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Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition)

Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition)

Titel: Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hunter S. Thompson
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Gedanken an den aufkommenden Sturm abzulenken, indem sie fieberhaft an ihren Projekten arbeiten.
    Als ich Flug neulich abends im Büro anrief, war er noch damit beschäftigt, die Bestätigung von Earl Butz als Nixons neuer Land wirtschaftsminister durch den Senat zu verhindern.
    »Scheiß auf Butz«, sagte ich. »Und Rehnquist? Wollen die tatsächlich so ein Schwein in den Obersten Gerichtshof berufen?«
    »Sie haben die Stimmen dafür«, erwiderte er.
    »Jesus«, murrte ich. »Und ist er wirklich so mies und verkommen, wie man hört?«
    »Schlimmer«, sagte Flug. »Aber ich glaub, er ist drin. Wir haben es versucht, aber wir kriegen die nötigen Stimmen nicht zusammen.«
    Ihr neuer Oberster Gerichtshof
    Jim Flug und ich sind keine langjährigen und engen Freunde. Ich lernte ihn vor ein paar Jahren kennen, als ich nach Washington gereist war, um aufwendige Recherchen für einen Artikel über unsere Waffenkontrollgesetze anzustellen, der im Esquire erscheinen sollte, es aber nie tat, weil die Redakteure und ich in heftige Wortgefechte darüber gerieten, wie man meine »Endfassung« von 30000 Wörtern so kürzen könnte, dass sie ins Magazin passte.
    Flug hatte keine Mühen gescheut, mir bei meinen Recherchen zu helfen. Wir unterhielten uns in der miefigen Cafeteria des Old Senate Office Building, wo wir in Tuchfühlung mit Senator Roman Hruska, dem Staatsmann aus Nebraska, und diversen anderen hohen Tieren gerieten, an deren Namen ich mich nicht mehr erinnern kann.
    Wir ließen uns in der Schlange vorantreiben und trugen schließ lich unsere Tabletts mit Thunfisch-Sandwichs in Zellophan und Kaffee in Styroporbechern zu einem kleinen Resopaltisch. Flug sprach von den Problemen, die er mit dem Entwurf des Waffengesetzes hatte – er wollte es so abfassen, dass es eventuell im Senat durchgebracht werden konnte. Ich hörte ihm zu und warf dabei immer mal wieder einen Blick hinüber zur Selbstbedienungstheke, weil ich irgendwie damit rechnete, jemanden wie Robert Kennedy sich mit seinem Tablett durch die Schlange drängeln zu sehen … bis mir plötzlich einfiel, dass Robert Kennedy ja schon tot war.
    Indessen skizzierte Flug jeden erdenklichen Aspekt der Auseinandersetzung um das Waffengesetz mit der kreissägenscharfen Präzision eines Strafverteidigers. Er war total bei der Sache, vornübergebeugt auf seinem Stuhl, in seinem blauen Nadelstreifenzug mit Weste und in seinen ochsenblutfarbenen Schuhen aus Cordovanleder – ein ungefähr dreißig Jahre alter, dunkelhaariger kleiner Mann mit intelligenten Augen, der gnadenlos jedes Argument, das die National Rifle Association je gegen Bundeswaffengesetze ins Spiel gebracht hatte, in der Luft zu zerreißen wusste. Als ich später erfuhr, dass er tatsächlich Anwalt war, nahm ich mir vor, mich unter keinen Umständen mit jemandem wie Flug vor Gericht anzulegen … und deswegen achtete ich darauf, ihm niemals, auch nicht zum Spaß, von meinem .44er-Magnum-Fetisch zu erzählen.
    Nach dem Lunch gingen wir zurück in sein Büro, und er versorgte mich mit einer Armladung von Infoblättern und Statistiken, um seine Argumente zu belegen. Dann verabschiedete ich mich, sehr beeindruckt von Flugs leidenschaftlichem Engagement – und es überraschte mich nicht, als ich ein Jahr später hörte, dass er als treibende Kraft hinter der scheinbar nicht durch zusetzenden Anfechtung von Carswells Nominierung für den Obersten Gerichtshof gesteckt hatte und dabei einen der eindrucksvollsten und überraschendsten politischen Erfolge errang, seit McCarthy 1968 Lyndon auf seine Ranch zurückgeschickt hatte.
    Nachdem Judge Haynesworth vom Senat abgelehnt worden war, hatte man Carswell als todsicheren Gewinner gesehen … aber ein harter Kern von Senatsmitarbeitern, angeführt von Flug und Birch Bayhs Assistenten, hatte es geschafft, auch Carswell abzuschießen.
    Jetzt, da Nixon versuchte, zwei weitere Stellen am Gerichtshof zu besetzen, gab es Flug zufolge absolut keine Chance, auch nur einen von beiden Kandidaten auszuhebeln.
    »Nicht mal Rehnquist?«, fragte ich. »Jesus, das ist doch, als würde Lyndon Johnson versuchen, Bobby Baker in den Gerichtshof zu berufen.«
    »Ich weiß«, sagte Flug. »Wenn Sie das nächste Mal vorhaben, einen Fall zur Berufung vor den Obersten Gerichtshof zu bringen, denken Sie dran, wer da oben sitzt.«
    »Sie meinen, da unten «, sagte ich. »Zusammen mit dem ganzen Rest von uns.« Ich lachte. »Na ja, uns bleibt ja immer noch unser Smack …«
    Flug lachte nicht.

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