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Die Rose der Highlands

Die Rose der Highlands

Titel: Die Rose der Highlands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Ranney
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verließ er das Zimmer wieder.
    Nachdem er eine kleine Weile hatte verstreichen lassen, während der er mit der Schuhspitze auf den Boden tippte und sich die Zeit damit vertrieb, die Backsteinreihen in der gegenüberliegenden Wand zu zählen, klopfte er erneut. Als er wiederum keine Resonanz erhielt, trat er ein und durchquerte den Raum, wobei er sich einredete, dass es das Frühstück war, das ihm schwer im Magen lag, und nicht ein heraufdämmernder Verdacht.
    Aber als auch sein Klopfen an der Aborttür unbeantwortet blieb, begriff er, dass es so schlimm war wie befürchtet. Er öffnete die Tür und streckte den Kopf hinaus.
    »Miss?« Das Einzige, was er darauf zu hören bekam, war sein Echo.
    In aufsteigender Panik hastete er nach draußen, durch den Torbogen und um die Backsteinhaufen herum, um einen ungehinderten Ausblick auf die Landbrücke und das Tal zu erlangen. Nirgends eine Spur von ihr.
    Sein Vorgesetzter war nicht oft erzürnt, doch wenn er es war, ging ihm jeder Mann tunlichst aus dem Weg, denn er hatte eine Art, mit leiser, aber strenger Stimme zu sprechen und einen mit seinem Blick zu durchbohren, dass es einem kalt über den Rücken lief. Donald war noch nicht oft von ihm getadelt worden, doch die Erfahrung hatte ihn sich jedes Mal schwören lassen, dass er ihm nicht noch einmal Anlass dazu geben würde. Und doch war es wieder passiert. Der Colonel würde nicht erfreut sein, wenn er hörte, dass seine Geisel nicht mehr da war – und nach der Art zu urteilen, wie er die Frau gestern Abend angesehen hatte, nicht nur, weil sie seine Geisel war.

[home]
    10
    I m Vergleich zu den übrigen Dörfern, die Alec auf seiner Patrouille zu sehen bekam, war Gilmuir eine wohlhabende Gemeinde. Es erschreckte ihn, wie die Highlander in diesem letzten Jahr gelitten hatten. Die hageren Gestalten der Männer in Inverness zu sehen, war eine Sache, das Greisengesicht eines kleinen Kindes zu sehen, das sogar zum Weinen zu schwach war, eine ganz andere.
    Sie ritten von Gilmuir aus in nördlicher Richtung in ein Gebiet, das nicht von General Wades Straßen durchzogen war. Zweifellos hatte Wade die Gegend, so unwirtlich, wie sie war, für unbewohnbar gehalten. Nur hier und da von Sonnenstrahlen durchbrochen, hüllte ein violetter Dunst die Hügel ein. Ein tiefblauer See, an dem sie vorbeikamen, spiegelte in seiner glatten Oberfläche die Wälder und hohen, schneeüberzuckerten Gipfel der Berge, die ihn einrahmten.
    Die noch vorhandenen Clachans steckten in geschützten Winkeln zwischen den Hügeln, in Tälern, die grau von Schlacke waren oder braun von Schlamm. Die Hütten einer kleinen Ansiedlung kauerten auf dem Boden wie geprügelte Tiere, und ihre Bewohner begegneten den Ankömmlingen schweigend und wachsam.
    In einer Tür stand eine Frau mit einem Kind an der Hand, dessen Gesichtshaut sich wie Pergament über die Knochen spannte. Der Blick der Mutter drückte Vorsicht aus, doch es war der des Jungen, den Alec sein Leben lang nicht vergessen würde. Alle Greuel, die er in seinem zarten Alter schon erlebt hatte, lagen darin – und die stille Erwartung des nächsten Unheils.
    Im Laufe des Tages wurde deutlich, dass dieser Ausdruck weit verbreitet war bei den Menschen, die er zu sehen bekam. Sie waren gerade mal mit dem Leben davongekommen, doch obwohl nur noch Schatten ihrer selbst, hatten sie sich ihren Stolz bewahrt, was sie durch zusammengepresste Lippen und ein trotzig erhobenes Kinn erkennen ließen.
    Noch etwas wurde deutlich, während sie langsam durch das Gebiet streiften, das seiner Aufsicht unterstellt worden war: Es gab in den Highlands nichts mehr zu besiegen oder zu unterwerfen. Wenn sich noch Widerstand regte, dann in den Gedanken von Männern wie Hamish, die in einer anderen Zeit lebten, oder in den Gesichtern der Frauen, die ihre Kinder schützend an sich zogen und ihnen etwas von den »englischen Teufeln« zuflüsterten.
    Ein Mann, der kräftig genug gewesen wäre, um gegen ihn anzutreten, war ihm bisher nicht untergekommen.
    »Ein himmelweiter Unterschied zu dem komfortablen Leben in England, Sir«, bemerkte Sedgewick mit einem angewiderten Blick in die Runde. »Bis ich hier stationiert wurde, hätte ich nicht für möglich gehalten, dass man so leben kann.«
    Alec drehte sich im Sattel zu ihm um. »Habt Ihr niemals daran gedacht, ihnen Verpflegung zu bringen?« Fort William war mehr Bauernhof als Festung. Ein paar Stück Vieh wären nicht vermisst worden, hätten jedoch das Leben dieser Menschen

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