Die Rose der Highlands
Aber nun entsinne ich mich der Einzelheiten Ihres Testaments. War es
nicht so, dass nur das Geschäftshaus Lady Caitronia gehörte? Und die hatte es
Isobel und Rose zu gleichen Teilen vererbt.«
»Was kein Mensch je verstanden hat. Sie hat mit Rose niemals auch
nur ein Wort geredet, ja, sie hat sogar die StraÃenseite gewechselt, wenn sie
meiner Tochter in Beauly begegnet ist.«
»Wahrscheinlich hat sie geahnt, dass es einmal Schwierigkeiten
zwischen Isobel und Rose geben würde. So wie ich den alten Drachen einschätze,
wollte sie damit Zwietracht säen.«
»Zuzutrauen wäre es ihr«, entgegnete Lili. Dann stutzte sie und
blickte Liam prüfend an. »Und Sie finden es kein bisschen seltsam, dass ich
mich von Scatwell Castle trenne und mich stattdessen mit âºdieser Hütteâ¹, wie
Niall Dustens Haus stets herablassend nannte, zufrieden gebe?«
»Also, eine Hütte ist es nun wirklich nicht. Im Gegenteil, es ist
ein charmantes Anwesen, das ich, wenn ich die Wahl hätte, stets als Wohnsitz
bevorzugen würde.«
Lili musterte ihn ungläubig.
»Das sagen Sie nur, um sich bei mir einzuschmeicheln.«
»Ach, Lili, woher rührt nur dieses Misstrauen? Sie hatten doch das
Glück, mit einem aufrichtigen Mann wie Dusten verheiratet zu sein. Warum sehen
Sie in mir einen hinterhältigen Schmeichler, der vor nichts zurückschrecken
würde, um Ihr Herz zu gewinnen?«
Lili lief rot an. Warum unterstellte sie ihm eigentlich immerzu
Dinge, die, wenn sie es sich recht überlegte, so gar nicht zu ihm passten.
»Sie können mich also wirklich verstehen?«
»Ja, Lili, von ganzem Herzen. Ich gebe zwar nichts auf das Gerede
vom Fluch, der über den Munroys lastet â¦Â«
»Davon wissen Sie?«
»Wer nicht?«, entgegnete er hastig. »Aber dass über Scatwell Castle
eine merkwürdige Schwere liegt, das ist ja wohl kaum zu übersehen«, fuhr er
nachdenklich fort.
»Das spüren Sie?«
»Lili, es ist nicht zu leugnen, dass binnen eines Jahres vier Ihrer
Familienmitglieder verstorben sind. Ich glaube zwar nicht an Geister, aber dass
das alles ein Zufall sein soll, daran habe ich meine Zweifel.«
»Sie meinen also auch, Dusten sei nicht verunglückt, sondern
ermordet worden?«, fragte Lili in scharfem Ton. Das fehlte ihr noch, dass ihr
nach Fiona und John Abercombie auch der Anwalt mit kruden Mordphantasien kam.
Liam wand sich. »Lili, was ich denke, ist in diesem Augenblick nicht
entscheidend. Mir geht es in erster Linie darum, dass Sie nicht zusätzlich
belastet werden.«
»Liam! Ich bin kein zartes Pflänzchen, das die Wahrheit nicht
vertragen kann. Bitte seien Sie ehrlich. Was vermuten Sie?«
»Ich halte es für höchst unwahrscheinlich, dass ein so guter Reiter
von einem sanftmütigen Pferd wie Una grundlos abgeworfen wurde.«
»Sie glauben also auch, dass jemand nachgeholfen hat?«
»Lili, nageln Sie mich nicht darauf fest. Ich weià es doch auch
nicht. Ich war nicht dabei. Nur hege ich persönlich erhebliche Zweifel daran,
dass es ein Unfall war.«
Lili straffte die Schultern. »Gut, sollen doch alle denken, was Sie wollen.
Ich bleibe dabei. Es war ein Unfall!«, erklärte sie trotzig. »Aber kommen wir
wieder zum Geschäftlichen. Sie verkaufen also Scatwell Castle für mich?«
Er blickte sie fest an. »Ja, Lili, ich werde alles daransetzen, dass
ich schnell einen solventen Käufer finde. Aber auch hier gilt, ich werde den
ollen Kasten nicht verschenken, sondern ihn samt der Hausgeister meistbietend
an den Mann bringen.«
Wider Willen musste Lili lachen. »Sie nehmen mich auf den Arm, nicht
wahr?«
Liam blieb ernst. »Wovor haben Sie Angst, Lili?«
»Wenn ich den Gedanken zulassen würde, dass mir ein Mensch
absichtlich Dusten genommen hätte, ich käme nicht mehr zur Ruhe, bis ich wüsste,
wer er ist, warum er es getan hat, und ich könnte nicht dafür garantieren, dass
ich nicht zur unbarmherzigen Rachegöttin würde.«
Liam lächelte. »Ich stell mir das gerade vor. Das würde Ihnen
bestimmt auch stehen. Ein flammendes Schwert, eine Rüstung aus Eisen â¦Â«
»Liam, hören Sie auf. Sie kämpfen mit unlauteren Mitteln, denn einem
kann ich bei Männern nicht widerstehen. Wenn sie mich zum Lachen bringen.«
»Danke für den Rat. Ich kann mir zwar keine Witze merken, aber ich
werde daran
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