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Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition)

Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition)

Titel: Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hunter S. Thompson
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gefunden. Wohingegen mein Engagement für mich persönlich bedeutete, dass ich einen bis dahin bestehenden und sehr komfortablen Waffenstillstand ohne Not platzen ließ … und wenn ich zurückblicke, weiß ich auch nicht, was mich dabei geritten hat. Wahrscheinlich die Ereignisse in Chicago – jene Woche im August 68, wo sie uns echt das Hirn gefickt haben. Ich bin als Journalist zum Wahlparteitag der Demokraten gefahren und kam zurück als eine blutrünstige Bestie.
    Für mich war jene Woche in Chicago weit schlimmer als der schlimmste schlechte Trip, von dem ich auch nur gerüchteweise gehört hatte. Diese Woche hat meine Hirnchemie dauerhaft verändert, und mein erster neuer Gedanke – als ich mich wieder einigermaßen beruhigt hatte – war die absolute Überzeugung, dass von jetzt an die Möglichkeit endgültig dahin war, meinen persönlichen Frieden in einer Nation zu finden, die nicht nur in der Lage war, ein bösartiges Monster wie Chicago auszubrüten, sondern auch noch stolz darauf war. Plötzlich schien es dringend geboten, diejenigen am Wickel zu kriegen, die irgendwie an die Macht gerutscht waren und dieses Ding ausgelöst hatten.
    Aber wer waren die? War Bürgermeister Daley die Ursache oder ein Symptom? Lyndon Johnson war erledigt, Hubert Humph rey dem Untergang geweiht, McCarthy auf der Strecke geblieben und Kennedy tot. Und so blieb nur noch Nixon übrig; dieser aufgeblasene, künstliche kleine Furz, der demnächst unser Präsident sein würde. Ich bin nach Washington zu seiner Amtseinführung gefahren, in der Hoffnung, dass ein Sturm von Scheiße auf das Weiße Haus niedergehen und es in Schutt und Asche legen würde. Aber nichts passierte: kein Sturm der Entrüstung, keine Gerechtigkeit … und Nixon war endlich am Drücker.
    Daher war es möglicherweise das Gefühl drohenden Verderbens und Abscheu vor Politik im Allgemeinen, das mich dazu trieb, Wahlkampf für Edwards zu machen. Die wirklichen Gründe kamen später und erscheinen nach wie vor verschwommen. Man che Leute behaupten, Politik mache Spaß, und vielleicht ist es so, wenn man auf der Siegerstraße ist. Aber selbst dann ist es eine fiese Art von Vergnügen und eher mit dem Gefühl zu vergleichen, wenn eine Ladung Speed anfängt, richtig reinzuknallen. Es hat nichts Angenehmes oder Friedliches. Wirklicher Spaß heißt auf dem Gebiet der Politik, auf irgendeinen armen Teufel, der weiß, dass er in der Falle steckt und nicht entkommen kann, mit dem Hammer einzudreschen.
    Die Edwards-Kampagne war mehr ein Aufstand als eine Bewegung. Wir hatten nichts zu verlieren; wir waren eine Horde von Amateurmechanikern, die einen selbst gebastelten Rennwagen auf die Strecke von Indianapolis rollten und zuschauten, wie er an den ganzen Offenhausers vorbeirauschte. Es gab zwei unterschiedliche Phasen in der einen Monat dauernden Kampagne. Die ersten beiden Wochen veranstalteten wir eine Menge radikales Getöse, das unseren Freunden total peinlich war, und stellten fest, dass die meisten Leute, auf die wir gerechnet hatten, sich als absolut nutzlos erwiesen.
    Also war niemand wirklich bereit für die zweite Phase, als sich plötzlich wie von Geisterhand alles zusammenfügte. Unsere abend lichen Strategietreffen in der Jerome Bar waren plötzlich bevölkert von Leuten, die auch mitmischen wollten. Wir bekamen Spenden über fünf oder zehn Dollar von Leuten, die wir nicht mal kannten. Hatte uns anfangs lediglich Rob Kruegers win zige Dunkelkammer zur Verfügung gestanden und Bill Noonan wütende Versuche unternommen, genügend Geld aufzutreiben, um eine ganzseitige Anzeige in Bill Dunaways liberaler Aspen Times zu schalten, so stellte man uns mit einem Mal die Räumlichkeiten der »Center of the Eye«-Fotoschule zur Verfügung, und Steve Herron räumte uns (nachdem Dunaway auf die Bahamas geflohen war) unbegrenzten Kredit bei der zur Times gehörenden Radiostation ein – damals der einzigen in der Gegend. (Einige Monate nach der Wahl nahm ein weiterer Sender den Betrieb auf, der tagsüber das übliche Gedudel spielt und nachts mit einem Freak-Rock-Programm aufwartet, das keine Spur weniger hart ist als die Sender in S. F. oder L. A.) Da es keinen lokalen Fernsehsender gibt, war dies unser Äquivalent zu einer massiven Fernsehkampagne. Und sie stieß auf die gleichen abschätzigen Reaktionen, über die sich an beiden Küsten des Landes Senatskandidaten wie Ottinger (N. Y.) und Tunney (Kalif.) amüsieren.
    Der Vergleich ist rein technischer Natur. Die

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