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Die Rose der Highlands

Die Rose der Highlands

Titel: Die Rose der Highlands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Ranney
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sich so weit von Gilmuir entfernt wie heute. Die Gegend war ihr gänzlich unbekannt.
    Die Schatten wurden bereits länger. Bald würde die Sonne hinter dem Loch Euliss versunken sein und der Himmel dunkel werden.
    Es war ein wahrhaft tollkühner Plan, englische Soldaten in ihrem Lager zu bestehlen. Sie hätte sich eigentlich Sorgen um sich machen müssen oder zumindest befremdet sein, dass sie sich in der Gegenwart des Raben sicher fühlte, obwohl sie seinen Namen nicht kannte und nicht wusste, wie er aussah. Stattdessen empfand sie sich als seine Komplizin und ihn als ihren Beschützer. Und sie wurde das Gefühl nicht los, dass sie ihn kannte.
    Hinzu kam, dass sie sich eingestehen musste, dass er etwas in ihr weckte, was sie nie zuvor verspürt hatte. Ein Teil von ihr, jung und furchtlos und nicht behindert durch Ängste, die Frauen manchmal einschränkten, drängte sie, ihre Arme um ihn zu schlingen, sich an seine Brust zu schmiegen und den Moment von keinerlei Bedenken getrübt zu genießen.
    Er zügelte das Pferd, lenkte es hinter ein Wäldchen, saß ab und streckte ihr die Arme entgegen. Sie glitt hinein und wurde so vorsichtig auf den Boden gestellt, als sei sie zerbrechlich. Er band einen Lederbeutel vom Sattel los und zog ein Halstuch heraus, fasste es an zwei Ecken, schlang es ihr um die Haare und verknotete es in ihrem Nacken.
    »Die Farbe Eures Haares ist sehr auffällig, Leitis«, erklärte er ihr seine Handlung. »Die Engländer sollen doch nicht merken, dass ihre Geisel geflohen ist.«
    Sie nickte und rückte das Tuch zurecht.
    »Obwohl Euer Haar nicht mehr so leuchtet wie damals, als Ihr ein Kind wart«, setzte er hinzu.
    Ihre Blicke trafen sich, und die Zeit schien stillzustehen. Er brach den Bann, indem er wegschaute.
    »Woher wisst Ihr, wie ich als Kind ausgesehen habe?«, fragte sie mit erstickter Stimme. Früher hatte es Hunderte von MacRaes in den Highlands gegeben, aber vielleicht würde seine Antwort erklären, weshalb er ihr so bekannt vorkam.
    »Wer könnte, auch wenn er nur einen Blick auf Leitis MacRae geworfen hat, jemals ihr leuchtendes Haar und ihr fröhliches Lachen vergessen?« Er bückte sich unter den Pferdehals und band die Zügel an einen Schössling.
    Sie ärgerte sich über seine ausweichende Antwort, aber sie ließ es dabei bewenden.
    Vor dem Lager war eine Grube ausgehoben, und daneben lag Holz. Offenbar hatten die Engländer noch nicht begriffen, dass Torf länger und gleichmäßiger brannte.
    Im Lager selbst herrschte reges lautes Treiben. Ein Mann sang ein anzügliches Lied, das unter den Soldaten Gelächter auslöste und Leitis erröten ließ. Feuer wurden angezündet, Männer sattelten ihre Pferde ab, andere begannen ihre Ausrüstung für den kommenden Tag herzurichten.
    Sie wollte den Raben fragen, wie er vorzugehen plante, doch er legte den Finger auf die Lippen.
    Vor ihnen standen drei Lastkarren, jeder voll beladen mit Fässern, Holzkisten, Steigen und Käfigen. Wie der Rabe vorausgesagt hatte, waren die Pferde noch nicht abgeschirrt.
    Er deutete auf die Karren. »Das kann nicht Euer Ernst sein!«, flüsterte sie. »Es müssen an die hundert Männer sein!«
    »So viele sind es nicht«, erwiderte er gelassen. »Aber ihre Anzahl gibt ihnen ein Gefühl der Sicherheit. Das macht sie unachtsam. Gut für
uns

    Sie nickte. Das hätte auch Fergus sagen können, dachte sie. Aber ihr Bruder war oft unvernünftig und tollkühn gewesen – eine gefährliche Mischung. Fergus, erkannte sie mit plötzlicher Belustigung, hätte sowohl das Vorhaben des Raben gebilligt als auch ihre Anwesenheit hier.
    Der Blick des Raben umrundete das Wäldchen, glitt von den mit ihren Aufgaben befassten Soldaten zu den Köchen, die in einem großen Kessel rührten. Als sie gerade dachte, dass er es sich nun doch anders überlegt hätte, löste er die Zügel seines Pferdes von dem Schössling.
    Sie schaute ihn neugierig an.
    »Könnt Ihr rennen?« Sein Grinsen ließ weiße, ebenmäßige Zähne blitzen.
    Sie dachte an die vielen Wettrennen im Tal und nickte.
    Da nahm er sie bei der Hand und führte sie um das Wäldchen herum, Richtung Kochfeuer. Sie rannten los, und in dem Augenblick, als Leitis sich sicher war, dass sie entdeckt werden würden, duckte er sich, zog sie runter und rannte mit ihr in gebückter Haltung hinter die Längsseite eines der Karren.
    Die Hühner begannen wie verrückt zu gackern, als begriffen sie, dass sie entführt werden sollten, und protestierten lautstark

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