Die Rose der Highlands
es herausbekommen und
dann werdet ihr eure Strafe bekommen«, zischte Rose. »Denn ich habe dir, Keith,
keine Sekunde lang geglaubt, dass meine Mom nichts mehr von mir wissen will.
Ich habe sie angerufen und ihr meinen Besuch angekündigt. Wenn ich morgen nicht
erscheine, dann â¦Â«
»Halt den Mund, du dummes Gör«, fauchte Miss Brannon. »Sonst gebe
ich dir gleich noch eine!«
»Aber wenn sie die Wahrheit sagt«, bemerkte Keith sichtlich
verunsichert.
»Sie lügt wie ein Schulmädchen. Merkst du das denn nicht?«, giftete
Miss Brannon, während sie Rose die Spritze so grob aus der Armbeuge zog, dass
sie vor Schmerz aufschrie. Dann spürte sie auch schon, wie ihr schwindlig wurde.
»Und du bist wirklich sicher mit der Dosierung?«, fragte Keith die
Haushälterin über Roses Kopf hinweg.
»Todsicher, mein Lieber. Habe ich mich schon jemals geirrt? Dir
scheint das Goldkind aber mächtig am Herzen zu liegen. Ich war die beste meines
Jahrgangs, mein Lieber.«
»Schon gut, Schwester Marta, du bist die Spezialistin von uns«,
erwiderte Keith und lachte gequält. »Aber sag mir nur das eine: Wieso hast du
das Buch an dich genommen, statt es zu vernichten, wie ich es dir befohlen
habe?« Er lachte nicht mehr. Im Gegenteil, seine Stimme klang messerscharf.
»Du glaubst doch nicht im Ernst, ich helfe dir, wenn ich keine
Sicherheit habe? Das kleine Buch war meine Lebensversicherung, Liebes!«
Verdammt, sie ist gar keine Haushälterin, war Roses letzter Gedanke,
bevor ihr schwarz vor Augen wurde.
42
L ili ging es
wesentlich besser, seit sie nach Little Scatwell gezo gen war. Der Frühling tat
das Seinige, um ihre trüben Stimmungen zu vertreiben. Sie liebte es, wenn die
Natur im Tal zu neuem Leben erwachte. Der letzte Schnee, der sich bald nach der
Flut doch noch eingestellt hatte, war erst vor ein paar Wochen geschmolzen und
nun schoss überall das Grün aus dem Boden. Auch in Lilis geliebtem Garten, der
nicht annähernd mit dem Park von Scatwell Castle zu vergleichen war, blühte und
duftete es. Ihr ganzer Stolz waren die alten Azaleen, die wie jedes Frühjahr
ihre rosafarbene Blütenpracht entfalteten.
Lili saà einwickelte in ihr Plaid auf einem Liegestuhl und lieà den
Blick bis zu den sanften Hügeln, dem Gebirge und dann weiter zum Himmel
schweifen. Die Maisonne strahlte ihr mit beinahe hochsommerlicher Kraft mitten
ins Gesicht. Ein zufriedenes Lächeln umspielte ihren Mund.
Lili hatte zwar nicht jene Unbeschwertheit zurückgewonnen, die sie
während der glücklichen Jahre mit Dusten verspürt hatte, aber immerhin war
diese Schwere von ihr gewichen, die in Scatwell Castle zuletzt immer
bedrohlicher auf ihr gelastet hatte. Der Umzug war reibungslos verlaufen. Lili
hatte sich sehr gewundert, dass selbst Fiona ohne zu murren ihre Koffer gepackt
hatte, war doch Little Scatwell nicht annähernd so repräsentativ wie das
»Schloss«. Darauf angesprochen, ob es ihr denn gar nichts ausmache, hatte Fiona
die Lippen fest aufeinandergepresst und war erst auf Lilis ausdrückliche
Aufforderung mit der Wahrheit herausgekommen: »Ich bin heilfroh, aus dem
Geisterschloss wegzukommen. Da spukt die Seele des alten Angus.« Lili hatte
schallend gelacht. »Lachen Sie nur! Sie werden sich noch wundern!«, hatte die
Köchin daraufhin gezetert.
»Mit dem Angus mögen Sie ausnahmsweise recht haben«, hatte Lili
eingelenkt. Sie glaubte zwar nicht, dass die Seele des alten Angus in Scatwell
Castle herumspukte, aber dass sein Geist und der seines krankhaften Hasses auf
die Makenzies wie ein düsterer Schatten über dem Anwesen lag, davon war sie
überzeugt.
Leider stellte sich der Verkauf des Anwesens als schwieriger heraus
als befürchtet. Das hatte zwei Gründe, wie Liam ihr versichert hatte. Zum einen
würde das Haus kaum einer kaufen, der die Geschichte des alten Gemäuers kannte.
Im Tal gab es also keine Interessenten. Es kamen nur Ortsfremde in Frage, die
aber bei der augenblicklichen Weltwirtschaftslage auch rarer gesät waren. In
diesen Zeiten kauften sich selbst die reichsten Engländer nicht einfach zum Vergnügen
ein Jagdschloss in den Highlands.
Schweren Herzens war Lili auf Liams ausdrücklichen Rat schon mit dem
Preis heruntergegangen. Der gute Liam, dachte Lili seufzend. Er stand ihr stets
zur Seite, wenn sie ihn brauchte. Der Anwalt war ihr ein guter Freund
geblieben,
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