Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition)
Magazin-Stories über die Hell’s Angels (erschienen in True ). Wenn du ihn siehst, richte ihm Grüße von mir aus.
Brief von JSW an HST
16. April 1970
Hunter S. Thompson
Owl Farm
Woody Creek, Colorado
Lieber Hunter
Danke für deinen Brief. Wenn es um etwas geht, das in den Rolling Stone passen würde: Wie wäre es mit einem Bericht über deine Kandidatur für das Amt des Sheriffs? Würde doch prima passen.
Wall Poster hat mich umgehauen. Was Vertriebe angeht, kann ich dir leider nicht weiterhelfen, aber ich denke, du könntest jede Menge Exemplare zum Stückpreis von 25 Cent loswerden und sie einfach per Post verschicken. Falls du dich dazu entschließen solltest, können wir in der Rubrik Vermischtes einen entsprechenden Hinweis schalten.
Beigefügt sind die ersten beiden Ausgaben von Earth Times . Ich hätte wirklich gerne einen Artikel über deine Kandidatur zum Sheriff. Das Ganze klingt fantastisch, wie wäre es mit einem Bericht aus der Sicht des Akteurs mit jeder Menge allgemeiner Informationen über Aspen und Details über die Szene dort. Ich denke an etwa 2500 Wörter Umfang. Wie wäre das?
Beste Grüße
Jann Wenner
PS. Chuck Alverson ist im Augenblick im Mittelmeerraum unterwegs, wo er für uns eine Reportage über die Schmuggelrouten für Haschisch schreibt. Er wird im August wieder in San Francisco sein und würde sich vermutlich freuen, dich zu sehen.
Brief von HST an JSW
23. April ’70
Owl Farm
Woody Creek, Colorado
Lieber Jann …
O. K. … kommen wir als Erstes zu den kritischen Punkten, betreffend den Artikel über meine Kandidatur zum Sheriff als auch was die 25-Cent- Wall-Posters angeht.
Erstens: Ich habe im letzten R.S. das Foto/die Meldung über den Typen gesehen, der in Virginia City als Sheriff kandidiert. Hört sich ganz gut an, ist aber mit der Situation hier nicht annähernd zu vergleichen. Die Szene hier ist ziemlich düster … die Gegner, mit denen wir es zu tun haben, sind ein anderes Kaliber, z. B. die 1st National Bank of NY, die »First Boston« und die Aspen Ski Corp. – mit Direktoren wie Rbt. McNamara, Paul Nitze & anderen Schwergewichten aus Washington. Was wir hier versuchen, ist – nachdem wir die Bürgermeisterwahl letzten November mit gerade mal sechs (6) Stimmen Rückstand verloren haben –, die Kontrolle über das zu bekommen, was unsere Gegner als eine ertragreiche Goldmine betrachten. Und das zu Recht. Die Vorstellung, dass ein 29 Jahre alter Motorradrennfahrer letzten Herbst um ein Haar Bürgermeister von Aspen geworden wäre, hat den Geldsäcken den Arsch so auf Grundeis gehen lassen, dass sie jetzt probieren, eine Gemeindeordnung durchzuboxen, die nicht nur die meisten »unserer« Wähler von der Wahl ausschließen, sondern auch verhindern soll, dass ein Großteil »unserer« Kandidaten zur Wahl antreten darf. Also müssen wir schnellstens eine Kampagne gegen diese neue Gemeindeordnung starten, über die im Juni abgestimmt wird (Ja oder Nein). Wenn wir damit Erfolg haben, glaube ich, dass wir bis November einen verdammten Erdrutsch auslösen können – nicht nur was das Amt des Sheriffs angeht, sondern auch bei der noch entscheidenderen Wahl des County Commissioner. Und außerdem bei dem Bürgerentscheid über die Umbenennung von Aspen in Fat City. Damit hätten wir die Drecksäcke am Arsch und die De-facto-Kontrolle über den ganzen Bezirk. *
* Wir haben gerade in der Innenstadt ein Büro gemietet – ein Blockhaus mit riesigen Fenstern.
Also, ich denke, du verstehst die Problemlage – sowohl was das Timing als auch was die Bedeutung des Ganzen angeht. Meine Kandidatur zum Sheriff ist nur ein kleiner Teil einer Gesamtstrategie, die so was wie die Machtübernahme durch Freak Power darstellt. Das Ganze fing letzten November an und wird sich bis November ’70 hinziehen. Daher solltest du dir Gedanken über den geeigneten Zeitpunkt für einen Artikel machen; mir persönlich wäre irgendwann im Sommer, beispielsweise August, ganz recht, denn dann müsste die Sache schön am Rollen sein. Ich kann aber auch warten, bis alles vorbei ist … obwohl es nicht ausgeschlossen ist, dass ich dann, falls ich verliere, mich irgendwo zusammen mit Chuck Alverson in der Welt herumtreibe. Wenn ich mich ernsthaft um das Amt des Sheriffs bemühe, habe ich nur zwei Alternativen: zu gewinnen oder mich zu verpissen. So ist das hier Tradition – und in meinem Fall ganz besonders. Letzten Sommer gab es hier heftige Gewaltausbrüche, und so wie’s aussieht, wird es
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