Die Rose der Highlands
Höhle jetzt mit ›erwachsenen‹ Augen sähe?«
»Das macht oft einen Unterschied.«
»Nicht bei dem, was ich
bisher
gesehen habe.« Er nahm sie in die Arme. »Du bist genauso, wie ich dich in Erinnerung hatte, Leitis«, flüsterte er an ihrer Wange. »Von der Form deiner Ohren bis zu deinem Lächeln. Da enttäuscht mich
nichts.
«
Sie war verblüfft. Nicht darüber, dass er so empfand, sondern darüber, dass er seine Empfindungen so unbekümmert aussprechen konnte.
Das letzte Jahr hatte sie verändert. Sie war nicht mehr die vertrauensselige Frau, die sie ihr Leben lang zu bleiben gedacht hatte. Stattdessen begegnete sie anderen Menschen heute mit Vorsicht. Die Erfahrung hatte sie gelehrt, dass sie mehr Anlass für Furcht hatte als für Vertrauen.
Sie hatte schon so viel verloren – wie sollte sie ertragen, auch noch
ihn
zu verlieren? Es war klüger, innerlich Abstand zu wahren, anstatt sich von seinen Worten berauschen zu lassen.
»Und wie steht es bei dir, Leitis? Enttäuscht dich der Mann im Vergleich mit dem Jungen?«
Unfähig, ihn zu belügen, antwortete sie aufrichtig: »Der Junge verzauberte mich. Der Mann ängstigt mich.«
Sie spürte, wie er sich versteifte, und fürchtete, dass er gehen würde.
Zu ihrer Überraschung nahm er ihr Gesicht in die Hände und fragte: »Ist es so schwer für dich zu lieben, Leitis?«
Sie nickte stumm, denn die Zärtlichkeit in seiner Stimme trieb ihr die Tränen in die Augen.
»Für mich nicht.« Er ließ seine Hände zu ihren Schultern hinabgleiten.
Sie verharrte regunglos.
»Du musst es nur geschehen lassen. Ich liebe dich, Leitis.«
Sie senkte den Kopf und lehnte die Stirn an seine Brust. Das Atmen fiel ihr schwer, und ihr Herz klopfte wie wild.
»Wann habe ich mich in dich verliebt?«, überlegte er laut. »War es, als du im Priorat so besorgt um mich warst? Oder als du lachtest, weil keiner meine Lebensmittel haben wollte?« Er klang belustigt. »Oder vielleicht schon damals, als du mir liebevoll ein Geschenk brachtest, und ich es mit dem Stiefel zermalmte?«
»Du hast mir Heidekraut geschenkt«, sagte sie mit tränenerstickter Stimme.
»Wenn ich könnte, würde ich dir ein
Land
schenken. In all den Jahren bist du in meinem Herzen gewesen.«
Als sein Mund ihre tränennassen Lippen berührte, murmelte er ihren Namen, machte ein Wort des Staunens und des Trostes daraus. Sie schlang die Arme um seinen Hals und stellte sich auf die Zehenspitzen, um seinen Kuss zu erwidern, der so schnell von Zärtlichkeit zu Leidenschaft führte.
»Ich wusste nicht, dass Küsse sein können wie deine«, sagte sie danach.
»Wie sind meine denn?«, fragte er neckend, neigte den Kopf und hauchte einen Kuss auf ihre Lippen, leicht, wie eine Berührung von Schmetterlingsflügeln.
»Sie machen, dass es sich anfühlt, als flatterten Vögel in meiner Brust«, murmelte sie.
Er vertiefte den Kuss, und ihre Lippen teilten sich willenlos.
»Als fließe das Blut heiß durch meine Adern«, setzte sie danach atemlos hinzu.
Er umfasste ihr Gesicht und zeichnete mit der Zungenspitze den Schwung ihres Mundes nach.
Sie verspürte den brennenden Wunsch, von ihm geliebt zu werden, doch sie wusste, dass Liebe ein gefährliches Gefühl war. Es fügte unsichtbare Wunden zu und erstickte das Herz mit Gram. Sie würde es nicht ertragen, noch einmal den gleichen Kummer zu erleiden. Lieben hieß Verlieren.
»Würdest du mir beiwohnen?« Sie konnte sein Geständnis nicht erwidern, aber sie konnte sich ihm schenken.
»Nein«, antwortete er unerwartet.
Sie starrte ihn entgeistert an. »Warum?«
»Weil du ein Kind bekommen könntest, Leitis«, erklärte er ihr seine Ablehnung mit sanfter Stimme.
Sie wollte mit ihm streiten, seine Rücksichtnahme zurückweisen, aber gleichzeitig schätzte sie, dass er sie beschützen wollte. Hamish tat das Gegenteil, zögerte nicht, sie um seines Hasses willen zu opfern.
»Bitte«, sagte sie.
»Es ist mein sehnlichster Wunsch, Leitis«, flüsterte er, »aber es könnte dich in Gefahr bringen.«
Er spürte sie in seiner Umarmung beben, und Bewunderung für ihren Mut stieg in ihm auf. Ihre Bemerkung über Hengste und Stuten in jener ersten Nacht im Gemach des früheren Grundherrn hatte deutlich gezeigt, was sie über die Liebe der Männer dachte. Ihre Erfahrung damit musste unangenehm gewesen sein, und doch bot sie sich ihm an.
Aber er würde sie nicht mit einem Kind an sich binden.
Entschlossen ließ er sie los und wandte sich dem Höhleneingang zu. Sie
Weitere Kostenlose Bücher