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Die Rose der Highlands

Die Rose der Highlands

Titel: Die Rose der Highlands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Ranney
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zusehends heller, und plötzlich standen sie in einer vom Abendlicht erfüllten kleinen Höhle. Bezaubert von den Gemälden drehte Leitis sich langsam um ihre eigene Achse.
    »Das nächste Geheimnis?«
    »Kennt Ihr die Geschichte von Ionis nicht?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Ich werde sie Euch erzählen, wie sie mir erzählt wurde«, sagte er. »Es war einmal ein Mann namens Ionis. Er wurde sehr für seine Gottergebenheit verehrt. Doch dann kam der Teufel und verführte ihn zur Sünde.«
    Der Rabe lächelte sie an, was seinem zur Hälfte verborgenen Gesicht etwas Jungenhaftes verlieh.
    »In Gestalt einer Frau, natürlich«, sagte sie.
    »Ist er nicht
immer
eine Frau?«, scherzte er. Als sie die Stirn runzelte, hob er die Hand, als wolle er sich vor ihr schützen. »Aber Gott vermisste die Frömmigkeit von Ionis«, fuhr er fort. »Eines Tages wurde Ionis’ Geliebte krank und starb, und er war untröstlich.«
    »Warum sind all unsere Geschichten so traurig?«, fragte sie.
    Er zuckte mit den Schultern. »Die Engel hatten Mitleid mit Ionis und baten Gott, ihm zu vergeben. Gott stimmte zu, doch er stellte eine Bedingung. Ionis könnte in alle Ewigkeit mit seiner Geliebten vereint sein, aber erst nachdem er sein irdisches Leben zu Ende gelebt hätte. Bis dahin dürfe es für Ionis keine andere Liebe geben als die zu Gott. Und so kam er hierher und wurde Einsiedler, verbrachte sein Leben in Kontemplation und Gebet.«
    »Ionis hat nicht
all
seine Zeit mit Beten zugebracht«, meinte sie mit einem Blick auf die Gemälde.
    Der Rabe lächelte. »Aber er wurde als frommer Mann bekannt und die Halbinsel zu einem Wallfahrtsort. Bis der erste MacRae sich hier niederließ.«
    Sie sah ihn fragend an. »Woher wisst Ihr das? Ich lebe seit meiner Geburt hier und habe die Geschichte gerade zum ersten Mal gehört.«
    »Vielleicht kennt mein Zweig der MacRaes seine Vergangenheit besser«, neckte er sie.
    »Welcher Zweig ist das?«, wollte sie wissen.
    Er lächelte nur und wandte sich Richtung Ufer. Sie folgte ihm ins Freie. Vor ihr lagen der See und ein Halbrund aus hohen Felsen. Sie fragte sich verwirrt, weshalb sie diese Bucht noch nie gesehen hatte, aber als sie nach oben schaute, erkannte sie, dass die überhängenden Felswände den Blick darauf verwehrten.
    »Es ist eine geheime Bucht«, sagte der Rabe, der ihre Verblüffung bemerkt hatte.
    »Noch etwas, das ich nicht wusste. Aber Ihr habt mir ja auch Geheimnisse
versprochen.
«
    Wieder lächelte er. »Ich habe noch mehr für Euch.«
    Er ging ein Stück am Ufer entlang bis zu einer winzigen schmalen Bucht, in der ein Skiff vertäut lag, packte das Seil und zog das Ruderboot mit einer Hand zu sich heran, während er mit der anderen eine einladende Geste machte. Leitis stieg in den Kahn und setzte sich auf die Bank am Heck. Er löste das Seil von einem Felsbrocken und warf es in den Bug. Dann stieg er ebenfalls ein und begann zu rudern, wobei er die Ruderblätter lautlos durchs Wasser zog.
    »Ihr könnt die Maske ruhig abnehmen«, sagte Leitis. »Ich verspreche, dass ich niemandem verraten werde, wie Ihr ausseht.«
    »Was Ihr nicht wisst, kann Euch niemand entlocken.«
    »Ihr vertraut mir also nicht?«, fragte sie erzürnt.
    »Wie ich Euch bereits erklärte, ist es keine Frage des Vertrauens, sondern des Schutzes.«
    »Was ist mit Eurem Namen? Sagt Ihr mir nicht einmal
den?
«
    Er lächelte sie an. »Rabe.«
    Er konzentrierte sich auf ihr Ziel, eine schmale Reihe von Klippen vor der Bucht. Als Leitis jetzt nach oben schaute, sah sie hoch droben auf der Halbinsel die Silhouette von Gilmuir.
    »Wohin fahren wir?«, fragte sie.
    Er antwortete nicht, und sein Schweigen ärgerte sie. »War ich schon wieder zu neugierig?«
    Er warf ihr einen kurzen Blick zu. »Ich habe gerade meinen Plan in Frage gestellt«, gestand er.
    »Und – habt Ihr es Euch anders überlegt?«
    »Es wäre klug, aber ich habe es nicht getan. Wir werden zu dem englischen Lager reiten.«
    »Warum?«, war das Einzige, was sie herausbrachte.
    »Wo sonst sollten wir einen Proviantwagen finden?«
    »Wir stehlen Lebensmittel von den Engländern?«, hauchte sie mit großen Augen.
    »Wisst Ihr eine passendere Rache? Schließlich waren es die Engländer, die den Hunger in die Highlands brachten.«
    »Es ist noch nicht einmal ganz dunkel.« Seine Tollkühnheit raubte ihr den Atem.
    »Wenn wir bis zur Dunkelheit warten würden, wären die Pferde abgeschirrt und wir müssten den Wagen auf unseren Rücken nehmen.«
    Sprachlos

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