Die Rose der Highlands
Verfolgung dieser Diebe ausgesandt habt.«
»Ja, Sir.« Harrison begegnete für einen Moment seinem Blick und schaute dann an ihm vorbei.
Alec erkannte an der plötzlichen Anspannung seines Gegenübers, dass sie tatsächlich belauscht wurden.
»Warum wurde ich nicht umgehend benachrichtigt?«, verlangte er zu wissen.
»Ihr hattet befohlen, Euch nicht zu stören, Sir«, antwortete Harrison kleinlaut.
»In Zukunft werdet Ihr mich auf der Stelle benachrichtigen, sobald sich einer dieser verdammten Schotten sehen lässt«, ordnete Alec in strengem Ton an.
Harrison salutierte, machte auf dem Absatz kehrt und entfernte sich mit hängenden Schultern, der Inbegriff des ernsthaft getadelten Untergebenen.
Dieses Schauspiel war aus verschiedenen Gründen notwendig, deren nicht unwichtigster war, Harrison zu schützen: Alec wollte nicht, dass seine Männer unter seiner Doppelrolle zu leiden hätten, dass er sich zum Raben gemacht hatte.
Zwei Personen zu sein war schwieriger als gedacht. Die vergangenen Stunden hatten gezeigt, dass er weder der Colonel noch der Rabe war, sondern eine Mischung aus beiden.
Armstrong war befohlen worden, die Nachhut zu bilden, Lieutenant Castleton bei der Bewachung der Versorgung zu unterstützen, der beiden verbliebenen Proviantwagen und der Pferde.
Die Engländer hatten Straßen durch das öde Land gebaut, doch der Colonel mied sie, wählte stattdessen Wege, die sich durch die Hügel schlängelten. Beinahe, als wolle er die Rückkehr ins Fort möglichst umständlich gestalten, dachte Armstrong.
Stirnrunzelnd betrachtete er die vor ihm herfahrenden Karren, die sich, obwohl nahezu leer, langsam und schwerfällig voranbewegten. Die Lenker hatten es offensichtlich nicht eilig, schienen das Schneckentempo regelrecht zu genießen.
Der Lieutenant trieb sein Pferd an. »Geht das nicht schneller?«, bellte er, als er auf gleicher Höhe mit dem Lenker des zweiten Wagens war.
»Tut mir leid, Sir. Der Karren ist breiter als der Weg, und wir müssen aufpassen. Wenn wir in eine der Fahrrinnen rutschen, könnte ein Rad brechen.«
»Nun, tut, was Ihr könnt!«
Der erste Wagen hielt an. Verärgert ritt Armstrong nach vorne.
»Was gibt es, Soldat?«, fragte er den Lenker.
»Zwei Frauen verstellen uns den Weg, Sir.« Der Mann deutete auf die beiden.
»Dann befehlt ihnen, sich zu entfernen.«
»Das habe ich versucht, Sir. Sie hören nicht auf mich.«
Wahrscheinlich hatten sie ihn
überhaupt
nicht gehört, dachte Armstrong, denn die Stimmen der Weiber waren laut genug, um bis ins Fort zu dringen.
Er ritt nach vorn und hielt neben ihnen. Eine hielt einen Käfig umklammert, die andere zerrte daran.
»Es gehört
mir!
Ich war da, als er kam.«
»Was kann ich dafür, dass ich nachts fest schlafe? Ich lasse mich doch nicht dafür bestrafen, dass ich deinen Geist nicht gesehen habe!«
»Das Huhn gehört mir!«
»Und wo, Fiona, steht das auf diesem Vogel geschrieben?,« kreischte die andere Frau und spähte in den Käfig. »Ich sehe deinen Namen nicht!«
»Ihr behindert die Truppen Seiner Majestät«, sagte Armstrong in strengem Ton.
Plötzlich schienen die Frauen ihren Streit vergessen zu haben. »Hast du das gehört, Mavis? Wir behindern die Truppen Seiner Majestät.«
»Behindern?«
»Weg mit Euch!« Armstrong ritt bedrohlich nahe an sie heran. »Sonst mache ich Euch Beine.«
Widerstrebend traten die Frauen zur Seite.
Der Lieutenant winkte den Wagen weiter, bückte sich und riss den Käfig an sich, richtete sich auf und hob ihn in Augenhöhe. Er und der Vogel starrten einander feindselig an.
»Woher habt Ihr dieses Huhn?«, fragte er in Erinnerung an die auf dem gestohlenen Proviantkarren festgebundenen Holzkäfige.
Die Frauen schwiegen. »Ich gebe es derjenigen, die es mir zuerst sagt«, lockte er.
»Letzte Nacht kam ein Mann damit zu meinem Haus«, sagte eine der Frauen.
»Wer war er?«
Sie schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht.«
Die andere trat vor. »Ich kenne seinen Namen. Ist der Euch das Huhn wert?«
Armstrong horchte auf. »Und wie lautet er?«
»Du weißt das nur, weil ich es dir erzählt habe!«
»Ich habe genauso viel Recht auf das Huhn wie du.«
Armstrongs Verärgerung wuchs. »Keine bekommt es, bevor ich den Namen weiß.«
»Rabe«, sagten die Frauen wie aus einem Mund.
»Rabe? Was ist das denn für ein Name?«
»So hat sie ihn genannt.«
»Sie? Er hatte eine Frau dabei?«
Die beiden nickten. »Aber mehr wissen wir nicht. Er kam in der Nacht und brachte
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