Die Rose des Propheten 2 - Das Buch Quar
mir.«
»Gnädige Frau«, antwortete Mathew leicht verwirrt, »ich kann eine ganze Menge bewirken, aber ich benötige meine Zauberutensilien und Amulette, die ich verloren habe, als unser Schiff im Meer versank. Wenn mir die richtigen Werkzeuge zur Verfügung gestellt werden, kann ich weitere herstellen, und dann wäre es mir eine Freude, Euch meine Fähigkeiten vorzuführen.«
»Aber sicherlich vermagst du doch die gewöhnlichen Dinge zu tun, wie Kranke und Verwundete heilen, Tiere beruhigen und anderen simplen Zauber bewirken.«
»Gnädige Frau«, entgegnete Mathew zögerlich, weil er annahm, daß sie ihn prüfen wollte, »das konnte ich schon, als ich noch ein Kind von acht Jahren war. Ihr könnt mir glauben, meine Fähigkeiten sind viel weiter entwickelt.«
Zohras Augen weiteten sich ein wenig. Ihre Finger verhielten wie eingefroren mitten in der Bewegung, sie hatten aufgehört, mit dem Schleier zu spielen. »Erkläre mir das.«
»Nun…«, begann Mathew zaghaft, weil er nicht wußte, was sie von ihm erwartete. »Ich kann zum Beispiel in die Zukunft sehen. Ich vermag böse Geister zu bekämpfen, die Sul uns schickt, um uns zu prüfen, oder mit denen uns die dunklen Götter strafen. Ich bin in der Lage, den rastlosen Seelen der Toten zu helfen, damit sie ihre Ruhe finden. Ich bin imstande, jene zu verteidigen, die durch die Bedrohung materieller oder magischer Waffen in Gefahr geraten sind. Außerdem bin ich fähig, bestimmte, niedere Diener von Sul herbeizuzitieren und sie unter meiner Kontrolle zu halten, auch wenn das für mich sehr gefährlich ist. Eigentlich erwartet man das auch nicht von einem Zauberlehrling, außer in der Gegenwart des Erzmagus. Schließlich bin ich noch sehr jung«, fügte er entschuldigend hinzu, »und lerne immer noch.«
Zohra richtete sich auf dem Lager kerzengerade auf. Sie starrte ihn ehrfürchtig an, und ihre Augen leuchteten wie Quarz im Sonnenlicht. »Und dazu bist du wirklich fähig«, hauchte sie beeindruckt, doch auf einmal bekam das Leuchten in ihren Augen etwas Gefährliches. »Oder vielleicht bist du doch verrückt, schließlich…«
Mathew fühlte sich auf einmal todmüde. »In dieser Angelegenheit«, sagte er erschöpft, »bin ich es jedenfalls nicht. Ihr könnt mich prüfen. Wenn Ihr mich mit dem nötigen Material versorgt und mir ein paar Tage Zeit gebt…«
»Das werde ich tun«, versprach Zohra hitzig und stand mit katzenhafter Geschmeidigkeit auf. Nur ihre Armreifen klimperten leise, während sie ihn vielsagend anlächelte. »Mat-hew, falls du die Wahrheit sagst, wirst du vielleicht noch die wertvollste und begehrteste von allen Ehefrauen werden!«
Mathew errötete kurz, erblaßte aber sofort wieder. Er war viel zu erschöpft, um zu antworten. Als Zohra sein weißes, abgespanntes Gesicht bemerkte, sah sie ihn für einen kurzen Augenblick milde an, aber nur solange der junge Mann sie nicht anblickte sondern sehnsüchtig zu seiner Schlafstelle hinüberschaute.
Als sie aufbrach, blieb sie kurz am Zelteingang stehen. »Welchen Gott verehrst du?«
»Er wird Promenthas genannt«, antwortete Mathew und schaute zu ihr auf. Es erstaunte ihn, daß sie daran interessiert war und ihn danach fragte.
»Möge heute nacht der Friede von… Promenthas… mit dir sein, Mat-hew«, verabschiedete Zohra sich mit ungewohnter Sanftheit.
Gerührt brachte der junge Mann kein Wort heraus und wandte seinen Blick ab, denn plötzlich waren seine Augen voller Tränen. Zohra lächelte in sich hinein, bückte sich, löschte das Licht der Öllampe und glitt aus dem Zelt, wobei ihre weichen Pantoffeln auf dem ständig von Sand durchwehten Untergrund nicht zu hören waren.
Allem Anschein nach war Promenthas Friede mit ihm, denn seit Beginn seiner leidvollen Reise schlief der junge Hexer in dieser Nacht zum erstenmal tief und traumlos.
14
Voller Trübsinn verstrichen die folgenden Tage am Tel für die lagernden Stämme. Nachdem sich ihre anfängliche Freude darüber legte, daß sie den Emir an der Nase herumgeführt hatten, mußten die Nomaden bei nüchterner Betrachtung ihrer Lage feststellen, daß es nicht gut um sie stand.
Wieder einmal waren die Stämme vereint – wenn auch nur in ihrem Unglück. Das, was die Männer erbeutet hatten, reichte sicherlich für längere Zeit, aber nicht für die Dauer eines Jahres. Weder die Akar noch die Hrana waren Bauern. Um zu überleben, waren beide auf den Erwerb von Getreide und anderer Güter in der Stadt angewiesen. Und wenn es der Hauptfrau
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