Die Rose der Highlands
Entdeckung gewesen, dass seine Mutter von den
Engländern
getötet worden war. »Ich habe Tyrannei immer verabscheut«, antwortete er schließlich, »und ich dachte mir, Schottland könnte eine hilfreiche Hand brauchen.«
»Meine Brüder wären stolz auf dich gewesen«, sagte sie und verblüffte ihn damit aufs Neue.
»Erzähl mir, wie sie waren«, bat er.
»Nicht viel anders als damals, als du sie kanntest. Abgesehen von ihrem Aussehen, natürlich. Fergus wuchs zu einem Baum von Mann heran, wurde so groß, dass unsere Mutter sagte, er könne nicht ihr Sohn sein. Er hatte einen roten Bart, den er liebte und von dem er behauptete, dass die Mädchen ihn ebenfalls liebten.«
Er war froh, als er sie lächeln sah. »Und James?«
»Er wurde natürlich auch größer, aber lang und dünn, und er blieb so ernst, wie er es immer gewesen war. Doch es war Fergus, der dagegen stimmte, zu rebellieren. Als
Einziger.«
»Er wollte nicht gegen die Engländer in den Krieg ziehen?«, fragte er überrascht.
»Nein. Aber natürlich tat er es trotzdem – wegen Vater und James. Und wie ist es
dir
ergangen, Ian?«
Lächelnd überlegte er, wie er es in ein paar Sätzen zusammenfassen könnte. »Ich kehrte nach England zurück«, sagte er. »Mein Vater heiratete wieder – zu schnell, wie ich fand – und bekam noch einen Sohn. Ich wuchs, lernte und wurde erwachsen.« Mehr konnte er ihr nicht erzählen. Er war Soldat, für Tapferkeit ausgezeichnet und doch zu feige, um sich ihr gänzlich zu offenbaren.
»Und es gibt keine Frau, der dein Herz gehört?«, fragte sie angelegentlich.
»Jetzt schon«, antwortete er.
Ihre Augen weiteten sich, und dann hoben sich ihre Mundwinkel.
»Ich wünschte, der Mond würde nicht scheinen«, sagte er.
Sie lächelte ihn wie verzaubert an.
»Weil«, erklärte er, obwohl sie ihn nicht darum gebeten hatte, »du im Mondschein
noch
schöner bist.«
Als sie sich mit einem Seufzer seinem Kuss überließ, war
er
wie verzaubert.
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20
N iemand in meinem Leben hat mich so beeindruckt wie du«, sagte sie, als sie sich schließlich von ihm löste.
»Auch Marcus nicht?«
Die Erinnerung an ihn verblasste bereits, als hätte sie sich nicht wirklich in ihr Gedächtnis eingegraben. Fergus und James und ihre Eltern sah sie dagegen so deutlich vor sich, als stünden sie ihr gegenüber. Aber es erschien ihr nicht recht, über ihn zu sprechen, wenn er nicht da war, um sich zu verteidigen. Es war besser zu schweigen.
»Wo hast du ihn kennengelernt?«, fragte er, als sie nicht antwortete.
»Er war mit Fergus befreundet.« Offenbar war er ebenso neugierig, was sie anging, wie umgekehrt.
Sie nahm ihn bei der Hand und führte ihn den Abhang hinauf zu der Höhle, wo sie immer Zuflucht gefunden hatte.
»Früher kam ich hierher, um ungestört an dich zu denken«, offenbarte sie ihm lächelnd.
Ihr Bekenntnis ging beinahe unter im Seufzen des Windes, dem Knacken der Zweige unter ihren Füßen und dem Huschen aufgescheuchter Tiere.
Nachdem er sie damals geküsst hatte, war sie zu ihrem Versteck gelaufen und hatte, zu gleichen Teilen verwirrt, freudig erregt und beschämt, stundenlang auf Gilmuir hinuntergestarrt. Sie erinnerte sich noch genau, wie überrascht er nach ihrer Ohrfeige dreingeschaut hatte. Als sie zurückgekehrt war, um sich bei ihm zu entschuldigen, erfuhr sie von der Tragödie.
»Du hast an mich gedacht?« Er war überrascht.
Es war an der Zeit, dass sie ihm ein weiteres Geheimnis enthüllte. »Der Kuss, den du mir damals gegeben hast, war nicht wirklich eklig für mich«, gestand sie, vermied es jedoch, ihn anzusehen.
»Soll ich dich noch einmal küssen?«, fragte er verschmitzt, »um zu sehen, wie es
jetzt
für dich ist?«
»Das hast du doch vorhin schon getan«, erwiderte sie belustigt.
»Sicher ist sicher«, neckte er sie.
Als sie wieder zu Atem kam, sagte sie mit schwacher Stimme: »Auch
dieser
war nicht eklig für mich.«
Hoch über ihnen hing der Mond wie eine riesige Kugel am Himmel, und die Wolkenränder leuchteten silbrig.
Leitis nahm wieder seine Hand, zog ihn den Abhang hinauf. »Wohin bringst du mich denn?«, fragte er mit einem Lächeln in der Stimme.
»In mein Versteck.«
Als sie die Höhle erreichten, folgte er ihr hinein.
»Wir hätten eine Kerze mitbringen sollen«, meinte er, während er sich langsam um die eigene Achse drehte, »oder eine Laterne.«
»Nein, nein, so ist es schon besser«, erwiderte sie. »Glaube mir – du wärest enttäuscht.«
»Weil ich die
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