Die Rose der Highlands
Schönes. Stattdessen neigte er den Kopf, nahm den Finger weg und küsste sie.
Seinem Ehrgefühl und Verantwortungsbewusstsein verpflichtet, sollte er gehen, doch seine Füße gehorchten seinem Befehl ebenso wenig wie seine Lunge, die ihn kaum atmen ließ.
»Komm morgen mit mir«, bat er. Gefährliche Worte. Mit ihr zusammen zu sein, war bedrohlicher als der Hochverrat, zu dem er sich entschlossen hatte. Denn früher oder später würde sie entdecken, wer er war, und ihn dafür hassen.
Einmal noch, entschied Alec. Einmal noch der Rabe sein, und dann nie wieder. Danach bestünde kein Grund mehr, ihn am Leben zu erhalten. Und es gäbe keine heimlichen Treffen in Höhlen mehr, keine Ritte im Mondenschein, keine Begegnungen im alten Priorat.
Sie nickte, und er verschwand ohne ein Wort des Abschieds. Er traute seiner Stimme nicht.
Später an diesem Tag erschien Harrison so umgehend bei ihm, wie er es von ihm gewohnt war, wenn er nach ihm schickte. Sein Adjutant schloss die Tür hinter sich und kam zu dem Kartentisch, an dem Alec stand.
»Ihr müsst für mich nach Inverness reiten«, eröffnete Alec ihm.
»Nach Inverness, Sir?«
Alec nickte. »Um ein Schiff zu mieten.«
Harrison schwieg, doch auf seinem Gesicht stand eine deutliche Frage.
»Ich werde nicht ewig hier im Fort stationiert sein. In ein, zwei Jahren wird mich ein anderer Kommandant ablösen, und ich kann mich nicht darauf verlassen, dass der besser sein wird, als es Sedgewick ist. Das Beste für die Leute von Gilmuir ist, einen anderen Ort zum Leben zu finden.«
Harrison sah ihn überrascht an. »Die Highlander gehen fort?«
»So ist es.« Alec suchte aus dem Stapel eine Karte des Sees heraus. Er hatte sie aus der Erinnerung nach seinen kürzlichen Ritten um den Loch Euliss gezeichnet.
»Hier ist Gilmuir«, sagte er und deutete auf eine Landspitze. »Und das da«, er zeigte auf eine neue Ergänzung der Karte, »ist die uneinsehbare Bucht.«
»Uneinsehbare Bucht?« Harrison beugte sich vor und studierte die Karte genauer.
Alec erläuterte ihm ihre Lage, einschließlich des Felsenriffs, das sie bewachte. »Das Wasser müsste tief genug sein für ein Schiff«, setzte er hinzu.
Er hatte keine Bedenken, seinen Adjutanten in das Geheimnis einzuweihen. Der Mann wusste um seine Herkunft und seinen Einsatz in Inverness und hatte ihn nie verraten.
»Wohin werden die Schotten gehen, Sir?«, fragte Harrison.
»In die Kolonien oder nach Frankreich oder an irgendeinen anderen Ort, den sie bestimmen.«
Sein Adjutant rollte die Karte auf und klemmte sie sich unter den Arm.
»Ich habe noch einen zweiten Auftrag für Euch.« Alec erklärte ihm, was er brauchte.
Harrison errötete, nickte jedoch.
»Werdet Ihr sie besuchen?«, fragte Alec angelegentlich, als sein Adjutant auf die Tür zusteuerte.
Harrison drehte sich zu ihm um.
»Wohnt nicht eine gewisse Miss Alison Fulton in Inverness?«
»Ich bezweifle, dass Sie mich wird sehen wollen, Sir. Sie ist inzwischen bestimmt verlobt oder vielleicht sogar verheiratet.«
»Meint Ihr nicht, Ihr solltet Euch vergewissern?« Alec lächelte. »Was gab es denn für Schwierigkeiten zwischen Euch?«
»Zwischen uns gab es keine Schwierigkeiten, Sir. Die Schwierigkeiten bereitete ihr Vater, dem es nicht genehm war, dass ich seiner Tochter den Hof machte.«
»Er war der Bürgermeister, nicht wahr?«, fragte Alec. Ein bösartiger Mann und Speichellecker Cumberlands – aber man musste auch bedenken, dass es bei ihm ums Überleben ging. Der Herzog hatte seinen Vorgänger die Treppe hinunterstoßen lassen.
»Seid vorsichtig«, schärfte er Harrison ein. »Ich will Euch nicht auf dem Gewissen haben. Das ist schon belastet genug.«
»Ich möchte Euch ebenfalls zur Vorsicht mahnen, Sir«, erwiderte Harrison. »Ich glaube, wir haben einen Spitzel unter uns.« Er schilderte ihm Armstrongs Verhalten. »Er verfolgt jeden Eurer Schritte mit verdächtiger Aufmerksamkeit.«
Alec war nicht überrascht.
Er übergab seinem Adjutanten einen Bankwechsel. Seit Schottland unter englischer Besatzung stand, war der Zugriff auf sein Vermögen auf der Bank in Inverness ein Leichtes. Er hatte keinen Zweifel daran, dass sein Mann für einen entsprechenden Preis das Mitgefühl eines Kapitäns wecken und ein angemessenes Schiff mieten könnte.
Bei seinem letzten Blick in das Gesicht seines aufbrechenden Vertrauten bemerkte er, dass dieser beinahe glücklich aussah. Lag es an der Möglichkeit, Miss Fulton wiederzusehen? Oder einfach nur
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