Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition)
den Augen der Bediensteten und des Secret Service – ohne die geringsten Schuldgefühle und mit grenzenlosem Eifer begangen wurden.
Ganz normale Leute halt. Nicht anders als Sie und ich oder die Mitchell-Brüder. Und sie haben ja auch nie behauptet, anders zu sein, also wirklich. Einfach der Gute Alte Dutch [Ronald Reagans Spitzname als kleiner Junge; Anm. d. Ü.] und Wie-heißt-sie-noch-mal, die durchgedrehte kleine Sexpuppe, die (angeblich) ganz unverhohlen gackernd mit Frank Sinatra auf den Sofas in den nur spärlich beleuchteten Ecken von Fernsehstudios herumsaß, in denen sie regelmäßig auftauchte, um kurze Werbefilme für die Just-Say-No-Kampagne aufzunehmen.
Es war eine sehr wilde Nummer auf einer Überholspur, wo es sehr rasant zuging, und allein aufgrund der schieren Schwere des Kalibers hat sie meine Bewunderung. Es ist keine Kleinigkeit – zumindest nicht in manchen Kreisen –, Schlagzeilen zu machen, deren Schock-, Sex- und Ekelfaktor so hoch ist, dass er den neuen Kennedy/Palm-Beach-Vergewaltigungsfall von den Titelseiten der Boulevardblätter verdrängt … Das ist Stark … Das sind Charles-Manson-Regionen.
Denk daran: Auch Thomas Edison wurde ausgelacht. Und vergiss nicht, dass Deep Throat im gleichen Jahr ein Kassenhit war, in dem Nancy damit beschäftigt war, ihren nicht reinrassigen Hengst für das Wahre Derby auf Vordermann zu bringen, das größte Rennen von allen … und sie haben auch noch Gewonnen!!! Zweimal Hintereinander!!!
Also vergiss die Rezension, über die wir geredet haben. Das Buch ist nichts weiter als ein Scheißekübel voll alter Klatschgeschichten und schmieriger kleiner Anekdoten, die wir alle schon mal vor langer Zeit gelesen und auch damals nicht wirklich geglaubt haben … So sieht’s aus.
Und selbst wenn die ehemalige First Lady eine unersättliche Fellatio-fixierte Domina mit der Seele einer Fischreuse und dem Kleidergeschmack eines läufigen Huhns sein sollte – na und? Sie war zu ihrer Zeit die vermutlich höchstentwickelte und perfekteste Verkörperung des amerikanischen Traums in Aktion … und das ist wert, festgehalten zu werden. Manche Leute sind Geborene Gewinner und andere werden ausgespuckt wie Kaulquappen. Das ist alles, was ihr wisst, und alles was ihr wissen müsst – außer der Tatsache, dass Wiesel Englisch sprechen und Gott eine Königskobra ist, und wenn Kitty Kelly und Nancy Reagan das darstellen, worum es in Amerika heutzutage geht, dann gibt es ein Licht am Ende des Tunnels.
Im Gegensatz zu hier. Ich bin froh, dass ich dieses Buch endlich los bin. Es ist wie eine Dosis Äther als abhärtende Maßnahme für eine Montagnacht in einer Crackbude. Der Anblick allein lässt in mir Übelkeit und Schamgefühle aufsteigen. Dieses Machwerk zu lesen und zu glauben, dass es vielleicht Wahr sein könnte, wäre nichts anderes, als mich selbstgefällig in meinem persönlichen und beruflichen Bankrott zu suhlen.
Okay, das war’s so weit. Schick mir bloß nie wieder so ein Buch.
Danke
Hunter
Res ipsa loquitur.
Lachen im Dunkeln
Nachdem er eine geraume Zeit lang keine längeren Werke mehr verfasst hatte, sandte Hunter im Laufe des Jahres 1991 in unregelmäßigen Abständen immer wieder ellenlange Textpassagen – beziehungsweise »Seiten«, wie er es nannte, immer nur »Seiten« – per Fax an die Redaktion. Ich war in der glücklichen Position, diese Seiten am anderen Ende der Leitung in Empfang zu nehmen und sie dann in einem ritualisierten Akt meinem Chef Bob Love und den eventuell noch Anwesenden laut vorzulesen. Die Geschichte, die sich allmählich herauskristallisierte, war gleichzeitig einfach und komplex und ebenso hanebüchen wie verstörend: im Grunde ging es dabei um Hunter, der Zeuge eines Autounfalls in der Wüste von Nevada wird und feststellen muss, dass es sich bei dem Fahrer des Unfallwagens um Clarence Thomas handelt, über dessen Berufung an den Obersten Gerichtshof zum damaligen Zeitpunkt im Senat eine Anhörung stattfindet, während gleichzeitig Vorwürfe wegen sexueller Belästigung gegen ihn erhoben werden. Hunter und »der Richter« – der mit zwei Nutten unterwegs war – fliehen gemeinsam und sind den Rest der Geschichte in ein verqueres Katz-und-Maus-Spiel miteinander und mit dem Arm des Gesetzes verstrickt. Das, was schließlich zu »Elko« wurde, als eine Reportage über Clarence Thomas zu bezeichnen, wäre dennoch in etwa so, als würde man behaupten, der Beach-Boys-Song »Dont Worry Baby« sei ein Lied über
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