Die Rose des Propheten 2 - Das Buch Quar
des Emirs gelungen war, ein magisches Pferd zu beschwören, so konnte man kaum daran zweifeln, daß sie auch ein magisches Schaf herbeizaubern konnte. Die Aussichten für Jaafar und sein Volk, ihre Tiere und die Wolle im Herbst auf den Märkten verkaufen zu können, standen unter keinem guten Vorzeichen. Aber auch ihre gegenwärtigen Überlebensaussichten ließen sie beinahe verzweifeln, denn sie saßen mitten in der Wüste fest und waren gezwungen, an einer Oase zu lagern, deren Wasserspiegel ständig sank und deren Gras zunehmend von den Pferden abgeweidet wurde. Jeder weitere Tag brachte sie dem Sommer näher und damit der Bedrohung durch die schrecklichen Winde des Schirokko.
Dennoch bestand eine geringe Hoffnung, daß die Rose des Propheten erblühte und sie befreite, denn die Kaktee war noch nicht gänzlich abgestorben – ein erstaunlicher Umstand, wenn man die welke Pflanze ansah. Eigentlich müßte sie schwarz anlaufen, austrocknen und beim leisesten Niesen fortgeblasen werden. Aber was das Blühen dieses Gewächses anbetraf, war es wahrscheinlicher, daß auf Jaafars Kahlkopf Blumen wuchsen – wie Majiid seinem Sohn gegenüber voller Sarkasmus bemerkt hatte.
Die Stammesführer Khardan, Majiid und Jaafar verbrachten viele Stunden mit Beratungen, die gelegentlich in hitzige Debatten ausarteten, was zu unternehmen sei. Schließlich stimmten alle darin überein, man solle die Dschinnen der Scheiche rufen und ihnen befehlen, sich auf die Suche nach Akhran zu machen. Sie sollten dem Gott die verzweifelte Lage schildern und seine Erlaubnis für die Stämme erbitten, den Tel bis zum Ende der Sturmperiode verlassen zu dürfen.
Da Sond eine nicht näher bestimmbare Unpäßlichkeit vorschob, mußte sich Fedj allein auf den Weg machen. Nach einer Reihe von Tagen kehrte Fedj niedergeschlagen zurück und berichtete, daß er den wandernden Gott – wie auch kaum anders zu erwarten – nicht angetroffen habe. Die Männer dämmerten vor sich hin. Die Sonne brannte immer heißer, und es wurde zunehmend schwieriger, genügend Gras für die Tiere zu finden. So wie der Wasserstand des Tümpels jeden Tag ein bißchen tiefer sank, wurde im gleichen Maße die Stimmung der Lagerbewohner schlechter.
»Ich sage, wir müssen fort!« forderte Majiid nach Fedjs Rückkehr. »Wir brechen in unser Sommerlager auf, und ihr zieht mit euren Schafen zurück ins Vorgebirge… und mit unseren Pferden«, murmelte er voller Bitterkeit.
Jaafar, der wie immer jammerte, hörte die sarkastische Bemerkung im Gegensatz zu Khardan nicht, der war so sehr mit eigenen Überlegungen beschäftigt, daß er dem Vater lediglich einen warnenden Blick zuwarf.
»Um damit Akhrans Zorn auf uns zu ziehen?« Jaafar schüttelte den Kopf.
»Pah! Es kann gut sein, daß Akhran für die nächsten hundert Jahre keinen Gedanken an uns verschwendet. Was bedeutet für einen Gott schon Zeit? Bis dahin werden wir tot sein, dann spielt das sowieso keine Rolle mehr. Oder«, fuhr Majiid grimmig fort, »wir halten noch drei weitere Monate aus und sterben dann alle. Auch in dem Fall müssen wir uns keine weiteren Gedanken mehr machen.«
»Nein, nein!« protestierte Jaafar und warf die Hände hoch. »Ich kann mich noch gut an den Sturm erinnern, auch wenn ihr ihn schon vergessen habt…«
»Halt, wartet«, unterbrach Khardan, da er bemerkte, daß sein Vater die Gelegenheit zu einem Streit ergreifen wollte, »ich habe eine Idee. Nehmt einmal an, wir handeln genauso, wie der Emir es von uns erwartet? Nehmt einmal an, wir greifen Kich an.«
Jaafar stöhnte schon wieder auf. »Wie soll das denn unsere Lage ändern? Wir halsen uns dadurch doch nur neue Probleme auf!«
Majiids Augen blitzten vor Wut, und er warf seinem Sohn einen wilden Blick zu. »Geh doch und gesell dich zu dem Verrückten im Zelt deiner Frau…«
»Nein, so hört mir doch zu, Vater, und auch du, Scheich Jaafar. Vielleicht ist es genau das, was wir nach dem Willen des Gottes schon vor langer Zeit hätten tun sollen. Vielleicht hat er uns gerade deswegen zusammengebracht. Ich habe gar nichts dagegen, den Tel zu verlassen, aber bevor wir abreisen, laßt uns noch diese eine Tat vollbringen!«
»Mit zwei Stämmen Kich überfallen! Einmal hast du es durch Glück geschafft, doch ein zweites Mal wird es dir nicht gelingen.«
»Es müssen ja nicht zwei Stämme sein! Es können durchaus drei sein! Was haltet ihr davon, wenn wir Zeid dazu bringen, sich uns anzuschließen! Zusammen verfügen wir über genügend Männer,
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