Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition)
Jahres damit verbringen werden, sich bei der Kampagne einzuklinken … und natürlich alle Sponsoren, in der Neusprache der Politik »fat cats« genannt, die mindestens für die nächsten vier Jahre mit einen mächtigen Reibach rechnen dürfen, wenn sie es schaffen, ihren Kandidaten um Haaresbreite vor den anderen über die Ziellinie zu bugsieren.
Die Aktivitäten der fat cats sind immer noch ein sehr dramatischer Aspekt eines Präsidentschaftswahlkampfs, aber auch bei deren buntem Treiben versickert allmählich die Spannung – hauptsächlich deswegen, weil die meisten der wahren Schwergewichte unter den fat cats schon vor einigen Jahren auf den Trichter gekommen sind, dass sie sich am besten aus der ganzen Chose rauswinden und zudem die böse Bürde loswerden können, etwa mit einem lausigen Verlierer den Bach runterzugehen … indem sie zwei Kandidaten »helfen« statt nur einem.
Ein gutes Beispiel dafür dürfte 1972 Mrs. Rella Factor werden – Exgattin von »Jake the Barber« und 1968 größte Einzelspenderin für Hubert Humphreys Wahlkampf. Damals dürfte sich ihr Investment nicht sonderlich gelohnt haben. Aber in diesem Jahr kann sie sich mit der neuen Methode zum selben Preis die uneingeschränkte Freundschaft von zwei, drei oder sogar vier Präsidentschaftskandidaten einkaufen … indem sie so diskret wie möglich den Kuchen aufteilt zwischen Hubert, Nixon und vielleicht – nur so aus Spaß an der Freude – auch ein Stück für Gene McCarthy lässt, der diesmal anscheinend eine echt irre Kampagne anschiebt.
Ich hege eine eigenartige Zuneigung für McCarthy; nichts Ernstes oder Persönliches, aber ich kann mich erinnern, dass ich im Februar 1968 mit ihm im Schnee vor dem Ausgang einer Schuhfabrik in Manchester, New Hampshire, stand, als die Fünf-Uhr-Sirene schrillte, und er mitten zwischen all den Arbeitern Aufstellung nehmen musste, die zum Parkplatz hasteten. Ich werde nie McCarthys gequälten Gesichtsausdruck vergessen, wie er mit ausgestreckter Hand dort stand und immer wieder sagte: »Schütteln Sie Senator McCarthy die Hand … schütteln Sie Senator McCarthy die Hand … schütteln Sie Senator McCarthy die Hand …«, ein gefrorenes Plastiklächeln auf den Lippen und nervös auf jeden zugehend, der auch nur ein wenig freundlich wirkte. »Schütteln Sie Senator McCarthy die Hand« … aber die meisten ignorierten ihn, übersahen betont seine ausgestreckte Hand und eilten mit starr nach vorn gerichtetem Blick zu ihren Autos.
Mindestens eine Network-Kamera lief an jenem Nachmittag mit, aber gesendet wurden diese Bilder nie. Allein dabei zu sein war schmerzlich genug, aber die Szene landesweit im Fernsehen auszustrahlen wäre die pure Grausamkeit gewesen. Dass McCarthy litt, war nicht zu übersehen – doch das tat er weniger deswegen, weil neun von zehn Menschen sich weigerten, ihm die Hand zu schütteln, sondern weil er es hasste, überhaupt dort auftreten zu müssen. Aber seine Wahlkampfmanager hatten ihm gesagt, dass es notwendig sei, und vielleicht war es das auch …
Als später sein verblüffender Erfolg in New Hampshire den geschockten Johnson in den Ruhestand trieb, rechnete ich fast damit, dass auch McCarthy das Rennen aufgeben würde, statt den ganzen Weg bis nach Chicago zu leiden (wie Castro in Kuba – nachdem Batista geflohen war) … und Gott allein weiß, welche rachsüchtige Energie ihn diesmal antreibt, aber eine Menge Leute, die sagten, er hätte nicht mehr alle Tassen im Schrank, als er das erste Mal andeutete, eventuell 1972 wieder ins Rennen zu gehen, nehmen ihn allmählich ernst: nicht als demokratischen Herausforderer, sondern als einen zunehmend in Betracht kommenden Kandidaten einer vierten Partei, der die Macht besäße, einen Kandidaten wie Muskie zwischen August und November in ein fürchterliches Wechselbad zu stürzen.
Für Larry O’Brien, den Vorsitzenden der Demokraten, muss eine McCarthy-Kandidatur 1972 ein schlimmes Schreckgespenst sein, so als würde er den Hund von Baskerville jeden Abend draußen auf der Terrasse schnüffeln und pissen hören. Ein linksgerichteter Kandidat einer vierten Partei, der noch die eine oder andere Rechnung zu begleichen hat, könnte entweder Muskie oder Humphrey hinreichend linke/radikale Stimmen rauben, um die Nominierung bei den Demokraten für den einen wie den anderen so gut wie wertlos zu machen.
Niemand scheint zu wissen, was McCarthy dieses Jahr im Sinn hat, aber die Möglichkeiten sind beunruhigend, und jeder, der gemeint
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