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Die Romanow-Prophezeiung

Die Romanow-Prophezeiung

Titel: Die Romanow-Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: berry
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Abmachung wissen. Den Namen teile ich Ihnen demnächst mit.«
    20
    Moskau, 17.40 Uhr
     
    Der Regen hörte gerade in dem Augenblick auf, als Lord aus der Metrostation trat. Der Zwetnoi-Bulwar war noch feucht von den heftigen Regengüssen, die Luft merklich kühler, und ein eiskalter Nebel hing über der Stadt. Lord trug noch immer keinen Mantel und wirkte im Gedränge der in Wolle und Pelz gehüllten Passanten reichlich seltsam. Er war froh, dass es mittlerweile dunkel war. Die Nacht und der Nebel würden ihm helfen, sich zu verbergen.
    Er folgte einer Menschenmenge zum Theater auf der anderen Straßenseite. Der Moskauer Zirkus war, wie er wusste, bei Touristen sehr beliebt und galt noch immer als einer der besten der Welt. Auch Lord war vor Jahren einmal da gewesen, um sich die Tanzbären und die dressierten Hunde anzusehen.
    Bis zum Beginn der Vorstellung blieben ihm noch zwanzig Minuten. Vielleicht gelang es ihm ja in der Pause, Akilina Petrowa in ihrer Garderobe eine Botschaft zu übermitteln. Und falls nicht, würde er sie eben später aufsuchen. Er hoffte, mit ihrer Hilfe Kontakt zur amerikanischen Botschaft aufnehmen zu können. Eventuell konnte sie sogar für ihn ins Wolchow gehen und mit Taylor Hayes sprechen. Bestimmt hatte sie eine Wohnung, in der er in der Zwischenzeit sicher war.
    Das Theater lag fünfzig Meter weiter auf der anderen Straßenseite. Er wollte gerade die Straße überqueren und auf den Kartenverkauf zugehen, als eine Stimme hinter ihm »Stoi!« rief. Stehen bleiben.
    Er lief weiter.
    Wieder ertönte die Stimme: »Stoi!«
    Er warf einen Blick über die linke Schulter und sah einen Polizisten. Der Mann drängte sich mit erhobenem Arm durch die Menge, den Blick starr nach vorn gerichtet. Lord lief schneller und überquerte hastig die verstopfte Straße, bevor er sich auf der anderen Seite in der dichten Menschenmenge verlor. Ein Touristenbus spie seine Passagiere aus, und Lord schloss sich einer langen Prozession von Japanern an, die auf dem Weg ins hell erleuchtete Theater waren. Bei einem weiteren Blick zurück konnte er den Polizisten nicht mehr entdecken.
    Vielleicht hatte er sich ja nur eingebildet, dass der Mann hinter ihm her war.
    Mit gesenktem Kopf folgte er der lärmenden Menge. Am Kartenschalter zahlte er seine zehn Rubel, und dann ging er hinein in der Hoffnung, Akilina Petrowa dort zu finden.
     
    Akilina schlüpfte in ihr Kostüm. Die Gemeinschaftsumkleide war wie ein Ameisenhaufen, in dem ständig Künstler ein und aus gingen. Den Luxus eines eigenen Umkleideraums kannte hier keiner. So etwas hatte sie nur in amerikanischen Filmen gesehen, in denen das Zirkusleben weitaus romantischer dargestellt wurde, als es in Wirklichkeit war.
    Sie war müde, nachdem sie in der Nacht zuvor wenig Schlaf abbekommen hatte. Die Fahrt von St. Petersburg nach Moskau war für sie äußerst interessant gewesen, und den ganzen Tag lang hatte sie über Miles Lord nachgedacht. Sie hatte ihm die Wahrheit erzählt. Er war der erste Schwarze, den sie je in diesem Zug getroffen hatte. Und sie hatte keine Angst vor ihm gehabt. Vielleicht hatte seine Angst ja irgendwie entwaffnend gewirkt.
    Keines der Vorurteile, die man so über Schwarze hatte, schien auf Lord zu passen. Seine Haut erinnerte sie an den rostfarbenen Fluss Woina, den sie von Besuchen im Dorf ihrer Großmutter kannte. Sein braunes Haar war kurz geschnitten und gepflegt, sein Körper kompakt und sehnig. Sein Auftreten war förmlich, aber freundlich, die tiefe, kehlige Stimme ausgesprochen einprägsam. Ihre Einladung, die Nacht in ihrem Abteil zu verbringen, hatte ihn anscheinend sehr überrascht; vielleicht war er eine solche Offenheit bei Frauen nicht gewohnt. Auf jeden Fall fand sie ihn äußerst interessant.
    Als sie aus dem Zug gestiegen war, hatte sie gesehen, wie die drei Männer, die hinter Lord her waren, den Bahnhof verließen und in einen wartenden dunkelblauen Volvo stiegen. Sie hatte Lords Aktentasche in ihre Reisetasche gestopft und wie versprochen aufbewahrt in der Hoffnung, dass er sie bei ihr abholen würde.
    Den ganzen Tag über hatte sie sich gefragt, wie es Lord wohl ergangen sein mochte. In den letzten paar Jahren hatten Männer in ihrem Leben keine große Rolle gespielt. Im Zirkus gab es fast jeden Abend eine Vorstellung, im Sommer sogar zweimal pro Abend. Und wenn die Truppe nicht in Moskau auftrat, reiste sie in der halben Welt herum. Sie hatte schon fast ganz Russland und die meisten Länder Europas gesehen, und selbst

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