Die Rose der Highlands
arbeiten.«
Liam sah sie zärtlich an. Lili hielt seinem Blick stand. Und erneut
spürte sie einen Zauber, der sie auf der Stelle würde verleiten können, ihn zu
küssen, wenn sie sich nicht fest vorgenommen hätte, ihre dahingehenden Impulse
zu unterdrücken.
»Liam? Glauben Sie, dass Lord Fraser etwas mit Dustens Tod zu tun
hat?«, fragte Lili in diesen Augenblick des Schweigens hinein.
»So weit würde ich nicht gehen, aber dass mit diesem Kerl etwas
nicht stimmt, ist doch jetzt amtlich. Wie krank im Kopf muss einer sein, dass
er sich ein Haus baut, das ein Ebenbild von Scatwell Castle ist?«
»Oder wie hinterhältig! Liam, ich glaube nicht mehr daran, dass er
zufällig in unser Haus gekommen ist.«
»Möglich ist das. Aber das würde ja bedeuten, dass das mit Rose â¦Â«
»Genau! Dass es kein Zufall ist, dass er sich an meine Töchter
rangemacht hat.«
»Umso wichtiger ist, dass wir alles tun, um sie aus seinen Klauen zu
befreien«, erklärte Liam entschieden.
»Ja, Liam, wir werden nichts unversucht lassen«, bekräftigte Lili.
Sie wurde von einer wohligen Woge erfasst, als er sie zärtlich zu
sich heranzog. Bei dem Kuss, der nun folgte, vermisste sie nicht einmal mehr
den würzigen Geschmack von Dustens Pfeifentabak. Ãberhaupt verglich sie in
diesem Augenblick gar nicht den einen mit dem anderen, sondern gab sich
unverstellt und bedenkenlos dem Feuer hin, das dieser Kuss in ihrem ganzen
Körper entfachte.
2. Teil
Lady Rose
Mai bis Juli 1932
38
D ie Rückkehr in die Highlands war für Rose eine einzige
Enttäuschung. Keith war völlig verändert, seit sie vor ein paar Tagen spät in
der Nacht in ihrem neuen Zuhause eingetroffen waren. Zum ersten Mal seit ihrer
Hochzeit hatte er sie verletzt. Und nur, weil sie die Wahrheit gesagt hatte.
Die Fassade des Hauses wäre ein billiger Abklatsch von Scatwell Castle, und das
war ihr gleich nach ihrer Ankunft herausgerutscht, woraufhin er sie als »ein
dummes Gänslein« beschimpft hatte. Das war schon schlimm genug, aber dass Miss
Brannon sich nicht einmal bemüht hatte, ihre Schadenfreude über diesen Streit
zu verbergen, hatte ihr den Rest gegeben. Das war jetzt über eine Woche her,
aber es war nicht bei diesem einen Misston zwischen Keith und ihr geblieben,
sondern erst der Anfang gewesen.
Es war gleich mit dem Zimmer weitergegangen, in das Keith sie an dem
Abend ihrer Ankunft wie ein kleines Kind gesteckt hatte. Sie war ja einerseits
froh, dass sie nun nicht mehr wie auf der Reise ein Zimmer mit Miss Brannon
teilen musste, aber diese Kammer missfiel ihr ganz und gar. Sie war klein und
besaà an Möbeln nicht mehr als Bett, Tisch, Stuhl und Kleiderschrank. Das
winzige Fenster lieà sich nicht öffnen, und die Möbel waren alle aus dunklem
Holz und machten den finsteren Raum noch düsterer. Ein paar Tage hatte sie
ihren Unmut für sich behalten, weil Keith ohnehin latent gereizt schien, seit
sie wieder in Schottland weilten.
Nachdem sie ein paar Nächte geplagt von Albträumen in der Kammer
hinter sich gebracht hatte, hatte Rose Miss Brannon am Frühstückstisch
verkündet, dass sie sich ein anderes Zimmer aussuchen werde. Keith war längst
aus dem Haus. Er verlieà jeden Morgen früh das Haus und kehrte erst abends spät
wieder zurück. Rose glaubte, er sei in der Whiskybrennerei.
An den Gedanken, dass Keith und sie vorerst kein gemeinsames Zimmer
haben würden, hatte sie sich inzwischen gewöhnt. Wenn sie ehrlich war, kam ihr
das sogar entgegen, denn der Gedanke, mit ihm das Bett zu teilen, behagte ihr
nicht wirklich. Die Angst, schwanger zu werden, verleidete ihr die Vorstellung.
Und auÃerdem war ihr Bedürfnis danach nicht vorhanden. Dazu haben wir noch so
viel Zeit, sagte sie sich immer, und dann bin ich sicher bereit.
Umso erstaunter war Rose, als sie auf der Suche nach einem schöneren
Raum hatte feststellen müssen, dass Miss Brannons Zimmer direkt neben Keiths
Zimmer lag, in das sie bislang auch noch keinen Fuà gesetzt hatte. Sie merkte
es daran, dass die Haushälterin ihr verbot, es zu betreten, gerade, als Rose
einen Blick hineinwerfen wollte. Ein merkwürdiger Verdacht beschlich sie.
VersüÃte ihm Miss Brannon wohl die einsamen Nächte, bis sie, Rose, achtzehn
war? Sie war fest entschlossen, der Sache nachzugehen und Keith zu bitten, ihr
dieses Zimmer zur Verfügung zu
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