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Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition)

Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition)

Titel: Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hunter S. Thompson
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Pressemarke gesehen, die er trug, und schon bald hatte es sich bis zu Muskies Wagen rumgesprochen, dass ein Rüpel namens Hunter Thompson von irgend ’nem Blatt namens Rolling Stone dabei war, den Zug auseinanderzunehmen. Sie wollten dir Rosey Grier auf den Hals schicken, aber Dick Stewart [Muskies Pressesprecher] sagte, es würde keinen guten Eindruck machen, wenn ein 150 Kilo schwerer Leibwächter im Wahlkampfzug Journalisten prügelte.«
    »Das ist typisch für Muskies Leute«, sagte ich. »Die haben doch schon alles andere vermasselt – wieso denn davor zurückschrecken, einen Reporter zu vermöbeln?«
    Er lachte. »Jedenfalls ging das Gerücht, dass Sie eine Menge LSD eingeworfen hätten – und sich nicht mehr unter Kontrolle hätten.«
    »Was? Reden Sie etwa von mir ?«, fuhr ich ihn an. »Ich war doch gar nicht in dem gottverfluchten Zug. Die Muskie-Typen haben mich absichtlich in West Palm Beach nicht geweckt. Ihnen hatte meine Haltung am Tag zuvor nicht gefallen. Mein Freund von der Zeitung der University of Florida hat selbst gehört, wie sie in der Lobby darüber sprachen, als sie die Liste der Pressevertreter durchgingen und alle anderen weckten.«
    »Ja, davon hab ich auch läuten gehört«, sagte er. »Jemand meinte, Sie seien sehr negativ.«
    »War ich ja auch«, sagte ich. »Schließlich handelte es sich um eine der beschämendsten politischen Erfahrungen, denen ich je ausgesetzt war.«
    »So was haben Muskies Leute auch über Ihren Freund gesagt«, erwiderte er. »Reporter zu beschimpfen, ist eine Sache – Mann, das sind wir gewohnt –, aber auf halber Strecke nach Miami hab ich mitgekriegt, wie er einfach über den Tresen gelangt und sich eine ganze Flasche Gin vom Regal gegriffen hat. Dann ist er von Wagen zu Wagen gewandert, soff aus der Flasche und ist auf die armen Mädels losgegangen. Da wurde es echt schlimm.«
    »Auf welche Mädels?«, fragte ich.
    »Die in den winzigen rot-weiß-blauen Hotpants«, antwortete er. »All diese sogenannten freiwilligen ›Muskie-Mädels‹ vom Jacksonville Junior College oder wo auch immer …«
    »Sie meinen die Bardamen? Die mit den Strohhüten?«
    »Genau«, sagte er. »Die Cheerleader. Also, die sind total hysterisch geworden, als Ihr Freund anfing, sie zu begrapschen. Immer wenn er einen Wagen betrat, sind die Mädels auf der anderen Seite rausgerannt. Aber ab und zu hat er es geschafft, eine von ihnen am Arm oder am Bein festzuhalten, und dann hat er so Zeug gebrüllt wie: ›Hab ich dich endlich erwischt, du hübsches kleines Ding! Komm her und setz dich auf Papas Gesicht!‹«
    »Herr im Himmel!«, sagte ich. »Warum hat man ihn nicht aus dem Zug geworfen?«
    »Wie denn? Man stoppt keinen gemieteten Amtrak-Zug auf der Hauptstrecke, nur weil ein Passagier betrunken ist. Was wäre los gewesen, wenn Muskie den Zug hätte anhalten lassen, und ein Güterzug uns gerammt hätte? Kein Präsidentschaftskandidat kann so ein Risiko eingehen.«
    Ich sah die Schlagzeilen aller Zeitungen von Key West bis Seattle vor mir:
    MUSKIES WAHLKAMPFZUG VERUNGLÜCKT:
    34 TOTE
    KANDIDAT DER DEMOKRATEN MACHT
    »IRREN JOURNALISTEN« VERANTWORTLICH
    »Jedenfalls«, sagte er, »waren wir schon reichlich spät dran für die große Kundgebung am Bahnhof in Miami – und deswegen hielten Muskies Leute es für klüger, den Irren zu ertragen, als in einem Zug voller gelangweilter Reporter eine Szene zu machen und mit physischer Gewalt vorzugehen. Mann, der Zug war voll besetzt mit TV-Typen von den großen Sendern, die schon lange moserten, dass Muskie nichts Sendenswertes brachte …« Er lachte. »Scheiße, wir alle hätten auf eine richtige Schlägerei im Zug gestanden. Ich persönlich langweilte mich schon zu Tode. Auf der ganzen Tour hatte ich nicht eine einzige zitierenswerte Aussage bekommen.« Er lachte wieder. »Ehrlich gesagt, Muskie hatte den Typen verdient . Es war natürlich der totale Albtraum, mit ihm zusammen in einem Zug zu stecken, aber wenigstens war er nicht langweilig. Niemand ist mehr eingenickt wie noch am Freitag. Dem Trunkenbold zu entkommen war unmöglich. Man konnte nur in Bewegung bleiben und hoffen, dass er einen nicht zu fassen bekam.«
    In Grundzügen hatten Washington Star und Women’s Wear Daily dieselbe Story zu berichten: Ein total außer Rand und Band geratener Mann hatte den Zug mithilfe eines falschen Presseausweises in West Palm Beach bestiegen und war sogleich im Salonwagen Amok gelaufen – hatte »diverse Schlägereien« angezettelt und

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