Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition)
nickte und ging erneut in Stellung.
Sein nächster Schuss traf in den Bauch und hinterließ hässliche rötliche Striemen auf seiner Handfläche. Nicole zuckte sichtlich hinter der Kamera zusammen, ich aber sagte ihr, die Sache mit dem Apfel sei nur ein Witz gewesen. Dann leerte William das Magazin und traf einmal in die Leistengegend und zweimal unterhalb des Herzens. Ich wollte ihm seine Hand schütteln, als er zurück zum Tisch humpelte, aber er zog sie weg und bat um etwas Eis für seine Hände. »Nun gut«, sagte er, »es ist ein sehr böses Gerät. Es gefällt mir.«
Ich legte das riesige silberne Ungetüm in die Box und reichte sie ihm. »Es ist deine«, sagte ich. »Du hast sie dir verdient.«
Das stimmte auch. William war ein Schütze. Er schoss so, wie er schrieb – mit enormer Präzision und ohne Angst. Er hätte an jenem Tag mit einer M-60 aus der Hüfte gefeuert, wenn ich eine dabeigehabt hätte. Er schoss mit allen Waffen und hatte vor nichts Angst.
Memo aus der innenpolitischen Redaktion: Noch mehr Ärger in Mr. Bills Nachbarschaft
19. März 1998
The devil made me do it the first time.
The second time I done it on my own.
– Waylon Jennings
So sieht es aus mit Politikern. Die schlimmsten unter ihnen sind unbarmherzige Raffzähne, und die besten sind nicht imstande, ihre eigenen Triebe zu kontrollieren. Spiro Agnew nahm braune Taschen voller Bargeld an sich, und Bill Clinton wird die Kindlein zu sich kommen lassen. Einige kommen für so etwas in den Knast oder werden dafür angeklagt, während andere als Hexenmeister einer neuen Zeit bejubelt werden oder als coole Schlitzohren mit unvorteilhaften persönlichen Neigungen. Das unschuldige Kind des einen ist die rabiate Nutte des anderen – und, wie immer bei einem Gefecht, ist eine ungesicherte Kanone auf dem eigenen Deck gefährlicher als sechs feindliche.
Willkommen in Mr. Bills Nachbarschaft, Leute. Mag sein, dass hier alle verrückt spielen, aber es ist nun mal unser Viertel. Wir mögen das alles – abgesehen von einer Handvoll Bedenkenträger und Sexnazis, die ohnehin nirgends glücklich werden. Die sind jetzt in der Minderheit, und ihr atavistisches Denken wird erneut einen schweren Schlag abbekommen. Sie verachten alle, die anders sind, aber was soll’s? Sie hassten auch Joey Buttafuoco, der ihnen zum Trotz ein Folk-Star und legendärer Sodomit wurde.
Ach, aber es geht ja hier nicht um Joey Buttafuoco. Nein, es ist die Rede von William Jefferson Clinton aus Hope, Arkansas, zweiundvierzigster Präsident der USA.
Wie wär’s mit einem rasanten Anstieg auf 73 Prozent in den Umfragen, mein Freund? – wo es vor dem Sexskandal nur 51 Prozent waren. Das ist ein ordentlicher Rums in der Wählergunst – dafür, dass der Präsident eine Versager und ziemlich abgehalftert ist, ohne Mehrheit in beiden Kongresshäusern und mit einer Reihe von juristischen Verfahren in Zusammenhang mit sexuellen Vorkommnissen; eingereicht von Frauen, die vielleicht oder vielleicht auch nicht behaupten, von einem Ungetüm verfolgt worden zu sein, das schlimmer sei als Hermann Göring oder sogar Benjamin Franklin.
73 Prozent ist eine große Nummer im Wahlkampf, mein Freund. Eine sehr große. Ich möchte wetten, dass nicht viele Mitglieder des Kongresses mit 73 Prozent der Stimmen gewählt wurden. Es ist ein Erdrutsch. Es ist der Sieg.
Auch Newt Gingrich hatte seinen Sieg. Erinnert sich noch jemand an die republikanische Revolution von 1994? Inzwischen handelt es sich bei denen, die diese noch anerkennen, um Bullen, Priester und Kriecher, die im Dunstkreis der Klan-Demos abhängen und Charlton Heston anbeten. Und im November sieht Gingrich einem kompletten Verlust der persönlichen und politischen Macht entgegen, wo sich das Jahr 2000 auf uns herabsenkt. Die Dinge passieren in den Neunzigern immer schneller.
Und der Unterschied von Sieg und Niederlage ist immens. Man muss sich nur klarmachen, was mit den idiotischen Dreckskerlen passiert ist, die Richard Jewell beschuldigten, der »verrückte Bomber« bei den Olympischen Spielen 1996 in Atlanta gewesen zu sein. Sie versanken vor Scham im Boden, wurden gedemütigt und für ihre Fahrlässigkeit in Stücke gerissen. Es gibt Menschen, die solche Warnungen ernst nehmen. Ich jedenfalls gehöre dazu. Die Revolution der Unzucht wird kommen; das ist die Botschaft, und Bill Clinton ist nur einer ihrer Überbringer. Egal was William Bennett dazu zu sagen hat. Jeder, der einen Bestseller mit dem Titel Das Buch der
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