Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition)
rühriger Organisationen in Washington, die in diesen Tagen behaupten, für die »Jungwähler« zu sprechen, ist die einzige mit echter Power die National Association of Student Governments. Diese hat vor Kurzem – nachdem sie im vergangenen Monat eine »Notkonferenz für Erstwähler« in Chicago organisiert hatte – ihre Führungsmannschaft wieder zurück nach D. C. gebracht und eine Pressekonferenz ins Old Senate Office Building einberufen, um die Gründung eines »National Youth Caucus« bekannt zu geben.
Nach Aussage des 26-jährigen Duane Draper – des wichtigsten Organisators – sollen studentische Aktivisten in jedem Bundesstaat auf lokaler Ebene eingesetzt werden, wo sie eventuell Einfluss auf die Tendenz der Wahl von 1972 nehmen können. Die Pressekonferenz war gut besucht. Edward P. Morgan von PBS war dort, in einem eleganten englischen Trenchcoat und einen Regenschirm schwingend, die New York Times hatte eine weibliche Korrespondentin geschickt, die Washington Post wurde von einem Mensch gewordenen Bleistift vertreten, und der Rest der nationalen Presse hatte dieselben Leute ausgesandt, die man zu allem anderen schickt, was offiziell in dieser elenden Senkgrube von Stadt geschieht.
Wie immer standen oder saßen die »Printleute« schüchtern in einem Halbkreis hinter den Kameras der TV-Networks, während Draper und sein Mentor, Senator Fred Harris aus Oklahoma, gemeinsam vorne am Tisch Platz genommen hatten und erklärten, dass der Erfolg der Zusammenkunft in Chicago den »Jungwählern« einen fliegenden Start beschert habe. Harris sagte nicht viel, sondern saß nur da und sah aus wie Johnny Cash, während Draper, ehemaliger Studentenpräsident der Universität von Oklahoma, den abgestumpften Pressevertretern bedeutete, dass die »Jungwähler« zu einem wichtigen und vielleicht entscheidenden Faktor der diesjährigen Wahl werden würden.
Ich kam ungefähr zehn Minuten zu spät, und als Fragen gestellt werden durften, fragte ich dasselbe, was ich schon von Allard Lowenstein bei einer ähnlichen Pressekonferenz in Chicago hatte wissen wollen: Würde der Youth Caucus Hubert Humphrey unterstützen, sollte er von den Demokraten nominiert werden?
Lowenstein hatte in Chicago eine Antwort verweigert und nur gesagt: »Darüber reden wir erst, wenn es so weit ist.« Aber in Washington sagte Draper: »Ja«, die Jungwähler würden sich hinter Hubert stellen – »wenn er die richtigen Positionen vertritt«.
»Und was ist mit Jackson?«, fragte ich.
Das verursachte eine Pause … aber schließlich erwiderte Draper, dass der National Youth Caucus auch Jackson unterstützen würde, »wenn er einlenkt«.
»In welcher Beziehung?«, fragte ich. Inzwischen kam ich mir sehr nackt und auffällig vor. Meine Klamotten und die Art, wie ich mich aufführte, dürften nicht so ganz den Washingtoner Gepflogenheiten entsprochen haben. Levi’s-Jeans entsprechen nicht wirklich dem Dresscode in dieser Stadt, und wenn man darin auftaucht, halten sie einen entweder für einen Dienstboten oder einen Kurier. Das trifft besonders auf Pressekonferenzen hohen Niveaus zu, wo jede Abweichung vom Standard journalistischer Kleidung als grob ungehörig oder möglicherweise gar gefährlich angesehen wird.
In Washington kleiden sich Journalisten wie Bankbeamte – und diejenigen, die es nicht tun, kriegen Probleme. Mister Nixons Pressebetreuer zum Beispiel haben mir auf beunruhigende Weise klargemacht, dass ich keine Presseakkreditierung bekommen würde. Bei meinem ersten Anruf sagte man mir, man habe noch nie vom Rolling Stone gehört. »Rolling was?«, fragte die Frau.
»Sie sollten am besten jemanden fragen, der etwas jünger ist«, sagte ich.
»Vielen Dank«, zischte sie. »Das werde ich.« Aber das nächste Hindernis war der stellvertretende Pressesprecher des Weißen Hauses, eine gesichtslose Stimme namens Gerald Warren, der sagte, der Rolling Wasauchimmer hätte keinen Anspruch auf eine Akkreditierung fürs Weiße Haus – trotz der Tatsache, dass solche Papiere in der Vergangenheit ohne die geringsten Probleme für allerlei seltsame und obskure Publikationen ausgestellt worden waren, darunter Studentenzeitungen wie die Hatchet der George Washington University. Die einzigen Menschen, die ernsthaft an den Wahlen 1972 interessiert scheinen, sind die Beteiligten – die diversen Kandidaten, die bezahlten Angehörigen ihrer Stäbe, die Heerscharen von Journalisten, Kameraleuten & sonstigen Medienwühlern, die den größten Teil des
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