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Die Rose der Highlands

Die Rose der Highlands

Titel: Die Rose der Highlands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Ranney
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starrte ihr der Name ihres verstorbenen Mannes entgegen.
    Brandidge Hall war ein stilles Haus, so still, dass sie die Schritte der Personen auseinanderhalten konnte, die durch die fünfzig Zimmer gingen. Lachen oder eine Unterhaltung hörte sie höchst selten, denn ihr Gatte hatte Gespräche zwischen seinen Dienstboten nicht geschätzt. Patricia fragte sich manchmal, ob sie einander wohl anlächelten oder im Vorübergehen zublinzelten.
    Der Graf hatte eine Schwäche für die Franzosen gehabt, und sogar dieser Raum, ihr persönliches Refugium, war von dieser Vorliebe geprägt. Der Damenschreibtisch war ein zierliches Stück mit geschwungenen Beinen und einer rundum aufwendig geschnitzten und mit Intarsien verzierten Platte. Sie legte ihre Stickarbeit beiseite, begab sich mit dem Kuvert in der Hand zu ihm und setzte sich auf den gepolsterten Stuhl.
    David, der auf dem kleinen Sofa saß, wandte sich ihr zu. »Ein Brief, Mama?« Die graue Katze auf seinem Schoß gab einen tadelnden Laut von sich und schaute mit ihren gelben Augen zu ihm auf. David lächelte sie an und streichelte sie wieder. Tiere liebten David ganz besonders, dachte Patricia wie schon oft. Diese Katze zum Beispiel, die zu Ehren von Davids erstem und einzigem Hauslehrer ungeachtet ihres Geschlechts den Namen Ralph trug, würde auf
ihrem
Schoß niemals so lange sitzen.
    »Ja, Lieber«, antwortete sie. »Von deinem Bruder.« Wenn er nur gekommen wäre, als Gerald noch lebte. Ihr Mann hätte sich so darüber gefreut. Sie öffnete das Kuvert und begann zu lesen, was Alec geschrieben hatte, wobei sie sich sagte, dass es unumgänglich sei, um seine Adresse zu erfahren. Er müsste Kenntnis vom Ableben seines Vaters erhalten und von seiner Erhebung in die Grafenwürde.
    Ich bin nach Gilmuir versetzt worden, Vater, ein Befehl, den ich aufrichtig zu verweigern wünschte. Aber die Armee und der Duke of Cumberland nehmen keine Rücksicht auf die Vergangenheit eines Mannes oder seinen Widerwillen. Deshalb bin ich nun hier, an dem Ort, zu dem ich nie wieder zurückkehren wollte.
    Schottland hat die Rebellion bitter bezahlt, doch ich kann nicht sagen, dass die Schotten daraus gelernt hätten. In einem ihrer Sprichwörter heißt es, dass zwölf Männer und ein Dudelsack für eine Rebellion genügen.
    Meine Truppe zählt einhundertundzwölf Männer, die meisten unerfahren und jung. Aber in Schottland altert ein Mann schnell.
    So ging es mehrere Seiten lang. Die Worte an seinen Vater waren die eines ihm zugetanen Sohnes, nicht die eines Sohnes, der so viele Jahre nichts von sich hatte hören lassen. Sie fragte sich, ob sie zu der Entfremdung der beiden beigetragen habe, denn sie hatte sich nicht gegen Alecs Entscheidung gestellt, als er mit achtzehn Jahren beschloss, zum Militär zu gehen.
    Vielleicht hatte sie ihn in seinem Vorhaben unterstützt, weil der Vergleich zwischen den Brüdern immer schmerzlicher geworden war. Alec war ein verbindlicher Junge gewesen, doch er hatte die Entschlossenheit bewiesen zu tun, was er wollte, ohne Rücksicht auf das, was sein Vater für ihn vorsah.
    Patricia lächelte ihren Sohn liebevoll an. Sie hatte schon, als David noch klein war, erkannt, dass er anders war. Zunächst bemerkten die meisten Menschen es nicht, sogar ihre besten Freundinnen nicht. Aber als die Zeit verging und David in einer Welt gefangen blieb, die andere Jungen seines Alters hinter sich ließen, wurde es offensichtlich, dass er niemals die geistige Erwachsenenreife erlangen würde.
    Vielleicht wäre es einfacher für sie gewesen, wenn sie ihn behandelt hätte, wie die meisten ihrer Freundinnen ihre Kinder behandelten, die deren Zärtlichkeitsbedürfnis von bezahlten Dienstboten befriedigen ließen. Doch er war ihr gleich ans Herz gewachsen.
    In jenen Jahren, als ihre Freundinnen mit stolzgeschwellter Brust von den Triumphen ihrer Sprösslinge berichteten, hatte Patricia ihren Schmerz hinter einem höflichen Lächeln verborgen.
    David war ein freundlicher junger Mann, der über keinen Menschen ein böses Wort sagte. Stattdessen betrachtete er die Welt mit Staunen und erwartete nur das Beste von ihr. Wegen seiner Gutmütigkeit und Arglosigkeit bedurfte er des Schutzes und nahezu ständiger Betreuung.
    Die Natur hatte ihn zum Ausgleich für seine geistigen Mängel mit einem anziehenden Äußeren ausgestattet. Ihr Sohn war eine ausgesprochene Schönheit mit seinen dunkelbraunen Haaren und den großen, braunen Augen.
    »Darf ich den Brief lesen?«, fragte er in ihre

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