Die Rose des Propheten 2 - Das Buch Quar
Macht der Magie, muß er im Harem aufgenommen werden – als Khardans Frau!«
11
Die Sonne versank hinter den fernen Hügeln des Westens. Das letzte Glühen verfärbte den Himmel und schimmerte in den Kristallen des Wüstensandes. Einige Frauen schnappten aufgeregt nach Luft. Man hörte nervöses Geflüster und das Geraschel von Seide, als die Frauen sich, einem Vogelschwarm gleich, zusammenscharten. Hier und da gemahnte eine tiefe Männerstimme zur Eile.
Schweigen, angefüllt mit großem Erstaunen, überkam die Männer des Stammes. Alle starrten Khardan an und warteten auf seine Antwort.
Der Kalif sah aus, als wäre sein Pferd mitten in einem wilden Galopp plötzlich tot unter ihm zusammengebrochen. Völlig außer Atem keuchte er. Sein Gesicht wurde erst rot, dann totenbleich, und er zitterte am ganzen Körper.
»Weib, du gehst zu weit!« Nur würgend stieß er diese Worte hervor.
»Nein, ganz und gar nicht«, entgegnete ihm Zohra völlig ruhig. »Du hast zwei ›Frauen‹ gestohlen und aus ihrer Heimat verschleppt. Nach dem Gesetz Akhrans bist du nun verpflichtet, für sie zu sorgen, und sie entweder in deinem Zelt aufzunehmen oder in einem anderen unterzubringen…«
»Bei Sul, Weib!« fluchte Khardan und ging einen Schritt auf Zohra zu. »Ich habe sie weder geraubt noch verschleppt, sondern ihnen das Leben gerettet!« Zohra winkte verächtlich ab. Ihr unverschleiertes Gesicht war sanft, ernst und feierlich. Nur Khardan sah, als er in die schwarzen Augen schaute, das wilde Feuer, von dem er törichterweise angenommen hatte, es bereits gelöscht zu haben. Er konnte sich nicht vorstellen, was es entfacht haben mochte. Bei jeder anderen Frau hätte er Eifersucht vermutet. Eifersucht aber setzte ein bestimmtes Maß an Zuneigung voraus, während doch Zohra unzählige Male deutlich gemacht hatte, daß sie ihre Liebe eher dem gemeinsten Geschöpf unter dem Himmel schenken würde als ihm.
Offensichtlich hatte sie sich doch nicht geändert, so sehr er das auch hoffte. Nein, sie versuchte auch weiterhin, ihn vor seinem Stamm zu demütigen und sich selbst ins rechte Licht zu setzen. Wieder einmal – wie bei der Geschichte mit dem Brautlaken – war Khardan ihr gegenüber hilflos. Sie stand auf sicherem Boden, denn Magie war eine Angelegenheit der Frauen und unter Männern verpönt.
»Natürlich wird jedes dieser ›Mädchen‹ der rituellen Prüfung unterworfen«, sagte Zohra.
Ihr stolzer Blick überflog die Menge und fiel auf Meryem, die sich in die Arme von Khardans Mutter verkrochen hatte.
»Was ist mir dir los, mein Kind?« fragte Zohra mit vorgetäuschter Freundlichkeit. »Bist du nicht als des Sultans Tochter ausgebildet in der Kunst der Magie?«
»Ich, ich bin… nicht sehr gut«, räumte das Mädchen schüchtern ein und wagte durch lange Wimpern einen Seitenblick auf Khardan. Sie wirkte verwirrt, aber zuversichtlich, denn noch erkannte sie nicht die Gefahr, in der sie schwebte. »Aber ich würde mein Bestes tun, um meinen Ehemann zufriedenzustellen…«
»Bestimmt würdest du das«, murmelte Zohra knurrend wie eine Löwin, kurz bevor sie ihrem Opfer an die Kehle geht. »Und ich bin sicher, daß es hier viele Männer gibt, die zu ›deinem Vater‹«, Zohra lächelte dem finster dreinschauenden Majiid beruhigend zu, »gehen und um dich anhalten werden, selbst wenn es dir an magischem Geschick mangeln sollte. Deine Talente liegen sicherlich auf anderen Gebieten…«
»Nein, ich werde Khardans Frau«, begann Meryem unschuldig und unterbrach sich, als sie bemerkte, daß irgend etwas nicht stimmte.
»Oh, ich befürchte, das wirst du nicht, mein armes Kind«, seufzte Zhora. »Nicht, wenn er diese andere ›Frau‹ in seinem Zelt aufnimmt. Bist du denn in der Magie bewandert?«
Sie wandte sich dem Jungen zu, der keine Ahnung hatte, worum es eigentlich ging. Er wußte nur, daß sein Schicksal wieder einmal auf der Kippe stand. Immer noch saß er zusammengekauert am Boden. Völlig verwirrt starrte er von Khardan zu Zhora.
»Ja, ich bin darin… bewandert«, stammelte er nicht wissend, was er hätte sonst sagen sollen.
Er ist tatsächlich verrückt! dachte Zohra. Aber – verrückt oder nicht – er dient meinen Zwecken.
Viel hatte Zohra in diesem Kampf aufs Spiel gesetzt. Ihres Sieges gewiß, war sie energisch vorangeprescht und hatte den Sieg errungen, denn das Wissen über ihren Gemahl sowie der Instinkt der Frau ihresgleichen gegenüber hatten sie ausreichend gerüstet. Wie alle Männer
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