«
    Der Oberfeldwebel überlegte, ob er etwas erwidern sollte. Aus den Fenstern brüllten die Landser vor Freude. Da rannte er weiter und trieb die noch auf dem Bahnsteig Stehenden in den Zug hinein wie eine Herde Schlachtvieh.
    Lottchen nestelte an Strakuweits Uniformknöpfen herum und gab sich Mühe, nicht zu weinen. Durch das Glasdach fiel der Schein der Sonne auf ihr blondes Haar. Er verfing sich in den Schnecken, zu denen sie es über den Ohren geflochten hatte.
    »Wann kommste wieder, Theo?« fragte sie zaghaft.
    Strakuweit grinste breit. »Sobald mich der Chef laufen läßt. Bis dahin mußte brav sein, Lottchen … Auch wennste Appetit hast – warte mit'n Essen, bis ich komme –«
    Er drückte Lottchen in einer Aufwallung von wilder Leidenschaft mit einem Ruck an sich und küßte sie stürmisch. Mit beiden Fäusten

Weitere Kostenlose Bücher