Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition)

Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition)

Titel: Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hunter S. Thompson
Vom Netzwerk:
die Delfine im Wasser …
    Die Mädels sind jetzt nackt, ihr langes Haar flattert im Wind, und ihre parfümierten Nippel hüpfen im mattblauen Licht des Armaturenbretts, weiße Beine auf roten Ledersitzen. Eine von ihnen setzt mir gerade ein Glas Champagner an die Lippen, als wir vor einer Kurve nahe am Ozean langsamer werden und unser Heck gemächlich und elegant bei siebzig Meilen die Stunde ausbricht und wir mit einem grässlichen Reifenquietschen an Roxanne Pulitzers Haus vorbeischleudern und um Haaresbreite den Hintern eines schwarzen Porsches abrasiert hätten, der aus ihrer Einfahrt ragt.
    Die Lesben kreischen wie irre und bespritzen sich mit Champagner. Im Radio läuft »The Ballad of Claus von Bülow«, ein Song, den ich letztes Jahr zusammen mit Jimmy Buffet und James Brown geschrieben habe, und der mich jedes Mal um neun Cent reicher macht, wenn er im Radio gespielt wird, ob in Palm Beach oder sonst wo.
    Das ergibt eine Menge Geld, wenn meine Leute sich dranmachen, es zusammenzuzählen. Ich streiche 99 Cent am Tag allein aus Palm Beach ein und zehnmal so viel aus Miami. Die Einnahmen aus New York und L. A. sind so gigantisch, dass mein Buchhalter sich weigert, mit mir über Zahlen zu sprechen, und es meinem Agenten peinlich ist, wie reich ich bin.
    Mir aber nicht, Jack. Überhaupt nicht. Mir gefällt es, in Palm Beach reich und ausgeflippt zu sein und an einem rosaroten Sonntagmorgen in einem nagelneuen roten Chrysler Cabrio auf dem Weg zu einer Orgie zu sein, begleitet von zwei vergoldeten Bimbos, die sich für die anderen Autofahrer entblößen, während mein eigener Song aus dem Radio krächzt und sich die Palmen im frühen Morgenwind wiegen und die örtlichen Polizisten mich »Doc« nennen und sich nach meinem allgemeinen Gesundheitszustand erkundigen, wenn wir uns an roten Ampeln auf dem Boulevard unterhalten …
    Mit der Polizei gibt es in Palm Beach keine Probleme. Die Jungs gehören uns, und das wissen sie auch. Sie arbeiten für uns wie alle anderen Bediensteten auch, und den meisten von ihnen scheint es zu gefallen. Wenn uns in dieser Stadt das Benzin ausgeht, rufen wir die Polizei, und die bringen uns was, denn es nervt, wenn einem das Benzin ausgeht.
    Die Reichen haben ihre ganz speziellen Probleme, und kein Benzin mehr zu haben auf dem Weg zu einer Orgie um sechs Uhr an einem Sonntagmorgen ist eines davon. Darauf ist niemand scharf. Nicht mit nackten Frauen und säckeweise Kokain im Auto. Die Reichen lieben Musik, und wir wollen keine Unterbrechung.
    Im Miami wurde kürzlich ein Trooper der Staatspolizei verhaftet, weil er versucht hatte, eine betrunkene Frau am Highway zu ficken. Dafür wollte er alle ihr zur Last gelegten Verkehrsübertretungen vergessen. Dergleichen würde in Palm Beach nicht passieren. In dieser Stadt bewegen sich betrunkene Frauen frei und ungehindert, und sie verursachen auch jede Menge Probleme – aber eins brauchen sie gewiss nicht zu befürchten: die Gefahr, an den Straßenrand gewinkt und von bewaffneten weißen Proleten in Uniform begrabbelt zu werden. Viel bezahlen wir diesen Leuten nicht, aber wir zahlen pünktlich jede Woche, und wenn sie gelegentlich vergessen, wer in Wahrheit ihre Gehälter bezahlt, verfügen wir über Methoden, sie daran zu erinnern.
    Die gesamte Westküste Floridas ist bevölkert von Leuten, die aus verantwortungsvollen Jobs in Palm Beach gefeuert wurden, und nur deswegen, weil sie den Kern des Gesellschaftsvertrags nicht begriffen haben.
    Was uns zurück zu unserer Story bringt, ob wir nun wollen oder nicht: Nicht alle, denen es versagt blieb, den Kern des Gesellschaftsvertrags zu begreifen, sind auf alle Zeit an die Westküste verbannt worden. Manche von ihnen wohnen immer noch hier, und ab und zu verursachen sie Probleme, die dann weltweit Schlagzeilen machen.
    Der seltsame und schreckliche Fall der jungen Roxanne Pulitzer gehört dazu, und deswegen bin ich nach Palm Beach gekommen, denn ich spüre eine Verbindung mit diesen Menschen, die tief verwurzelt ist und stärker als Geld und Orgien und Drogen und Hexerei und Lesbierinnen und Whiskey und rote Chrysler Cabrios.
    Bestialität ist der Schlüssel dazu, denke ich. Ich habe Tiere schon immer geliebt. Sie sind anders als wir, und ihre Gehirne sind nicht so komplex, aber ihre Herzen sind rein, und gewöhnlich tragen sie kein Fett am Körper und werden dir auch niemals die Polizei auf den Hals schicken oder dich vor einen Richter zerren oder abhauen und sich mit deinem Geld verstecken

Weitere Kostenlose Bücher