Die Rose der Highlands
Wagnisse ein.«
»Vielleicht ist das Ziel die Gefahr wert.«
»Was
ist
Euer Ziel?«
»Vielleicht habe ich ja mehr als eines«, neckte er sie.
»Warum seid Ihr gekommen?«, fragte sie leise.
Er beugte sich so weit zu ihr herunter, bis sie seinen Atem auf ihrer Wange spüren konnte. »Vielleicht, weil ich Euch wieder küssen möchte.«
»Oh.« Sie umfasste ihre Hände. Es wäre klüger gewesen, aus Gilmuir Castle zu fliehen, vor den Berührungen des Colonels und des Raben. Aber wie es schien, war es ihr Schicksal, heute zum zweiten Mal geküsst zu werden – und auch diesmal von einem Mann, den sie kaum kannte.
Oder kannte sie ihn
doch?
Sie legte den Kopf in den Nacken und schloss die Augen, sagte sich, dass dieser Kuss das Gegengift für den ersten sein würde. Der Rabe nahm die stumme Einladung an.
Sein Mund war warm, sein Atem heiß. Ein Kribbeln durchlief ihren Körper, und sie fasste ihn bei den Armen.
Der Stoff des Hemdes fühlte sich weich und glatt an. Das war ihr letzter Gedanke, bevor er seinen Kuss vertiefte und ihr das Gefühl gab, zu den Sternen hinaufzufliegen, während sie ihre Lippen den seinen mit einer Mischung aus Sehnen und Tollkühnheit öffnete und seine Arme umklammerte.
Sie hatte nicht geahnt, dass ein Kuss so überwältigend sein konnte.
Als habe er ihren Gedanken gehört, küsste er sie noch heftiger, als wollte er alle früheren Küsse damit auslöschen.
Ja. Oh, ja. Bitte.
Mehr. Noch
mehr.
Als er sich schließlich von ihr löste, wollte sie protestieren. Stattdessen legte sie die Wange an seine Brust und lauschte dem Hämmern seines Herzens, das dem des ihren glich.
Fass dich, Leitis. Tritt einen Schritt zurück, besinn dich auf deine Würde und gaukle ihm vor, dass du schon früher so empfunden hast.
Aber ihre Füße blieben stehen wie am Boden festgewachsen, und ihre Hände gaben ihn nicht frei.
Ihre Würde war schon am Anfang des Kusses verlorengegangen. Und sie hatte noch nie etwas so Wundervolles empfunden. Nicht mit Marcus. Nicht mit dem Schlächter. Niemals.
Fragen brannten ihr auf der Zunge.
Warum habt Ihr mich so geküsst? Warum zittere ich?
»Sollte ich Euch um Vergebung bitten?«, murmelte der Rabe. Er war ebenso außer Atem wie sie.
Eine kluge Frau hätte es bejaht und sich in ihren Umhang aus Stolz gehüllt.
Sie
konnte nur stumm den Kopf schütteln. Mit heißen Lippen drückte sie einen Kuss auf seine Brust, dorthin, wo sein Herz schlug.
Sie hob den Kopf.
Küsst mich wieder.
Sie sprach es nicht aus, doch die Art, wie sie seine Ärmel streichelte, war beredt genug.
Und er verstand. Sein langsamer, berauschender Kuss ließ alle Farben des Regenbogens über ihre geschlossenen Lider spielen und die der Glockenblumen und des Heidekrauts.
Wieder war er es, der den Kuss beendete. Er ging zum Tisch hinüber, blieb mit dem Rücken zu ihr dort stehen. »Ich kam her, um Eure Hilfe zu erbitten«, sagte er. »Nicht, um mich Euch zu nähern.«
»Sollte ich dann jetzt zornig sein? Oder mich schämen?«, fragte sie sanft.
Er schaute fragend über seine Schulter.
»Weil es mir gefallen hat«, setzte sie erklärend hinzu.
Er überraschte sie mit einem leisen Lachen. »Ich weiß nie, was Ihr als Nächstes sagen werdet.«
»Eine Frau
sollte
geheimnisvoll sein«, neckte sie ihn übermütig. Im Moment erschien das Leben ihr leicht und schön. Seltsam, dass ein Kuss das bewirken konnte.
Sie trat hinter ihn und strich mit gespreizten Fingern über seinen Rücken. Er versteifte sich, ließ es zu. Sie musste lächeln. Es war, als hätte der Kuss ihr Macht verliehen. Noch nie hatte sie sich so gefühlt wie jetzt, im Zauber des Augenblicks gefangen, still und voller Erwartung.
»Wie kann ich Euch helfen?«, fragte sie. »Was soll ich tun?«
Abrupt drehte er sich um und sah ihr in die Augen. Das Kerzenlicht malte tanzende Schatten auf sein Gesicht und die Maske. »Ihr bietet Eure Hilfe so bereitwillig an«, sagte er. »Warum?«
»Ihr habt einen Wagen mit Proviant gestohlen und diesen Proviant an Menschen verteilt, um ihnen zu helfen«, antwortete sie lächelnd. »Wie könnte ich da
nichts
tun?«
»Ich möchte, dass Ihr die Dorfbewohner dazu bewegt wegzugehen.«
Sie sah ihn überrascht an. »Meint Ihr, sie werden dazu bereit sein?«
»Sie wären töricht, wenn sie blieben. Die Engländer werden ihre Präsenz in den kommenden Monaten verstärken, und die Lebensbedingungen werden noch schlimmer.«
Sie ging zum Webstuhl hinüber und starrte durch das Fenster in den Abend
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